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56 H. Polakowsky: Die verschiedenen Canalprojecte zur Verbindung des Stillen und Atlantischen Oceans. calaute, wo derselbe bis heute absolut fehlt, erfordert. Wenig untersucht ist die Linie Rio Santa Clara-San Juan del Sur; dieselbe ist aber von bedeutender Länge. Die günstigsten Wege zur Erreichung des wichtigen Zweckes sind die beiden folgenden: durch den Rio Sapoa zur Bay von Salinas, oder durch den Rio de las Lajas und Rio Grande bis zum Hafen von Brito. Der erstere Weg ist von dem dänischen Ingenieur und Naturforscher A. S. Oersted, welchem wir die besten rein wissenschaftlichen Mit- theilungen Uber Nicaragua und Costa-Rica verdanken, auf Kosten der Regierung von Costa-Rica untersucht worden. Dieser Weg ist vielleicht der beste, findet aber bei der Regie rung von Nicaragua und, wie es scheint, auch bei Herrn Lovy keine Gnade, weil das Ende des Canales dann zum größten Theile auf costaricanischeni Gebiete sich befinden würde. Die Grenze zwischen beiden Staaten bildet nach dem Vertrage von 1858 eine Linie, welche 2 Meilen südlich vom Südufer des Nicaragua-Sees von Ost nach West verläuft, bis sie den Rio Sapoa trifft. Bon diesem Flusse, 2 Meilen vor der Mündung, wird eine gerade Linie bis zur Mitte der Bay von Salinas die Grenze repräsentiren. Es gehört also der größte Theil des Sapoa sowie der Rio de las vueltas und der größte und beste Theil der Salinas-Bay zu Costa-Rica. Bei einem so wichtigen, kostspieligen Unter nehmen, welches die arme Republik Nicaragua nicht iin Ent ferntesten durch pecnniäre Unterstützung fördern kann, sollten so kleinliche, aus Eifersucht entspringende Bedenken nicht be rücksichtigt werden. Die amerikanische Gesellschaft wird sich aber auch hierdurch nicht abhalten lasten den Canal da anzu- lcgen, wo derselbe am besten nnd billigsten herzustellen ist. Jm December 1875 sprach ich in San Joss de Costa-Rica den IngenieurI. O. Sullivan, welcher, nachdem alle an deren Projecte von den amerikanischen Fachmännern, welche dieselben in den letzten Jahren eingehend studirt hatten, als weniger günstig als das vom Nicaragua-See erkannt waren, im Namen einer amerikanischen Gesellschaft mit den Regie rungen beider Republiken die näheren Bedingungen über Anrecht u. s. w. beider Länder verhandeln und reguliren sollte. Leider wurden, zum Theil durch diese Verhandlungen ver anlaßt, die alten Grenzstreitigkciten zwischen beiden Repu bliken bald darauf wieder mit einem Eifer wie nie zuvor discutirt; beide Länder stellten Observationscorps an der Grenze auf, und hierdurch wurde die definitive Regelung die ses Friedenswerkes abermals hinausgeschobcn. Mr.O.Sul livan erklärte die Linie Sapoa-Salinas für die beste. Der Sapoa-Fluß ist an der Mündung 200 Lsards breit und 2 bis 3 Mrds tief, und bildet keine Sandbänke. 1/4 Legua von der Mündung entfernt beträgt die Tiefe 10 Mrds und 3/4 Leguas bleibt er dann für die größten Schiffe benutzbar. Höher hinauf kommen Stromschnellen; trotzdem ist der Fluß auch hier schiffbar zu machen. Später, zwischen den Mün dungen der Flüsse Cabalcota und Sonsapor, befinden sich viele Felsen und Engen, welche die Schifffahrt unmöglich machen. Von der Aufnahme des Sonsapor bis zum See fließt der Sapoa genau von Süd nach Nord. Von hier aus ist der Durchstich nach dem Stillen Ocean erforderlich; der höchste Punkt liegt 270 Fuß über dem Stillen Ocean. Die Länge dieses Theils beträgt 2> 4 Legua. Der Sapoa ist für 1 Legua durchaus schiffbar, 1^/4 weitere Leguas sind durch geringe Anstrengungen schiffbar zu machen. Das zu durch brechende Gestein ist Porphyr und nach Oersted verhältniß- mäßig leicht fortzuräumen. Die Richtung, welche von John Bayley der Föderativregierung von Centralamerika empfohlen war, vergleicht Oersted st mit dieser und führt zum Vortheile st lournal vk tbe Ro^al 6ev§r. 8ociet^. I.oulon 1851. seines Prosects an, daß bei derselben Länge des Weges (5 Leguas — 15 geographischen Meilen) hier bereits stz des Canals fast fertig vorhanden, und daß die Anlage eines Tunnels, wie ein solcher bei Bayley's Weg (San Juan del Sur durch das Thal des Rio de las Lajas) nothwendig, hier durchaus nicht erforderlich sei. Noch sei angeführt, daß der Hafen der Bay von Salinas bedeutend bester als der von San Juan del Sur ist. Die Kosten für die Ausfüh rung des einen oder andern Projectes zur Verbindung des Nicaragua-Sees mit dem Stillen Ocean veranschlagt P. Lsvy auf 50 Mill. Doll., also die des ganzen Canals auf circa 150 Mill.! Das zweite ausführbare Project, welches von Orville Childs angegeben ist, ist genau studirt und vermessen; die Entfernung beträgt 19 Meilen, die größte Erhebung über den See nicht mehr als 46 Fuß. Nur eine große Schwie rigkeit macht sich geltend: der Hafen von Brito am Stillen Ocean ist nämlich gänzlich ungenügend und müßte durch einen andern, künstlichen ersetzt werden. P. Lsvy hat zwei in der Nähe verlaufende Linien als zur Richtung des Canals paf fend angegeben st, erkennt aber selbst die Schwierigkeiten und Fehler dieser Wege an, welche durchaus nicht Vortheilhafter als die zwei hier hervorgehobenen sind. In Costa-Rica, einem von zahlreichen und hohen Ge birgszügen durchschnittenen Lande, hat man nie ernstliche Versuche zur Herstellung eines Canales gemacht. Zwei schöne Häfen, die Laguna de Chiriqui (Boca de Toro) am Atlan tischen und der Golfo dulce am Stillen Ocean, sind zwar nur durch 25 Leguas Entfernung getrennt, aber die dazwi schen liegende Cordillere ist 4000 Fuß und darüber hoch. Herr Lafond de Lurcy erhielt 1849 von der Regierung von Costa-Rica ein großes Gebiet am Golfo dulce geschenkt unter der Bedingung, sranzösische Colonisten nach dort zu ziehen, und später diesen Hafen mit der Boca de Toro durch einen guten Weg oder durch eine Eisenbahn zu verbinden. Aber die Colonisten blieben ans und das ganze Unternehmen zerschlug sich. Wie leicht erklärlich, hat die schmälste Stelle des Couti- nentes, der Isthmus von Panama, hauptsächlich die Auf merksamkeit aller bei der Anlage des Canales interessirten Persönlichkeiten gefesselt. Die Breite des Continentes schwankt hier zwischen 13 und 14 Leguas. 1670 gebrauchte der Pirat Morgan 10 Tage, um den Isthmus zu überschreiten. Jetzt kann man diesen Weg, dem Bahndämme folgend, in 24 bis 36 Stunden zurücklegen. Aus meiner Rückreise nach Europa sah ich, wie einige kräftige Leute, um die 25 Doll., welche die kurze Fahrt von Panama bis Colon kostet, zu ersparen, den Weg in circa 24 Stunden zurücklegten und, wenn auch sehr ermattet, so doch zur rechten Zeit zum Ab gänge des Dampfers in Colon ankamen. Diese Fußprome nade soll durch die zahlreichen langen Brücken, wo der Raum zwischen den Schienen nur durch vereinzelte, halb verfaulte Schwellen ausgefüllt ist, lebensgefährlich sein. Der Trans port der Waaren geschah früher in ziemlich ausgedehnter Weise durch den Rio Chagres (bis Cruces) und von da durch Lastthiere bis Panama. 1828 befahl Bolivar, der Befreier der südamerikanischen Colonien, die genaue Unter suchung des Isthmus von Panama durch die Herren Lloyd und Falmare; dieselben fanden, daß der höchste zu über- fchreitende Punkt 600 Fuß hoch, und daß die Fluthhöhe st Sicht den sehr interessanten Brief Lsvy's im Bulletin de In 8oc. <1e AÜvAraplue äe Baris. blars 1870. In demselben finden sich zahlreiche Angaben über Ursprung vieler Namen für Flüsse, Ge birge rc., und eine Schilderung der Schwierigkeiten und Anstrengun gen, welche der Reisende bei seinen Untersuchungen zu überwinden und zu ertragen hatte.