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H. Polakowsky: Die verschiedenen Canalprojecte zur Verbindung des Stillen und Atlantischen Oceans. 43 Römern, von deren kartographischen Leistungen sich die Tu- Kulu kontinAgriaua erhalten hat, sind bekannt; was vor diesen lag, die ersten Schritte zur Anfertigung von Karten, haben wir uns vorzustellen wie die primitiven Versuche der der Armenier, Matiener u. s. f. bis zur Königsstadt Susa am Flusse Choaspes. Red. Naturvölker, von denen oben die Rede war. Auch die Fort schritte, welche diese urthümliche Kartographie allmAig machte, ehe sie in ihr wissenschaftliches Stadium trat, lassen sich erkennen, wenn wir die Leistungen vorgeschrittener Völ ker, wie z. B. der Mexikaner, betrachten, die in der That mit manchen mittelalterlichen Kartengemälden den Vergleich aushalten. Die verschiedenen Canalprojecte zur Verbindung des Stillen und Atlantischen Oceans. Von Dr. H. Polakowsky. Als Columbus am 3. August 1492 die Rhede von Palos mit drei elenden Fahrzeugen verließ und die Fahrt nach Westen antrat, geschah dies bekanntlich, um einen direc- ten Weg nach der Ostkiiste von Asien zu entdecken. Von dem Hindernisse, welches einen directen Seeweg versperrte, von der Existenz eines Continentes von einer Ausdehnung wie Amerika, hatte weder Columbus noch einer seiner Be gleiter eine Ahnung. Als man zuerst Land entdeckte (12. Oc- tober 1492) — es war dies die Insel Guanahani, von Columbus zu Ehren des Erlösers San Salvador genannt —, hielt er dies bereits für einen Theil von Asien. Erst später gab er ungern und zögernd zu, daß er sich geirrt, daß eine Ländermasse die Fortsetzung des Weges nach Westen ver sperre. Von der Größe und dem Reichthume des neu ent deckten Landes hatte er keine richtige Vorstellung; er betrachtete dasselbe mehr als ein Hinderniß für die Erreichung des ersehnten Zieles, denn als einen Gewinn. In der Hoffnung, an irgend einer Stelle einen Durchweg zu finden oder mit leichter Mühe Herstellen zu können, unternahm Columbus die dritte und vierte Reife an der Küste von Centralamerika. Diesem Suchen nach der Landenge (st ssoroto äsl Lstroollo) verdankt Centralamerika und speciell Nicaragua seine Durch forschung und baldige Besitzergreifung durch die Spanier und seine heutige politische Bedeutung. Auf der dritten Reise (1498) betrat Columbus zuerst den amerikanischen Continent; die vierte Reise (1502), auf welcher er die ganze centralamerikanische Küste entlang fuhr, und an verschiedenen Stellen derselben landete, wurde nur zu dem Zwecke unternommen, die Landenge zu suchen. Bald concentrirten sich alle diese Versuche auf Durchforschung des Isthmus von Darien, und hier überschritt zuerst Nunez de Balboa (1513) den Continent. Obgleich 1520 Magalhaens die nach ihm benannte Straße entdeckte, und so die Möglichkeit erwiesen war, vom Atlantischen in den Stillen Ocean zu gelangen, so erkannte man doch sehr bald das Mangelhafte dieses Weges, der nicht nur ungeheuer lang, sondern auch wegen der heftigen in der Magalhaens-Straße herrschenden Stürme, der vielen Klippen, Untiefen und Stromschnellen in derselben, sehr ge fährlich war. Kurz vorher war Peru und bald darauf Mexico und Guatemala entdeckt und erobert. Erst jetzt be kam man eine richtige Vorstellung von der Gestalt Amerikas, und nun beschränkte die spanische Regierung ihre Versuche zur Verbindung beider Oceane auf Centralamerika. 1551 bezeichnete Francisco Lopez de Gomara be reits drei Punkte als zur Anlegung des Canales besonders geeignet; es sind diese: der Isthmus von Tehuantepec, der Nicaraguasee und die Landenge von Panama. Zu Ende des 16. Jahrhunderts trat der Fanatismus einiger einfluß reichen Priester dem Unternehmen entgegen, indem sie es für eine Sünde erklärten, welche sicher die Strafe des Him mels nach sich ziehen würde, in die Gestaltung der Erde, wie sie aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen, ändernd eingreifen zu wollen! Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes erscheint es erstaun lich , daß das oft besprochene Unternehmen noch nicht zur That geworden. Wer aber die Verhältnisse Centralamerikas, und speciell der Länder, wo die Anlage am Vortheilhaftesten sein würde (Nicaragua und Darien), kennt, weiß die furcht baren Schwierigkeiten zu würdigen, bedingt durch Gebirgs züge, überaus üppige Vegetation, häufige und starke Regen, ungesundes Klima, Mangel an Nahrung für die erst zu importirenden Arbeiter — im Lande selbst fehlt die genü gende Anzahl von Arbeitskräften, und die vorhandenen sind gewöhnlich zu träge oder unbrauchbar zu anhaltender schwe rer Arbeit — und reißende Ströme, welche in der Regen zeit oft in unglaublicher Weise anschwellen und dann ihren Lauf verändern. Zu diesen Schwierigkeiten kommt noch in Darien die feindselige Haltung der Eingeborenen, die große Anzahl von Schlangen und sonstigem Ungeziefer, und Wasser mangel, und in Nicaragua die Unsicherheit der Verhältnisse im Lande. Fortwährende Revolutionen, plötzlicher Wechsel der Machthaber und deshalb der Ideen der Regierung, lassen alle von derselben eingegangenen Verpflichtungen und Ga rantien als sehr zweifelhaft erscheinen. Obgleich sehr viele Projecte in Vorschlag gebracht wor den sind, so hat man doch sehr lange geschwankt, ehe man sich endlich definitiv für das Project von Nicaragua entschie den zu haben scheint ^). Wo der Continent am schmälsten, sind entweder die Gebirgszüge sehr hoch, oder cs fehlt an Häfen, oder eines der oben angedeuteten Hindernisse macht sich in hervorragender Weise geltend. Die Eifersucht der Spanier, welche den Fremden lange Zeit hindurch den Ein tritt in die amerikanischen Besitzungen gänzlich verbot, die Unternehmungen derselben aber auch später stets erschwerte, i) Von französischer Seite wird dagegen augenblicklich eine neue, womöglich internationale wissenschaftliche Durchforschung Centralame rikas geplant, wozu Gogorza's Project (s. „Globus" XXX, S. 255) den Anstoß gab. Doch scheint es selbst dafür einstweilen noch an Mitteln zu fehlen. Red, 6*