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26 Uchen Stolz und Fanatismus die christliche Religion mit Fußen tritt, sie verhöhn! und mit Schmach bedeckt? daß sich die Pforten des heili gen Grabes nur nach Laune und Gefallen nichtsnutziger gemeiner Ia- nmcharcn aufthun, die überdies noch eine Abgabe dafür eintrciben, die von Niemand gesetzlich festgestellt ist und die Polizei an diese»? heilig ste» Lite mit Knutenhieben und Siockprügel» ausübcn? Soll man von ihnen Zartgefühl und Schonung erwarten, wenn selbst diejenigen, die dies von Rechtswegen dem frommen Pilger erweisen sollten, ihr geringes Ansehen nur dazu brauchen, ihn auszuplüudern und die Er sparnisse eines ganzen Lebens in wenigen Tagen zu vergeuden. Im heiligen Lande ist Alles für Geld feil und nichts ohne Geld zu haben, räuberische Gier ist die dominirende Leidenschaft; die Geist lichkeit treibt einen förmlichen Handel mit ihren Hülsen und Tröstun gen. Die kleinste Messe kostet sünfhundert Türkische Piaster, ungefähr hunderlundsiebzig Franken nach unserem Gelde, für Ablaß und Sergen wird vorher der Preis bestimmt, eben so für die Rosenkränze und klei nen Kreuze, die von den Arabern in Nazareth verfertigt werden; alle Akte des Familicn-LebenS, alle geistlichen Handlungen finden sich in den Klöstern rubrizirt und abgeschatzt nach ihrem Preise, wie in Europa die Gegenstände des materiellen Leben« in den Kaufläden und Wirths- hänsern. ES ist allerdings wahr, daß man mit Hülfe eines Führers, den man immer für den Tag mieihet und den man aus den Geistli chen nehmen muß, umsonst in der Stadt spazieren gehe» und sogar auch Ausflüge in der Umgegend machen kann. Nachdem man Golgatha besucht, das Loch berührt hat, wo das eigentliche Kreuz gestanden, am heiligen Grabe gebetet, untcrm Thore vom Hause des Pilatus gestanden hat, kann man den Berg Zion besteigen und sich an der Stelle- des allen Grabes von Jesus Christus nicdcrwerfen; dies Grab stellt ein roher Stein vor, der, wie die Sage geht, nie hat aus dem Boden lo«- geriffen werden tonnen; dann kau» man eine Wanderung durch das Thal Josaphat und auf den Oelberg anstellen. Auf dem Gipfel dieses Berges wird einem der Kieselstein gezeigt, aus den der Erlöser den Fuß gesetzt, als er gen Himmel gefahren, auch die Spur des göttlichen Fußes, die noch im Steine erkennbar. Aber man muß sich in Acht nehmen, ja nicht nachher denselben Weg mit einem Muselmann zu machen, weil man von diesem würde hören müssen, jene Spur seh vom rechten Fuße des Kameels, welches Muhammed in s Paradies emporgetragen, und cs sehr schwer halten würde, ihn vom Gcgentheil zu überzeugen. ES möchte zu lang werden, hier alle Stein-Grotten und Plätze auszuzählen, denen die Kirche eine heilige Bedeutung gegeben: cs möge die Bemerkung genügen, daß die mannigfaltigen Strapätzen, die man auf der Pilgerschaft durch und um Jerusalem zu erdulden hat, de» Körper ermüden, ohne den Geist zu erlaben, daß sie aber dennoch nicht zu verwerfen sind, da alles dies auf den einen Sinn und da« eine Ziel hinauslänst und hinweist, aus die ewige Ruhe der Seele. (Schluß folgt.) England. Englands Philanthropie. (Schluß.) Zu den schönsten Fortschritten, welche die Menschenliebe in Eng land gemacht hat, gehört die Aushebung der seit mehr als 8V Jahren von ihr mit Ausdauer bekämpften Sklaverei der Neger. Der Name Wil berforce ist hinlänglich bekannt, und der Ruhmj den sich seine Tugen den erworben, hat sich auch auf dem Festlande so weit verbreitet, daß Jedermann auch hier weiß, daß der große Akt der Emancipalion der Neger der Englischen Kolonieen nur das Resultat der unendlichen Be strebungen einiger Menschenfreunde gewesen ist, an deren Spitze sich Wilberforce befand. Daß die Neger-Sklaverei in den Kolonieen den Prinzipien der Menschlichkeit eben nicht entsprechend scy, ist von allen Englischen Regierungen anerkannt worden; und cs konnte auch nicht anders sehn, da sich immerwährend gegen die Schändlichkeit einer solchen Bedrückung viele Stimmen im Parlament erhoben hallen. Allein der Eigennutz einer Anzahl von Bctheiligte» widersetzte sich standhaft dem Gefühle der Gerechtigkeit; es schien klar erwiesen, Laß man durch die Vernichtung des Sklavcuthums die Kolonieen ver nichte, und die Gesetzgebung wagte cs nicht, der Nation die Ersüllung einer Pflicht auzulcgeu, welche nur zu einem solchen Preise erkauft werden sollic; denn das Land mußte in dem Augenblicke, wo die Be nutzung seiner Kolonieen aufhörte, die größte Quelle seines Wohlstan des versiegen sehen; und schon dieser Umstand allein war dazu geeignet, bei einer dem Handel so sehr ergebenen Nation alle andere Betrachtun gen zu beherrschen. Aber weder die wiederholten Ablehnungen von Seiten des Parlament«, noch die Widersetzlichkeit der Presse, noch end lich die Macht der öffentlichen Meinung, vermochten den Eiser der Berlheidiger menschlicher Rechte nicderzüschlagen. Sie ergriffen jede Maßregel, um diese Hindernisse zu besiegen. Im Parlamente griffen sie die schlechten Gesetze an; der Presse anlworielen sie durch die Presse; sie suchten in den Städten die öffentliche Meinung ihrem Systeme zu gewinnen, und ihre Beharrlichkeit mußte unzählige Hindernisse übersteigen, bis endlich ein glänzender Erfolg ihre Anstrengungen gekrönt bat. Das Parlaments-Dekret zur Emancipätion der Neger-Sklave» hat die Neger- Freunde für ihre langen Bemühungen nach Wunsch entschädigt. Und doch ist es noch nicht ganz so, wie sic es beabsichtigt haben. Drmi wenn es gleich keine Sklaven mehr in den Englische» Kolonieen giebt, so giebt cs deren doch noch in den Bereinigten Staaten, in de» Spanischrn und Französische» Kolonieen, und mehr als sechs Millionen bloß in den Amerikanischen Besitzungen zu Wasser und zu Lande. Darum haben sic auch beschlossen, in London ein Eomilst zu bilden, welches sich damit beschäftigen soll, bei dc» Nationen des Festlandes, Lis in ihren Kolonieen die Sklaverei noch dulden, eine gleiche Insti- tmwn zur Vernichtung derselben j» erstreben. Ihr ersics Augenmerk war auf die Bereinigte» Staaten gerichtet, weil der gemeinschaftliche Ursprung und die gemeinschaftliche Sprache beider Nationen es ihnen, ihrer Bieinung nach, viel leichter machen müßten, ihr vorgcstcckte« Ziel zu erreichen. Eines ihrer ausgczcichnetstc» Mitglieder durchwanderte vor seiner Abreise nach Amerika ganz England, Und sammelte bei de» verschiedenen Religion«-Sekten schriftliche Ermahnungen, welche an dieselben Religions-Sekten des jenseits des Atlantischen Meeres gele genen Landes gerichtet sind, und worin dargcthan, wird, welch' eine barbarische Verletzung des Evangeliums die Sklaverei der Neger sch, weshalb sie auch im Namen der Menschheit und de« Christcnthums ausgefordcrt werden, sich von den Flecken dieser Barbarei, je eher je lieber, rein zu waschen. Derjenige, welcher diese Mission übernahm, ist ein schöner, junger und ungefähr SOjährigcr Mann mit Namen Thompson; er ist wegen der seltenen Eigenschaften seine« Geiste« und seine« Herzens überall sehr beliebt. Vorzüglich merkwürdig ist sei» Redner-Talent, worin sich ein ernster und edler Bortrag, rin reicher und blühender Stil, und ein Feuer in Wort und Bewegung dermaßen zu erkenne» giebt, daß er alle» seine» Zuhörern als etwa« Außerordent liches erscheint. Wenn cr die grausame Gesetzgebung detaillirte, welche in der Amerikanische» Republik in Ansehung des Sklavcn-ZustandcS herrscht; und wenn er die Mißbräuche und die Abscheulichkeiten schil derte, die man sich gegen de» armen verbannten Negerstamm erlaubt, ereignete es sich ost, daß er von dein Geschrei der Weiber und dem. unzufriedenen Murren der Männer unterbrochen wurde. Er hat ange zeigt, daß cr diese» Sommer das Atlantische Mccr übcrschiffc» werde. Mehrere Personen erwarten ihn in Amerika, nachdem sie ihn lebhaft aufgcfordcrt Haben, hin zu kommen, uni alle Mittel und allen Einfluß, die sie besitzen, seiner Leitung zu übergeben. Er spricht mit vielem Enthusiasmus von einem junge» Amerikaner aus der Gegend von New-Hork. Harrison, jetzt ein Man» von 22 Jahren, hatte sich schon vor 4 bis S Jahren mit Heldenmuth demselben Endzweck gewidmet. Die Emancipation der Neger ist die herrschende Idee und der einzige Stolz dieses jungen Menschenfreundes geworden, und schon als er das Kollegium verließ, machte cr sich diese zum einzigen Ziel seines Lebens. Ohne Glücksgütcr, ohne bedeutende Verwandle und ohne ei» einträg liches Gewerbe, sah cr wohl ein, daß seine Pläne ihn zu einer strengen Lcvcnsweise verdammen würden; allein cr ergab sich willig darein. Anfangs beschränkte er sich auf öffentliche Reden, zu denen sowohl die Freunde der Neger, als deren Widersacher cingcladen wurdcn; allein die Letzteren kaufen nicht hin, uni sich da« Anhören lästiger Wahrheiten zu ersparen, und die Ersteren bliebe» ebc»salls weg, um ihre Gesinnun gen nicht offenkundig zu machen, so daß Harrison bald cinsah, daß er durch dieses Mittel wenig oder gar nichts gewinnen würde. Da faßte cr das Projekt, ein Journal zu publizircn. Die Amerikaner sind große Freunde von Journalen, und e« werden unzählige Tagcrbläller in der ausgedehnten Union verbreitet. Harrison glaubte, daß das (einige die Gunst Vieler gewinnen werde; aber schon die ersten Nummern erregten da« öffentliche Geschrei; man drang in sein Bureau, nahm seine Papiere weg und zerstörte seine Materialien. Glücklicherweise war der Verlust nicht sehr groß; in seiner Kammer, welche ihm zum Bureau und zu gleich zur Wohnung diente, befand sich nichts, al« ein schlechte« Bett, ein noch schlechterer Tisch, eine alte Presse, und ei» kleiner Korb mit schlechten Buchstaben. Da er aber seine Publicalionen erneuerte, so zog er sich einen Prozeß zu, der mit einer sieben,nonatlichen Gefan genschaft für ihn endete. Jedoch benahmen diese schlecht ausgefallenen Proben ihm seinen Eiscr "und seine Hitze noch nicht; neue Verfol gungen fanden gegen ihn statt, und ein dritter Prozeß wurde gegen ihn anhängig gc'mächt, der ihm sehr strenge Straft» zuzog. Dergleichen Mensche» werden indessen durch solche Leide» für ihre Lieblings-Idee mir noch immer befreundeter mit derselben. Wir wolle» hoffen, daß seine Anstrengungen nicht vergebens gemacht sehe», und daß da« freie Amerika die Schande der Skaverci, die noch theilweise aus ihm lastet, endlich einmal ganz von sich abwälzen werde. Wir wolle» unsere Liste der vorzüglichsten menschcnsrcundlichen Stiftungen in England damit beschließen, daß wir noch Einiges über seine Mäßigkeit«-Vereine sagen. Wie das Wort c« schon andeulet, geht dcr Endzweck dieser Vereine nur dahin, dem Mißbrauche des un mäßigen Branntweintrinken« der arbeitenden Klafft» cntgegenzuwirken. Uni jedoch von diesen Vereinen ewcn richtigen Begriff zu erhalten, müssen wir vorher eine kleine Diversion in die allgemeine Geschichte der letzten vierzig Jahre mache». Diese letzten vierzig Jahre lieferten uns ein Schauspiel doppelter Art; ans der einen Seite die ungemein große Entwickcluttg de« Handels- Verkehr« und den darau« entsprungenen fcheinbarcn Wohlstand, und auf dcr andere» die arbeitende Klaffe, die sich zwar nach dem Bcrhäll- niffe dcr Industrie vermehrte, aber auch, einige Glückskinder ausgenom men, immer mehr verarmte, und in de» letzte» Jahre» bis zur niedrig sten Stufe des Elend« und der Demoralisation herabsank. Wa« mau bei solchem Unglück noch am meisten zu beklage» hat, das ist die Thatsache, daß die körperliche» Leiden allmälig die moralischcn Kräfte der Armen verschlingen, und in ihnen das Prinzip der Nüchternheit, der Mäßigkeit und der Ordnung gänzlich aufceiben. Die Zahl dcr voni Gesetze verurthciltcn Männer und Frauen vermehrt sich mit jedem Jahre; und wer sich kürzlich in England aufgehaltcn hat, dcr weiß es, zu weicher hohen Stufe von Verwegenheit es hier der Diebstahl ge bracht hat, indem er inmitten der am meisten bevölkerten und am meisten bewachte» Straßen ungeschcut sein Wcsc» treibt. Es findet aber auch noch eine andere Entartung statt, welche Einige dcm Linde rungs-Bedürfnisse physischer Leiden und Andere dcm Verderb»iß ter Sitte» beimesscn, die aber i» der Wirklichkeit au« Beide» zugleich, wie Ursache und Folge, entsteht; und diese Entartung ist die Leidenschaft de« Trunks. Es giebt einige Statistiker, welche behaupten wollen, daß dieser, besonders unter den Fabrik-Arbeitern, überhand gcnommcnc schnet liche Zustand die Ursache sey, daß sich seit zwanzig Ichren die Bevöl-