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340 Cameron's Reise quer durch Afrika (1873 bis 1876). trieb, wurde er gefangen gesetzt und über 20 Jahre festge halten, davon die meiste Zeit in Ketten oder mit der Sklaven gabel um den Hals. Jetzt lebt er dauernd in Kamele. Ihm zunächst an Ansehen stehen Muinyi Heri, ein reicher Mrima- Händler, Mohammed-ibn-Gharib, Livingstone's Freund, und dessen Bruder Hassani; ferner lebten dort Abdallah-ibn- Habib, verschiedene Agenten von Großhändlern, außerdem Schmiede, Zimmerleute und Sandalenmachcr. — Die Einge borenen haben ein ziemlich vortheilhaftcs Aeußerc, aber stehen im Rufe von Trinkern und Dieben; sie sind gute Schmiede und Träger und ausgezeichnete Fischer und Bootsleute. Ihre Kleidung besteht gewöhnlich aus einem Stücke Rindenzeug, welches unter dem einen Arme hindurchgeht und auf der andern Schulter zusammengeknüpft wird. Oft ist es mit ein und viele schützen sich durch kleine Lauben von Palm blättern gegen die glühenden Sonnenstrahlen. Zwischen den in den höchsten und lautesten Tönen der menschlichen Stimme verhandelnden Käufern und Verkäufern wandern oft Leute aus fernen Gegenden herum, um ihr Elfenbein und ihre Sklaven loszuschlagen. Als Münze cursiren sogenannte Sofi-Perlen, welche kleinen Stückchen eines zerbrochenen Pfeifenstiels ähnlich sehen. Bei Beginn des Marktes wech seln Männer, welche ganze Säcke dieser Perlen vor sich ha ben, den Kauflustigen dieselben gegen andere aus und kaufen sie nach Schluß des Marktes von den Händlern zurück, wo bei sie beide Male Profitiren. Es gelang unserm Reisenden, nach einigen Schwierig keiten und für sehr theures Geld oder besser sehr viel Me schwarzen und gelben Streifen und Flecken gefärbt und so zurechtgeschnitten, daß es wie ein Leopardcnfell aussieht. Ihr Hauptschmnck ist aus pracht voll weißen und schön polirten Hippopotamuszähnen verfer tigt, hat sichelförmige Gestalt und wird am Halse getragen. Auch tragen sie kleine Schellen und Drahtringe, und die Män ner haben meist einen Speer in der Hand. Das Haar wird rasirt, wobei höchst son derbare Muster wie Spiralen, Zickzacklinien, Büschel und der gleichen stehen bleiben, oder geschoren, wobei runde Flecken herausrasirt werden. Häupt linge tragen farbige Stoffe und schwere Armringe. Der Herr scher (Mteme) von Udschidschi lebt in einem Dorf im Ge birge; jeder der kleinen Districte steht wieder unter einem meist erblichen Mutwals, dem drei, vier Watäko (Aelteste) beigege ben sind, um Streit zu schlich ten, den Tribut zu sammeln talldraht, der erst m Zeug und dann in das von dem Eigen thümer gewünschte Elfenbein umgesetzt werden mußte, ein in ziemlich schlechtem Zustande befindliches Boot zu miethen, dasselbe auszubessern und zum Erstaunen der Einheimischen mit einem großen lateinischen Segel zu versehen. Sein er ster Ausflug galt der kleinen Insel Bangwä, welche etwa 1^2 deutsche Meilen westlich von Kawele liegt und der nördlichste von dort aus sicht bare Punkt der Ostküste des Sees ist. Indem er die Entfernung zwischen der In sel und Kawele genau berech nete und von letzterer aus eine Reihe von Punkten Peilte, war er im Stande, die haupt sächlichsten an beiden Orten sichtbaren Punkte mit be trächtlicher Genauigkeit auf seiner Karte festzulegen und dadurch eine Basis für die projectirte Aufnahme des Sees zu erhalten. Auch ein und nach Abzug ihres Antheils Einwohner von Massi Llambi. an den Mteme abznsührcn. Sehenswerth ist der täglich früh von 71/2 bis 10 Uhr und Nachmittags abgehaltene Markt, wobei Leute aus Uguhha, Uvira und Urundi und von anderen Stämmen sich auf einem freien Platze am Ufer des Sees zusaminensinden. DieWa- guhha, welche westlich vom See zwischen 5 und 6" südl Br. sitzen, sind leicht an der sorgsamen Haarfrisur beider Ge schlechter und an der phantastischen Tättowirung der Weiber kenntlich, die Warundi an dem hellbronzefarbigen Aeußern, welches mittelst Einreibung mit rother Erde und Oel hervor gebracht wird. Die Araber nennen letztere ein »rothes Volk«, d. h. ein hellfarbiges. Die Frauen von Kawele und Umgegend bringen Körbe voll Mehl, süße Kartoffeln, Pains, Früchte der — hier zuerst auftrctenden — Oelpalme, Ba nanen, Taback, Tomaten, Gurken und sonstige Vcgetabilien, außerdem Geschirr und große Kürbisse voll xomlls und Palmwein, während die Männer frische und getrocknete Fische, Fleisch, Ziegen, Zuckerrohr, Netze, Körbe, Speere, Rinden zeug und Bogenholz verkaufen. Die Warundi handeln haupt sächlich mit Korn und Rudern; von der Insel (nach Stan- ley's Angabe nur Halbinsel s. oben S. 277) Ubwari wird Hanf gebracht, woraus die Wagogo ihre Netze flechten, von Uvira Geschirr und Eisensachen, von Uvinza Salz u. s. w. Jeder Verkäufer nimmt alle Tage denselben Stand wieder Watnta-J-ran. zweites Boot erhielt er ge liehen und bestimmte es für die Vorräthe; letzteres nannte er »Pickle", das andere, welches als sein Flaggenschiff dienen sollte, »Betsy". Sodann ver schaffte er sich zwei Führer, Parla und Regwe, welche ihm die einheimischen Namen nennen, die Nachtstationcn bezeich nen und als Dolmetscher dienen sollten; er zahlte jedem für die Reise 17P2 Dollars, den Aeltestcn ihrer Heimath als Sporteln aber nahezu das Doppelte. BilLl blieb zur Be wachung der Vorräthe zurück, Bombay mit 37 Mann schiffte sich ein, und am Nachmittag des 13. März schwamm die »Betsy" mit leichtem Winde nach Süden. Der erste Tag brachte sie etwa 2 deutsche Meilen vorwärts bis zum Cap Mfomdo, der zweite deren 3^/4. Die Ufer warep von ent zückender Schönheit: zahlreiche, wasserreiche Flüsse fallen in den See und führen ihm schwimmende Pflanzcninseln zu, die mit den darauf wurzelnden Büschen und selbst Bäumen oft segelnden Booten gleichen; das lebhafte, verschieden ge tönte Grün der Bäume, die Hellrothen Sandsteinsclsen und das blaue Wasser bildeten eine bunte und doch äußerst har monische Farbenzusammenstellung; zahlreiche Vögel tummel ten sich umher, weiße Möven mit grauem Rücken und rothen Beinen und Schnäbeln, langhalsige schwarze Schlangenhals- vögcl, Taucher, graue und weiße Königsfischer und choko- ladenfarbigc Fischadler mit weißem Kopf und Hals. Nicht