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Frankreich. Lxnmev sie» trsAi^ues irocieos et mosievoe». (Untersiichungeit über die alten und die neuen Tragiker, nebst einer Verglei chung und Benrtheilung des klassischen und des romantischen Systems.) Von Martine (einem Genfer). 3 Bde. Der Hauptzweck des Verfassers, eines Ritters für die sogenannten Klassiker, ist, für die dramatische Literatur die Lücke zu ergänzen, die La Harpe'S Vorlesungen über die Literatur gelassen baden mochten und in dieser Beziehung kann man seiner Arbeit nur Lob ertheilcn. Der Verfasser unterstützt seine Urlbeile beständig mit Stellen, die ihnen als Beleg dienen und zu gleicher Zeit an den Augen des Lesers die schönsten Partieen alter und neuer dramatischer Poesie vorüberfüh- rcn — eine ganz vortreffliche AuSwabl sür die Jugend, eine wahrhafte dramatische Bibliothek, die wohl verdient, an die Stelle mancher bän dereichen Sammlung zu treten. Das Panier, unter dem Herr Martine streitet, wird ihm indessen man chen Widersacher zuziehen; wir mochten ihm nicht rathen, in Paris der ersten Vorstellung des nächsten Dramas von Victor Hugo beizuwohncn oder vor Allem nicht seinen Namen zu nennen, wenn er sich nicht seines Nachbars wohl versichert hat: denn der Französische Romantiker ist seiner Natur nach intolerant, bat es nicht gern, wenn man ibm wider spricht; seine Bewunderung ist von so durchgreifender Art, daß man sie entweder theilen oder aus dem Saale hinaus, und noch dazu einige Quetschungen mitncbmen muß. Herr Martine hat, al« ein tapferer Streiter, der Gefahr keck die Stirn geboten und sein Buch ist voll von Schmähungen, nicht bloß gegen die Romantiker überhaupt, sondern auch gegen deren große Mei ster Shakespeare, Goethe und Schiller. Besonders geht er einem be rühmten Kritiker zu Leibe, der der Freund der Fran von Start gewesen und mebr als irgend einer zu dieser Art von Rebellion de« schlechten Geschmacks gegen die klassische Weise beigetragen hat. Wir meinen Schlegel und seine Vorlesungen über dramatische Literatur. Herr Martine urtheilt über diesen in nachstehender, eben nicht sehr schmeichelhaften Weise: „Sophistisches Raisonnement, Definitionen, die nur dazu dienen, das, was auseinandergesetzt werden soll, noch mehr zu verwirren; unmäßiges Loben Shakespeare'« und Calderon's, in ein Gebräuc von unverständlichem Galimathias eingehüllt — dies macht den größten Theil eines Werkes au«, in welchem ganz gegen die guten Sitten der berühmtesten Kritiker kein einziges Fragment der beurtheil- len Autoren als Beleg und Beweis des Tadels oder Lobes zu finden ist, »ur das Bestreben, durch Versicherungen zu imponiren, und dies Alles in einer dunkeln und empbatischen Sprache, die die Schwäche dieser Ver sicherungen verdecken soll." Der Plan des Marline'schcn Werkes ist sehr umfassend. Der Ver fasser beginnt mit allgemeinen Betrachtungen über das klassische und das romantische Svstem; er bebauptct, daß dies letztere keinem anderen Ziel entgegengche, als uns in die Kindheit des Theaters zurückzubringen; er erkennt dessenungeachtet aber edelmüthig an, daß das klassische Svstem mannigfacher Modifikationen säbig sev. Herr Martine setzt bieraus drei große Abschnitte fest sür die Untersuchung der verschiedenen dramatischen Werke, die er in klassische Stücke, zwischen dem Klassischen und Ro mantischen in der Milte liegende (!) und romantische cintbeilt. Der erste Abschnitt begreift die Griechischen, Lateinischen, Jtaliämschcn, Fran zösischen, Polnischen, Schwedischen, Russischen Tragiker (!!!). Im Allgemeinen ist Herr Martine gegen das Griechische Theater streng. Er versucht e«, die Vorzüge und Stängel der drei großen Grie- chischen Tragiker aus einer Stenge angeführter Stellen und bisweilen auch- durch vollständige Aualvse» ibrer Werke zu entwickeln Dieselbe Methode wendet er auf die Lateinische» Autoren, besonders auf Seneca an. Er geht dann zur Betrachtung der neueren Italiänischcn Tragiker über; zu Trissino, Alfieri, Monti, Silvio Pellico, Nicolini, Pinde- monte, die sämmlich der klassischen Schule augehöre». Der Theil seines Werkes, welcher die größte Ausdehnung und Entwickelung erhalten, ist der, wo er von de» Französischen Tragikern handelt — ein Akt der Gerechtigkeit, da sie gegenwärtig einer erbitterten Kritik zur Zielscheibe dienen und doch ei» Stal bestimmt gewesen sind, eine Art von Diktatur über ganz Europa auszuüben. Die Geschichte des Französischen Theaters, die Herr Martine giebt, ist nicht ohne Gesännack abgcsaßt. Er beginnt mit dem Ursprung desselben bei den kirchlichen Mpstericn, und ver folgt cs bis ans die Tragödien des Kaiserreichs und der Restauration. Unter die, nach Herrn Martine, zwischen dem Klassischen und Ro mantischen liegenden Stücke rechnet derselbe die sogenannten bürgerli chen Trauerspiele de« achtzehnten Jahrhunderts, wie z. B. CalaS, M<-- lanie, Beverley, diese Zwitterart, die man als einen Schritt vorwärts der Gegner des sogenannten Klassischen «»sehen kann. Uevrigen« müssen wir Herrn Martine die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zu erklären, daß crs trotz seiner regen Bewunderung und Vor liebe für die Schriftsteller des großen Jahrhunderts, keinesweges die unbestreitbaren Schönheiten verkennt, die in „einzelnen Werken" Shake- .speare'«, Goethe'«, Schiller s und Calderon's sich finden: er lobt sogar auch Kotzebue und Lope de Bega, was freilich nur ein Beweis mehr für seinen schlechten Geschmack seyn dürfte. Herr Martine gefällt sich in der Ansicht, „daß Shakespeare'« Schönheiten ihm selber, sein schlechter Geschmack aber und seine Fehler seiner Zeil angehören" — wa« aber die »olle Schärfe unsere« Genfer Kritiker« erregt, ist der Fanatismus gewisser Leute, die an Shakespeare «ur seine „Barbarei" bewundern. Herr Martine hat jedoch vergessen, uns sowohl diese „Barbarei" al« diejenigen Leute nachzuwcisen, die an 32 den Werken des großen Briten nichts weiter als einige Auswüchse der selben zu bewundern finden Er schließt mit der Bemerkung, daß er es sür unmöglich halte, auf die Französische Bühne dauernd ein Sy stem zu verpflanzen, das Shakespeare selber nicht einmal erfunden (aller dings nicht — denn die Natur hatte es lange vor ihm gethan) und - das dieser nur befolgte, weil er dem Geschmackc und dem Publikum seiner Zeit gehuldigt! — Nach solchem Ausspruch haben wir wohl nickt erst nöthiq, gegen Herrn Martine zu Gunsten der von ihm angegriffe ncn Deutschen Dramatik und Dramaturgie in die Schranken zu treten. Bibliographie. Lonr» sie ^rocsäure oivile kranyaise, knit a la kueulte sie sicoit sie 8tr«»bourx. — Von Rauter. 8 Fr. 3>ouve»u Ibictiounaire sie Lolice, ou ldeeueil analgticzuo so-« Qoi», Orsionnnnce» ete., voncernant la Police juüiciaire et aümilliütrative sie drance, siepui» so» orixiae ju»«zu'ü oo» jour». — Bon Eloin, Trebuchet und Lebat, Präfektur-Beamten. 7z Fr. l/ami «le» jeuoe» «lemomelle», ou Lonseil» aux jeune» per- »onnv» gai eutrent sinn» le mnnsie, »ur le» sievoir» gu'elle» »uront ä remplir flau» le «our» «le leur vie. — 2 Bde. 6 Fr T.-Vrt liberal, ou lirammaire ^orz-ieuae.— Bon Broffet. IO Fr L»»ni »ur I'unz-iae üu >»»;;»!;« et «le I'scriture. (Der Vers, hält die Aezvptische, die Chinesische, die Indische und die Hebräische , Sprache für allgemeine Stammsprachen.) Bon Martin. Z Fr Llsmeu» «le Lkristallozrrazckie. I'ar !11 6n»«ave Ko»e (sie Ler liu). Pralluit «le I'allemauä pur V. Leznault. 5 Fr. Mannigfaltiges. — Byron« Denkmal. Die l.ittersr) - filarette berichtet: „Wir vernehmen, daß das dem Lord Byron bestimmte Monument, eine Statue de« Dichters von Thorwaldsen, i» London angekommen, jedock, angeblich wegen des unmoralischen Charakter« seiner Schriften, zur Auf stellung in der Westminster-Abtei nicht zugelaffen worden ist." — Feuersbrünste in Konstantinopel. Ucber die beiden letzten Ereignisse dieser Art enthält die Türkische Zeitung (Tekwian Wckaji) vom Monat Dezember 1834 folgende Meldung: „Den 2Men des vorigen Monats brach in der Nahe des Weiber - Marktes (Awret Basari), in der Straße Cbubjar, in einem von Mielhern bewohnten Hause de« Herrn Tatar Aris, durch Gottes Rathschluß ein Feuer au«. Da die Flamme nicht weiter um sich griff, so verbrannte nur da« erwähnte Gebäude. — Am 27sten desselben Monat« ging eine im Vorhof der Moschee des hochstieligen Sultan« Bajesid II. stehende Bude eines Scheermefferschleifers in Flammen auf Das Feuer griff rechts und links um sich, und Allah ließ es zu, daß bei dieser Gelegen heit 17 Buden von Kupferschmieden, I I Buden von Schcermefferschlei sern, 6 Hühnerverkäuser-Buden, 6 Kopistcn-Bude», 5 Barbier-Buden, 2 Fleischer-Buden, eine Kuchenbäcker-Bude, eine Schlosser-Bude, eine Feuerzeug-, eine Gewehr- und eine Flintenkugeln-Bude, eine Flecken- putzcr-Büde und zwei für den Gebrauch des Imam und Muwekkit") bestimmte Gemächer eingeäschert wurden " — Die Papier-Fabrication in England. Noch im sieb zehnten Jahrhundert bezog England den größten Theil seine« Papier Bedarfs vom Kontinents und zwar besonders aus Frankreich. Erst nach dem Edikt von Nantes wurden die Englischen Papiermühlen durch mehrere Französische Kolonisten bedeutend verbessert, so daß sic schon im Jahre 1690 sehr befriedigende Fabrikate lieferten. 1721 bezog Eng land schon aus seinen eigene» Papier-Fabriken 300,000 Ries; ungc sähr ein Dritthcil seine« damalige» Bedürfe«. Im Jahre 1783 schlug man de» mittlere» Werth de« daselbst fabrizirten Papiers aus 780,000 Pfund Sterling an. Ler Doktor Colquhoun gab 1813 de» Werth der damaligen Papier-Fabrikation in Großbritanien auf zwei Millionen Pfund Sterling an, gewiß eine, sehr übertriebene Zahl, die auch Ste venson mit Recht auf die Hälfte rcduzirt hat. Nach mehreren zuver lässigen Angaben können wir den jährlichen Werth de« gegenwärtig in den drei vereinigten Königreichen fabrizirten Papiers auf 1,200,000 — 1,300/100 Pfund (ungefähr 9 Millionen Thaler) berechnen. Das eigen! liche England besitzt 700 Papier-Fabriken, Schottland 70 — 80, und Irland cine^ctwas geringere Zahl. Ungcsähr 27,000 Arbeiter sind bei der Papier-Fabrication beständig beschäftigt, zu welcher bekanntlich eine große Masse verschiedener Handwerker, wie Maurer, Zimmerleute, Gießer u. s. w. erforderlich sind. Ucbrigcns beklagen sich die Englischcn Papier Fabrikanten darüber, daß die Regierung auf diesen Artikel eine so starke Abgabe gelegt, die noch drei Mal mehr beträgt, als die Total-Summe des' Arbeitslohns, das sie auszuzahlcn habe». Im Jahre 1831 betrug die Zahl des in England fabrizirten Papier« 0?,273,104 Buch; 1832 betrug sie 03,900,10» Buch, und 1833 07,397,868 Buch. Die Sum men der davon culrichtctcn Abgaben beliefe» sich in den drei Jah ren respektive aus 679,8110 Pfund, 711,623 Pfund und 732,274 Pfund. Während man bis in die Mitte Yes achtzehnte» Jahrhunderts in Eng land nicht einmal das Papier für den eigenen Bedarf zu sabrizireu im Stande war, führt man jetzt noch 2 —3 Millionen Buch Papier jähr lich aus dem Lande au«, deren Werth nicht unter 100,000 Pfund Sterling beträgt, und die der Regierung nicht wenigcr als 38,000 Pfund einbrmgcn. Ja, man hat cs daselbst so weit gebracht, -daß selbst Frank reich gegenwärtig seine Kupferstich-Papiere aus England bezieht. (lievue Lritamügne.) '1 Der Muwettit ist derienige Moschee-Diener, welcher demMuesü» (Gebet-AuSrufer- die Stunde des Gebetes anzcigt Herausgegebtn von der Redactiyii der Allg. Preuß. Staat«-Zeitung. Gedruckt bei A. W. Hayn.