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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- Prcis 22^ Sgr. <; Thir.j vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Johr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumcmt auf büsts Bciblatt der Mg. Pr. StaatS- Zeitnng in Berlin in der Expedition (Mohren-Ctraße No. 34,; in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wohllödl. Post-Aemtcr». Literatur des Auslandes. 2S. Berlin, Freitag den 27. Februar 183S. Deutsche Literatur im Auslande. Nachdrückliches Treiben der Deutschen Literatur in Frankreich. — Uevue äu Worch — Die Musen in Avignon. — Rostock, Kiel und Göttingen. Nachgerade sangen die Franzosen schon an, sich etwas zn viel mit Deutscher Literatur zu beschäftigen. Sie wollen nämlich unsere .Klassiker nicht mehr bloß lesen, sondern auch dru cken und, wo möglich, uns selbst sogar verkaufen. „Das hat man nun von der vielgeprie senen Welt-Literatur!" schreien unsere Buchhändler, und die ganze Leip ziger Börse ist in Marni, als ob das Kapitol der Deutschen Literatur ui Gefahr wäre. Nun, so arg ist cs freilich nicht! Die Franzosen drucken bckanullich schon seit IS-Jahren Alles nach, was die Englische Literatur nur irgend Wcrthvollcs besitzt, und doch hat die Englische 'Presse darum nicht aufgchört, gute Werke zu guten d. b. lheuren Prei sen zu liefern; ja, noch viel ärger wird den Franzosen selbst in Belgien mitgespielt, „dessen Muh' ist, daß es richte Andrer Rühe stets zn Gründe" und das unter seiner „Preß - Freiheit" nichts Anderes als „Nachdruck" zu verstehen scheint, und doch ist den Franzosen deshalb nicht um ihre Literatur bang geworden. Inzwischen bleibt doch aller dings zn bedenkens daß die literarische Zoltliuie Deutschlands keincswe- aes so gleichmäßig streng bewacht wird, wie die von England und Frankreich nnd daß cs daher den allzeit fertigen Schleichhändlern lcicb- ter werden dürfte, den Nachdruck bei uns als iu jene beiden Länder einzuschwärzcn. Auch scheinen die Franzosen einen förmlich organisirlcn Krieg mit dem Deutsche» Buchhandel führen zu wollen. Unter der Firma: „hnbrairie ötrangero <in (löscht cwntral >ch la lihrairin" wist nämlich eine sogenannte /»Gesellschaft von Gelehrten" in Paris folgende Deutsche Schriftsteller nach und nach erscheinen lassen: Apel, Arnim, Börne, Brentano, Bürger, Eichendorf, Engel, Fichte, Fouquö, Goethe, Grillparzer, Grimm, Hebel, Hegner, Heine, Heinse, Herder, Hippel, Hölly, Hoffmann, Jacobi, Jean Paul, Kleist, Klinger, Klopstock, Körner, Lcisewitz, Lenz, Lessing, Mallhiffon, Mcndelssöhn, Menzel, Müller, Müllner, Musäus, Novalis, Lchlenschlägcr, Phrkcr, Rabener, Raupach, Rückert, Schcnkcudors, Schiller, Fr. Schlegel, A. W. Schlegel, Schulze, Seume, Steffens, Stolberg, Tieck, Thümmel, Tiedge, Uhland, Boß, Wagner, Werner, Wieland, Zedlitz, Zschocke. Die Auswahl ist, wie man sicht, etwas seltsam und bunt; um so übereinstimmender soll aber die äußere Ausstattung sehn; es sollen nämlich Bände zu 30 Bogen ansgcgcben werden, deren jeder 10 Fr. tostet, und zwar so, daß z. B. Gocthe's sämmtliche Werke aus 5 und Jean Paul's aus 6 Bänden bestehen werden. Die besten Verbündeten der Deutschen Buchhändler in diesem Kriege, dessen Eröffnung auf den I. April 1833 angekündigt ist, werden unstreitig die Druckfehler sepm denn noch ist keine Zeile Deutsch in Paris gedruckt worden, ohne daß sich darin fast eben so viele Fehler als Worte besnndcn hätten; wir dürfen jedoch hoffen, daß auch noch eine andere Macht, und zwar dic- sclbc, die dem Nachdruck inn crhalb der Deutschen Gränze», wenn auch nicht schon fein endliches, doch wciügstcns eilt bald zu erreichendes Ziel gesteckt Hal, auch diesen neuen Feind weniger furchtbar machen werde. Einstweilen wollen wir uns, ganz abgesehen von jener Unterneh mung, mit einer anderen freuen, die eben "auch in Paris angekündigt worden, nämlich mit der liovno siu !^»rsi, die cs sich, eben so wie die licvue Olnuututtjuo, hauptsächlich zur Aufgabe machen will, die Kennt nis; Deutscher Literatur in Frankreich zu verbreiten. Hoffentlich wird sic anch gleich dieser von aller Einmischung in die Politik sich scrn ballen, dcun die zarte Sinnpstanze der Poesie gedeiht nun ein Mal eben so wenig als der schattige Baum der Wissenschaft unter deni ver zehrenden Somwnstrahlc politischen Partcihasses und nationaler Anfein dung. Die Namen Lcrminier, St. Marc Girardi», Philarötc EhasleS, Depping u. s. w. find uns übrigens Bürge dafür, daß in der angckü»- diglen Zeitschrift, deren Mitarbeiter sic scpn sollen, die Gegenstände, die uns darin.versprochen werden, mit Kenntnis; behandelt und nicht einseitig aufgcfaßt werden dürften, well» auch der Name eines der Rcdactcurc (Spazier) den Gedanken an solche Einseitigkeit in uns auf- kommrn ließe. Ein Beweis von den Fonschrillcn Deutscher Sprachkcnntniß in Frankreich ist wohl der Unistand, daß nicht bloß in den Schulen der größeren, sonder» auch sogar in denen der kleinere» Französischen Stadie Professuren und Lehrstellen dcr Deutschen Sprache gestiftet find. In Avignon, dcr Residenz Petrarcas zwar, aber auch der Päpste und des MönchthumS, dem Orte, wo Thümmel noch, mehr als an irgend einem andern in Süd-Frankreich, eine sanctissnna ksimzsiioitas nnd die allerscligstc Unwiffcnhcil angclroffen hat — also auch in Avignon, wo man noch vor zehn Jahren nicht recht wußte, ob Deutsch und Sa- mvjedisch nicht dieselben Sprachen scpcn, eMirt nicht bloß kitt öffentlicher Lehrstuhl der Dcuischen Sprache, dcr jetzt, nach dem vor kurzem erfolg ten Tode des Professor Gleich, durch die Berufung eines, jungen Straß- burgers, Herrn Schweigbäuscr, neu besetzt worden ist, sondern auch ei» dortiges literarisches Blatt, das de» an Laura crttmerndcn poetischen Titel „l/öobn sin Vauelcmo" führt, liefert in einer fortlaufenden Reihefolgc recht hübsche und belehrende Artikel über die Deutschen Universitäten. Verfasser dieser Artikel ist Herr P, A. de laNour- rais, dessen wir bereits früher bei seiner Geschichte der Universität Jena Erwähming gcthan, und dcr nun in derselben Weise Mitlheilun- gcn über die Universitäten Leipzig, Rostock, Kiel u. s. w. gegeben hat. Wer hätte es wohl in Deutschland für möglich gehalten, daß man sich in Avignon für das Großbcrzogthum Mecklenburg-Schwerin und insbe sondere für die Stadt Rostock so lebhaft.intercsstren könne, daß eine Monographie der letztgenannten Universität durch drei Nummern einer dortigen Zeitschrift gehe und Aufmerksamkeit errege? Dir Beweise dafür liegen uns in den Nummcru 639, 660 und 66k des „Lobo sie Vau- elnse" vor. „Rostock" beißt cs darin, ist dcr Sitz einer im Jahre I4lS gegründeten Universität, die große Vorrechte besaß, welche zum Theil anch jetzt noch ezistircn. Das Recht, Univcrsilätcn zu begründen und zu unterhalten, war in Deutschland auch in früheren Zeilen lmmer das Alribut der souverai»cn Macht. Die nicht souvcrainen Städte dursten daher keine stiften, während die Republiken oder sogenannten freien Reichsstädte entweder nicht daran dachte» oder nicht reich genug dazu waren, um solche Anstalten aus eigenen Mitteln zn unterhalten. Rostock war die einzige Deutsche Stadt, welche, als solche, wenn auch nicht eine ganze Universität, doch wcnlgstcns einen Thcil derselben, sür sich allein besaß. Sic lhcille mit den Herzogen von Mecklenburg das SouverainetätS-Recht darüber. Im I. 1764 brach inzwischen unter den beiden Proicklorcn ein Streit auf; der Herzog verlegte, um die Stadt zn bestrafen, den ihm gehörenden Theil der Universität »ach Bützow; erst »ach langen Unterhandlungen kam die Aussöhnung zu Stande und Rostock wieder in den Besitz der ganzen Universität. Seitdem hat jedoch die Stadt dem jetzigen Großhcrzög alle ihre Rechte in dieser Beziehung abgetreten. Was in Rostock besonders aufsälll, ist die Beharrlichkeit, mit der man bis jetzt alle alten Universitäts-Ge bräuche, so wie die früheren Verhältnisse der Studirendcn zu den Pro fessoren und Einwohnern, bcibchaltc» hat. Gewöhnlich sind die dorti gen Studentcu sehr arm; die vermögcndcren Mecklenburger studircn meistens im Auslande, namentlich in Bcrli» und in Göttingen; cS kommi daher ost vor, daß die Stipcndia, welche die Erstere» aus dcm Dotations-Fonds dcr Universität erhalte», nicht ailsreichcu, und alsdann bitten sic sich, ohne irgend Umstände zu machen, bei den Einwohnern selbst zu Tische. Gewöhnlich gehl dcr Student am Tage vorher zu dem Kaufmann oder ehrsamen Handwerker hi», sagt ihm, daß er morgen Mittag sich cinfindcn werde, nnd nicmals hat wohl ei» Familienväter eine solche Selbst-Einladung ungastlich abgelehnt. Glücklicherweise können solche zwar gern gesehene aber doch ungebetene Gäste nicht gar zu oft kommen, denn die ganze Universität zählte im Sommer-Semester 1834 nur 00 Studircnde." — Herr de la Nourrais giebt darauf im weitern Verlause seines Artikels eine Ucbersicht der Universitäts-Vorlesungen und rühmt besonders die dcr Professoren Diemer, Normann und Hartmann, welche cr selbst besucht hat. Ani Schluss« seines, augenscheinlich mit vieler Liebe geschriebenen Artikels, sagt dcr Verfasser: „Wir sind weil davon entfernt zu glauben, daß wir Alles, weis' sich über die Mecklenbur gischen Küstenstriche und von dem Großherzogthmn überhaupt sagen ließe, Pier auch nur berührt haben. Wenn wir »nS zu Entwerfung dieser Stizzc entschlossen haben, so geschah cS lediglich in dcr Hoffnung- daß Andere sie vollende», und so zum großen Vorlhcilc der Leser dein Ungenügende,i dieser Arbeit nachhelsc» werden." Ei» anderer Artikel des Herrn dc la Nourrais bespricht die Uni versität Kiel. Ma» sicht, cS war demselben um Vollständigkeit bei seinen Deutschen UuivcrsitätS-Sludie» zu thun; sonst würde cr wohl nicht gerade die entlegensten Hochschulen ausgesucht haben. Daß dabei keine politische Neben-Absicht zum tssrunde gelegen, gehl aus dem In halte sicher Bemerkungen hervor, die sich rein mit den wissenschaftlichen Zwecken der Univcrsilälen und mit ibrer historische,, Foribildung be- schästizen. Auch über Kiel sagt cr Manches, was selbst in Deutsch land weniger bekannt scpn dürfte und wovon wir Nachstehendes aus- hebcn: „Die Universität Kiel ist »mler allen Deutschen Universitäten die-