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Hkrausgegebc» voll brr Redaktion der Allz. Preuß. Staats-Zeitung. Gedruckt bei A. W- Hayn. . higes Feld von grünen und von weißen Turbanen der Kinder Ma- hammeds, von blauen Turbanen und schwarzen KalpakS der Rajas, von rotbe» Mützen, welche di« Reform auf die Köpfe der Rechtgläubi- gen zu Tage gefördert hat und endlich von Hüten der Franken in ihre» mannigfachen Gestalten; dann das Durcheinander der langen und weiten Röcke der Asiaten und der kurzen und engen Kleider der Europäer. Betrachtet nun die Züge und Stellungen dieser verschiedenen Mmschen- arten; erst den Ottvmantürken mit langem und breitem Gesichte, mit einer glatten Stirn, die er unter dem Turban wie eine glatte Ebene aufrollt, mit große» Augen, cingcbogencr Nase, spitzen Kinnbacken, glattem schwarzen Barte, einem unmäßigen, auf einem starken Halse ruhenden Kopfe, einer sanften und doch stolzen Physiognomie, dabei mit einer schlummernden, aus sich selbst vertrauenden Kraft, mit einem recht lichen und geraden Sinne und mit einer ernsten, unbetonten und doch harmonischen Sprache; dann den Tartartürkcn von gelbem Angesicht, mit kleinem Kopfe, niedriger Stirne, tiefliegenden Augen, unten zuge spitzter und an den beiden Flügeln angeschwollcn» Nase, mit blassen Lippen und mit einer rauhen Haut und einem kurzstämmigen Körper; dann den Griechen mit seinem vollen Haarwuchs«, einer oft länglichen, vst gekrümmten schönen Nase, eitlem Gesichte, aus welchem List und Kühnheit mit lesbaren Zügen eingegraben sind, welche durch die feurigen Augen noch verstärkt, von dem sanften und an- mnthigen Munde aber sehr gemildert werden. Und welche Fertigkeit liegt nicht in dem Flusse seiner rauschenden und mannigfach betonten Worte! Dann den Armenier, mit hohem Wüchse, mii weißem und rolbem Gesichte, mit erhabener Stirn, schwarze» Auge», und mit gekrümmter Nase; seine hohe Figur ist dem Ottomantürken ähnlich, iind sein dünner Unterleib dem Perser, er ist rechtlich wie jener, und eindringlich wie dieser; er ist minder poetisch als der Grieche, und auch jeder Änmutb fremd; er ist ernsthaft in seinen Gesprächen, die er fast immer im Türkischen Idiom führt, und ein Geschäftsmann vor allen Andern. Daun endlich den Juden, mit einer hohen und freien Stirn, über der sich sei» Kopfputz hinterwärts neigt, mit schwarzen Augen, langer Nase, schmalen Lippen und vollem Barte; ohne heftige Leidenschaft, hat er nur Sinn für seine Geschäfte und Studien, und da »seiner Muttersprache be raubt ist, so bedient er sich am öftersten der verdorbenen Spanischen Spra che, als einer Erinnerung an sein ehemaliges Baterland, welches ihn früher ausgenommen und dann wieder ausgestoßcn hatte. — Sollen wir auch von Len Albanesern sprechen, die, halb Griechen und halb Slaven, noch immer durch Gcsichtszüge und Sprache den doppelten Ursprung zu be zeichnen scheinen? Oder von den Kurden, mit der Riesen-Gestalt, mit dem regelmäßig gezeichneten Gesicht und mit der vielleicht aus Chaldäischen Wörtern bestehenden Sprache, und von den Persern und anderen morgcnländischen Völkern, welche alle sich in Konstantinopel anhäufen? Lasset alle diese verschiedenen Formen Euren Augen vor- übergehc», bevor noch die wachsende Kultur die Physiognomiecn ver wischt hat; sehet diese ausgezeichneten Modelle, wie kräftig, wie wohl beleibt! Za, im Vergleich mit diesen Körpern, mit diesen Gesichtern, müssen ihnen di« Franken in der Levante nur wie Krüppel und Zwerge erscheinen. Und nun betrachtet die endlose Reihe von zwei- und vier spännigen Wagen, mit rothen und grünen Gehänge» und von Gespan nen weißer Ochsen gezogen, deren Stirne» von Stablplatte» erglänzen und deren Zoche von einem mit bunte» Frange» umschlnngc»cn Ringe umgeben sind; beschaut die in diesen Wage» sitzenden Damen, von Lenen mehrere durch die ausgezeichnete» Zuge der Unschuld das Kau kasische Blut bekunden, deren Schönheit und Diamanten, welche unter Schleier und Hülle» versteckt sind, nur errathen werden müsse»! Und endlich sehet diese unzählige Menge von Männern und Frauen, stehend und sitzend, und theils die Esplanade umkreisend, «Heils auf die Abhänge der Hügel steigend, um die grünen, mit rothen Wimpeln und glänzenden kupfernen Kugel» geschmückten Zelte zu betrachten, bald einen Halbzirkel bildend und bald sich in langen Reihen ausdehnend, nur das Verlangen ausdrückeud, sich in Lust und Vergnügen zu be rauschen; und dieses Alles unter einem azurnen Himmel, im Glanz der milden Sonne, im Hauche des lauen Mittag-Windes, beim Klange der militairischen Musik, den wohlriechenden Dampf des Tschoboui und dcS NarguiG «inathmend, dem Ufer von Asten gegenüber, wo Skutari sich mit seinen rothen Häufen« und grünen Lauben, von den letzten Sonnen strahlen vergoldet, ausbreitet; ein ungemein erhabener Ueberblick, dessen Horizont noch durch die freie Aussicht über das Meer von Marmora und durch die Ansicht des fern liegenden OlvmpS vergrößert wird! Auch die Kunst ist hier nicht ganz gescheitert, und die Lokalität hat sie wunderbar unterstützt. Die beiden Ufer des Kanals sind von Skutari bis Stambnl, auf einer Strecke von mehr als drei Stunde», erleuchtet, so daß der Wirderschein der Gewässer den mannigfaltigen Glanz d» Feuerwerke in Sonnen, Sternen, Triangeln, Kreuzen, Pyra miden, Triumphbögen und Namenszügen vielfach zurückwirft. Dieses, im Verein mit de» erleuchteten Hügeln und den darauf befindlichen Truppen-Lagern, stellt eine Züumination dar, die gewiß noch nirgend auf Erden übertroffen worden' ist. Einen Abend blieben wir auf einer dieser Höhen, um das feen hafte Schauspiel ganz überschauen zu können. Die Kunstseuer waren abgebrannt, die Menge der Zuschauer heimaekehrt, die Zelte geschloffen und der ganze Lärm gestillt; da erhob sich über den Berge» Astens der Mond und ließ seinen silbernen Glanz auf de» goldenen Schein der Illumination fallen; er schien ein an der Erde gebannter Geist zu sey», welcher nur in der Stunde des Schweigens und der Einsamkeit »schei- uen darf. Noch nie hat es vielleicht an den Ufern des Bosporus oder in Konstantinopel eine so zahlreiche Vereinigung von Frauen gegeben. Die muyammedanischcn, verschleiert und in Mäntel gehüllt; die Ärme- 8 nischen beider Konfessionen, obgleich Christen, auch verschleiert; die jüdischen, den Kopf mit einem weißen Zeug bedeckt, das Grsicht ab» frei; die Griechische» endlich, gänzlich unbedeckt und das lange braune Haar mit einem Hobe» durchsichtigen Aussätze geschmückt. Hier stößt man mit jedem Tritte auf wunderbar regelmäßige feine und zarte Ge- sichtSzüge; aber man sind» keinen einzigen so hoben Wuchs, keine» einzige» so schlanken Körper, und besonders keine so verführerische Hal tung, wie in Paris. Die Bekleidungen der Meisten entstellen die Än- muth ihres Körpers, und die Gewohnheit des Sophasttzens und der Mangel an öfterer Bewegung schaden ihnen sehr; sie verstehen es gar nicht, zu gehen, und bewegen sich nicht frei. Wo aber sicht man Köpfe von schönerer Zeichnung und Farbe? Fordert von ihnen nicht den Ausdruck eines seinen überraschenden Verstandes, oder eines moralischen Hochgefühls; mit welchem Rechte wollt Ihr das von ihnen verlangen, was ihnen ihr Stand nicht erlaubt? Bedau»,i müßt Zbr cs viclmchr, daß ein solches wunderbares Geschöpf so obcrstächlich nur gebildet wor den ist. Eine andere Entzauberung bewirkt ihre Stimme; sic ist ein tönig und rauh; cs mangelt ihr der liebliche Accent, welcher die Aus drücke mäßigt und den Worten so mannigfache Schattirungen verleiht; es geht ihrer Stimme wie ihr» Figur, sic sind beide ohne Reiz, und ihre Worte sind wie sie selbst, in einen Schlei» gehüllt. Alle Frauen in der Levante, von welchem Glauben st« immer seyn mögen, sind ter strengste» Dienstbarkeit und Abhängigkeit unterworfcn und von der Eiscrsucht ihrer Männer geplagt. Die Griechische und Armenische Kirche, so wie die Moschee, bestimmt ihnen eine besondere Stelle, wenn nicht gar zwei besondere Kapellen, welche jede ihren Altar und ihren Geistliche» hat; mid ini Zn»»n der Familie, bei Tuche, sind ihre Ver richtungen ebenfalls abgesondert Unter diesen Frauen genießen die Griechischen noch die meiste Freiheit, was sie auch durch ihre Toilette, die der Europäischen so nahe steht, so wie durch ihr ungezw«mgcn»es und leichteres Benehmen bekundcn. Den größten Durst nach Freiheit ab» vcrrathen die muselmännischen Frauen; dies läßt sich aus dem Eifer schließe», mit welchem sic sich die Vergünstigung zu Nutze ma che», bei Gelegenheit solch» Feste ausgehe» zu dürfe», und mit dem sie alltäglich bei der Wiederholung derselben Schauspiele, derselben einför migen und gehaltlosen Vorstellungen unermüdlich erscheinen. Dieser Durst nach Freiheit wird durch die drückende Lust ihres Harems und die langweilende Einsamkeit ihres abgesonderten Aufenthalts geweckt und erhalten. Und kann es wohl anders seyn, da sie von alle» häuslichen Beschäftigungen ausgeschlossen sind, und aus Unwissenheit sich ihre Zeit weder durch Lektüre, noch durch Handarbeiten, und am allerwenigsten Lurch Erziehung der Kinder vertreiben können? Sie zeigen zugleich eine bewundernswürdige Dreistigkeit bei solchen Festen. Es werden ihnen dabei immer die besten Plätze eingeräumt, und sie sind durch be stimmte Aufseher vor der Zudringlichkeit der Neugierigen geschützt. Um gerecht zu scyn, müssen wir erklären, daß die Türken ihre» Frauen keine erzwungene Achtung, sondern einen gewohnten Respekt bezeigen; nämlich denjenigen Respekt, welchen der Eigenthümer stets für sein Eigenthum bat. — Niemals genießen sie das Fest bis ganz zu Ende. So lange die Sonne für ihre Männer wacht, läßt ma» sie gewähren; sobald sie aber verschwindet, wird die Retraite geschlagen. Lebt wohl dann ihr Feuerwerke, lebt wobl ihr Illuminationen! Der Befehl zum Rückzug ist da! Die armen Frauen' sind einer militairischen Ordnung unterworfen. Wer weiß aber auch, wie ost schon eine solche Ordrc das Murren gegen ihre strenge Abhängigkeit hervorgerusen, und das Ver langen nach einer Emancipation ausgeregt Hal! Und könnte dieses Fest nicht auch der Heerd werden für eine Conspiration gegen die alten An maßungen der Männer? Könnten die Frauen nicht ebenfalls das Be nefiz einer Reform verlangen? — Geduld! Schon erlaubt, wie man versichert, Mahmud seinen Frauen, sich, wenn sie es verlangen, l« Harem auf Europäische Art zu kleiden; Mahmud ist das für die Kostüm«, was Mehmed Ali für den Kunstfleij ist. Er hat die Toilette des ganzen Reiches reformirl; Männer und Frauen müssen sich ihr un terziehen; er ist der Despot der Kleidertracht. Hoffen wir zunächst daß bald der Schleier verschwinden werde, und das wäre sehr gut. Ein Schleier von der Hand des Mannes über seine Frau geworfen, ist eine bleierne Maske; von diesem Schleier, in welchen er sie cinschlicßi, ist es gar nicht weit zu dem Sacke, in welchen er sie einnähct, um sie in den Kanal zu werfen; er ist das Gcfängniß und das von dem Manne seiner Frau auferlcgte Gehcimniß; verhaßtes Eeheimniß! Und doch liegt in dem Schleier, mildem eine Frau sich freiwillig bedeckt, in dem flatternde», durchsichtige» Schleier, in der dünnen Wolke, mit welch» der glänzende Stern willkürlich sich bedecken und auch unver- hüllt sich zeigen kann, eine so unerklärbare Anmuth!.... Die abend ländischen Frauen kennen das Geheimniß wenig; sie haben sich mit nn- bedeckt» Stirn die Emancipation zu erringen gesucht, und weil sie ihre Rechte »och nicht vollkommen besitzen, haben sie vielleicht auch die Reinheit der Freiheit noch nicht erlangt. Hier besitzen die Frauen da gegen die Schamlosigkeit der Sklaverei; nichts kommt der Kühnheit ihr» Augen gleich; sie blicken uni sich, als wenn sie nicht gesehen wür den. Häufig" bezeigen sie auch offenen Ucberdruß mit ihrer Lage, und Ehebruch und Entehrung habt» sich hc! ihnen schon ziemlich cinaeschli- chen. Was die Scheidung betrifft, so nehm«» sie sie stark in Anspruch, und wenn sie gesetzmäßig verlangt werden kann, wird sie ihnen auch gestattet. Die auf den Gesichtem der Türkischen Frauen so oft bemerk baren Spuren ihr» unbefriedigle» Begi»den zeige» nur zu deutlich ihr« Leiden und ihr ungewisses Streben nach einem besseren Loose, und wenn gleich gründliche Beobachter die Blasse und das Leidende ihres Angesichts einzig und allein dem Mißbrauch der Bäder zugcschriebcn haben, so glauben wir doch, daß sie auch ihrem krankhaften Begehren nach Erlösung beigemeffen w»dcn können. (Schluß folgt.)