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Dr. F. Stolze's Reisen im südlichen Persien. Land zerfällt übrigens in zahlreiche, unabhängige Häuptlings' schäften, deren feder mftougo zu zahlen ist. Jeder Stamm hat eine Viehherde, welche alle Erwachsenen, der Häuptling nicht ausgenommen, der Reihe nach hüten. Im Ganzen ist das Land sehr trocken; nur vom November bis Mai fällt viel Regen und erzeugt reichliche Ernten von Kafferkorn. Er wird in künstlichen Brunnen gesammelt, nimmt aber mit der Zeit einen abscheulichen Geschmack an. Am 22. Juni wurde Mwumi erreicht, wo vor acht Tagen des Häuptlings Schwester gestorben war. In Folge dessen große Todtenfeier und allgemeine Betrunkenheit, wel cher Umstand die Reisenden drei Tage dort aufhielt, in Folge wovon ein von Murphy in Bagamoyo engagirter Trupp Wanyamwesi sn rnasss davonlief. Die Wagogo unterscheiden sich von anderen Stämmen sofort durch die Sitte, die Ohrläppchen zu durchbohren und dieselben durch hineingesteckte Holzklötze, Messingringe, als Schnupftabacksdosen benutzte Kürbisse und derlei Dinge, welche andere Leute in den Taschen tragen, zu monströser Länge auszudehncn. Oft reichen die Ohrläppchen bis auf die Schultern herab und zerreißen selbst im höhern Alter, worauf einer der Zipfel von Neuem durchbohrt wird. Ihre Waffen bestehen aus zweischneidigen Messern, Speeren, Bo gen, Pfeilen und Knotenstöcken. Manche tragen Schilde von Ochsenhaut, wo die Haare heruntergekratzt und mit rother, gelber, schwarzer und weißer Farbe allerhand Muster auf gemalt sind (s. Abbildung 4). Viel getragen werden kleine in Zanzibar verfertigte Armbänder aus Kupfer und Messing, ferner „Kitindi" aus Eisen- nnd Kupferdraht um Oberarm, Ober- und Unterschenkel. Das Außerordentlichste aber lei sten die Wagogo im Kopfputzc; da ist nichts so häßlich oder- unsinnig, um dort nicht angebracht zu werden. So flechten manche ihr Wollhaar in zahllose, kleine, durch eingcflochtene Fasern vom Baobab-Baume künstlich verlängerte Zöpfe, 311 welche am Ende mit kleinen Messingkugeln oder bunten Per len verziert werden und entweder wild um den Kopf herum hängen oder nach dieser oder jener Richtung cmporstarren. Andere bedecken den Kopf mit blank polirten Kupfermünzen oder rasiren den größten Theil, während das stehen geblie bene Haar in Zöpfe gedreht und mit Draht umwunden wird. Von den Händlern erhalten sie weißes Zeug, das sie mit Lehm schmutzig gelb färben; auch den Leib bemalen sie sich mit rotherErde baldstellenweise, bald über und über. Dazu triefen sie meist von ranzigem Ricinusöl und waschen sich nie: kurzum — es sind liebliche Gesellen. Am 25. Juni wurde wieder aufgebrochen, nachdem in Mwumi müonAo bezahlt war; aber nach wenigen Meilen uninteressanten Marsches entstand neuer Aufenthalt, weil der Häuptling von Mapalatta, wo wiederum müonKo ge fordert wurde, betrunken war. Im nächsten Dorfe gab cs einen Zank wegen des Tributs und einen Diebstahl, und so ging es fort mit Widerwärtigkeiten, Erpressungsversuchen, Verlusten und Aerger aller Art, daß, wäre Cameron nicht der geduldigste und für seine Ziele begeistertste Mensch von der Welt gewesen, er umgekehrt und nicht 30 Meilen weit nach Afrika hinein gekommen wäre. So erreichte er Kan - yenys, eine breite Depression im Centrum von Ugogo, wo viel Salzefflorescenzen Vorkommen. Dieselben werden zu sammengescharrt, mit Wasser vermischt, abgedampft, in zucker hutähnliche Formen von circa 18 Zoll Höhe gebracht und so in die Nachbarländer cxportirt. Von dort war cs noch 2 ^deutsche Meilen bisGroß-Kanyenys; das zwischen liegende Land war eben, mit Baobab bestanden, fast durch weg angebaut und mit zahlreichen Tembss besetzt. In einem derselben sah Cameron zuerst viele Leute, die an Pocken da niederlagen, eine Krankheit, welche zeitweise wie ein verheeren des Feuer weite Strecken Afrikas heimsucht. Dr. F. Stolze's Reisen im südlichen Persien. Es ist aus Zeitungsnachrichten bekannt, daß der Dr. A n - dreas im Jahre 1875 im Auftrage des preußischen Cultus- ministeriums eine archäologische Reise nach Persien angetre ten hat, welcher sich Ausgrabungen im alten Persepolis und eine geographisch-ethnographische Exploration des südlichen Persiens anschließcn sollten. Zu letzteren beiden Zwecken hatten die Köllinghusen-Stiftung resp. die Geographische Gesellschaft in Hamburg bedeutende Zuschüsse zu den Reise kosten geleistet. Seit Monaten hat Uber das Ergehen des Reisenden nichts verlautet; nur von seinem Reisegenossen Dr. F. Stolze sind Nachrichten nach Deutschland gelangt. Derselbe hatte die deutsche Expedition zur Beobachtung des Venus-Durchganges nach Jspahan begleitet und war bei deren Heimkehr zurückgeblieben, um dem Dr. Andreas bei dessen archäologisch-epigraphischen Untersuchungen zur Seite zu stehen. Da aber Andreas länger, als er gehofft, in Eu ropa zurückgehalten wurde, beschloß Dr. Stolze, die Zwischen zeit nützlich zu verwenden und die alte persische Königstadt Persepolis zu recognosciren, und begab sich in Gesellschaft des Herrn Höltzer, »otinA supsrintsucksnk des englisch indischen Telegraphen, nach Schiraz, welches er am letzten Tage des Jahres 1874 erreichte ^). Der Weg windet sich durch steiniges Terrain, zwischen schroff abfallenden Gebirgs zügen hindurch und läuft zuletzt in einem mit Felstrümmern erfüllten, etwa eine Stunde breiten Thale in südlicher Rich tung fort. Plötzlich öffnet sich zur Rechten die Felswand, und durch eine enge Schlucht hindurch blickt man auf das in einer breiten, sonnigen, von mächtigen Gebirgsketten um gebenen Thalebene inmitten zahlreicher Gärten daliegende Schiraz. Der Anblick ist unvergleichlich. Zu beiden Seiten st Die Beschreibung dieser ersten Reise erschien in der Elber felder Zeitung unter dem Titel „Reisebilder aus Persien. Lon Dr. F. Stolze" (1875, Nro. 44 bis 53). Wir entlehnen dersel ben mit gütiger Bewilligung der Redaction vieles von besonderm Interesse. Die zugehörige Karte der Routen zwischen Schiraz, Firuzabad, Fasa und Darab wird in einer der nächsten Num mern der „Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin" veröffentlicht werden.