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288 Aus allen Erdtheilen. seines Dolmetschers nöthigten ihn, im März 1876 nach Sai gon zurückzukehren. Am 4. December 1876 brach er jedoch von Phnom-Penh zu einer neuen Reise nach Ober-Cambodja und Laos auf, welche ihn womöglich durch Annam bis Tongking führen soll. Er reist allein, ohne europäische Begleitung und ohne Provisionen, nur von dem lebend, was er vorfindet. Vor her scheint er noch einen kürzer» Ausflug im äußersten Nord osten des französischen Cochinchina gemacht zu haben: in der Sitzung der Französischen Geographischen Gesellschaft vom 7. Mürz wurde eine Mitthcilung von ihm über die Moi der Provinz Bien-Hoa, welche zwischen dem Donat und dessen Nebenflüsse Song-be wohnen, verlesen. Diese Mo! (der Name bezeichnet im Annamitischen überhaupt unabhängige Bergbewohner) zeigen starken annamitischen Einfluß; in ihrer Race sind Spuren von annamitischen, cambodjischeu, Penong- und selbst chinesischem Blute vorhanden. Sie glauben an böse Geister, denen sie bei jeder wichtigem Handlung eine Art Sühnopfer bringen; so erlegen sie kein größeres Stück Wild, ohne am Dache ihres Hauses ein Bündel Bambus- spähne aufzuhängen, dessen Größe sich nach derjenigen des getödteten Thieres richtet. Daran ist ein Bündel Holz be festigt, damit, wie sie sagen, sich der böse Geist das Thier kochen kann. Handelt es sich um einen Elephanten, so wird auch noch eine Art Krug hinzugefügt, damit der böse Geist nach solch gewaltigem Mahle seinen Durst stillen könne. Außerdem spaltet man das eine Ende einer Bambusruthe, steckt eine Düte von Blättern hinein und läßt darin Kohlen- stückchcn verbrennen; für einen Elephanten werden zwei sol cher Ruthen hergerichtet, für einen Hirsch oder Eber eine. Dieselben stehen in langen Reihen an den Wänden der Hüt ten, deren rauchgeschwärztes Dach mit jenen Bündeln und mit Reihen von allerlei Schädeln ausstaffirt ist. Ihre Hüt ten stehen auf sehr hohen (circa 2 Meter) Pfählen über dem Boden; die Wände derselben sind nicht senkrecht, sondern wie bei den Stieng von außen nach innen geneigt. Der so ge bildete dreieckige Raum ist mit Wandbrettern aus Bambus ausgestattet. Von Charakter sind diese Mol hundertmal bes ser, als die Annamiten, welche Güte als Schwäche auslegen und dieselbe zum Stehlen und Betrügen ausbeuten. An Waffen führen sie eine Armbrust mit gewöhnlichen oder ver gifteten Pfeilen und einen Hirschfänger, die Dorfhäuptlingc außerdem eine Waffe, die sie nie verläßt: eine breite, scharfe und sehr lange Eisenklinge, die in einer Scheide steckt, und deren Griff in eine lange, conische Eisenspitze ausläuft, so daß sie gleichzeitig als Handwaffe und zum Werfen dient. Mit ihr greifen sie die Elephanten an. Während der Regenzeit sind ihre Wälder unbetretbar sowohl wegen der Malaria, als wegen der zahllosen Blutigel, die mit dem schärfsten Gerüche ausgestattet sofort in Menge auf den Menschen loseilen und ihn schröpfen. Es genügt, fünf Minuten auf einem von Blättern und Zweigen gerei nigten Platze zu verweilen, um zu sehen, wie sie sofort von allen Seiten wie Spannraupen herbeikriechen und zeitweilig anhalten, um sich aufzurichten und Umschau zu halten. (Bergt, die Schilderung dieser Landplage in „Globus" XXVI, S. 59.) Asien. — Professor Ahlquist (s. laufenden Band, S. 15) hat in Begleitung der Studenten Böhm und Bergroth Helsing- fors am 24. Februar verlassen und die Reise zu den Ostjaken und Wogulen am Irtysch und Ob angetreten. — Im Maßstabe von 1:5060 hat ein Orientale einen Plan von Smyrna ausgenommen und veröffentlicht (klau äs Lm^rne, lovö st äresss par Uamso 8aack 1876, 8mxrns u. >Vsrtü). Der Autor kam, nachdem seine sämmtlichcn Familienglieder in den Metzeleien am Libanon im Jahre 1861 ihr Leben verloren hatten, mit Dr. Lorenz Reinke nach Deutschland und erhielt hier seine Erziehung. 1872 kehrte er nach dem Orient zurück und trat in den anatolischen Eisen bahndienst, welcher 1875 sistirt wurde. Seitdem war er in Syrien, Aegypten und Anatolien mit Privatarbeiten beschäf tigt, und aus dieser Zeit rührt auch der Plan von Smyrna her, der, bei Wagner u. Debes in Leipzig chromolithographisch ausgeführt, in höchst gefälliger Weise die bebauten und pro- jectirten Stadttheile, öffentliche Gebäude, Kirchen, Moscheen, militärische Baulichkeiten, Rninen, Gärten, Weinberge, Fel der, Wiesen, Sümpfe, Sand, christliche, mohammedanische, jüdische Begräbnißplätze, Steinbrüche, Gewässer, Straßen, Fußpfade, Dampf- und Pferdeeisenbahnen durch Farben und Signaturen unterscheidet. Der Autor denkt demnächst in den Orient zurückzukehren und, falls die finanziellen Mittel und die localen Verhältnisse es irgend thunlich erscheinen lassen, in gleicher Weise den noch viel interessantern Stadt- rplan von Damascus aufzunehmen. — Smirnow, der Botaniker der großen russischen Amu-Darja-Expedition des Jahres 1874, wird in diesem Jahre mit Hülfe der Petersburger Gesellschaft der Natur forscher eine botanische Reise nach Ferghana und der Pa mir unternehmen. (Nature.) — St. Petersburger Blätter melden die Rückkehr des LieutenantOpatzewitsch, welcher zwei Jahre lang die nörd lichen pacifischen Küsten von Sibirien ausgenommen hat. Nach Beobachtung des Venusdurchgangs machte er eine voll ständige und gründliche Aufnahme der Behring-Straße, wo bei er seine Lothungen über circa 16 Quadratgrade bis in das Eismeer und an die Eisbarriere heran ausdehnte. Mit Hülfe von 14 Chronometern hat er viele Längenbestimmun gen ausgeführt und die früher im Nordosten bestimmten Längen mit denen, welche unlängst vor dem Venusdurchgange im südöstlichen Sibirien mit großer Genauigkeit beobachtet worden find, in Verbindung gebracht. iNature.) — Unseren aus Potanin's Briefen geschöpften An gaben auf S. 239 entgegen berichtet die „Nature" (Nro. 386), daß jene Expedition durch den Beginn des Winters und die Verschneeung der südwärts führenden Gebirgspässe in Kobd o zurückgehalten worden sei und den Winter über sich mit ethnographischen und commerciellen Studien beschäftige. — Die Russische Geographische Gesellschaft hat nach „The Mail" (2t. März 1877) beschlossen, eine systematische Sammlung aller englischen, russischen und einheimischen Nach richten über die arischen Stämme am obern Oxus, im Hindukusch und westlichen Himalaya einschließlich derThüler des Indus, Kabul-Darja und Aarkand-Darja zu veranstalten. — Der russische Meteorolog Wojeikow ist von seiner mehrjährigen Reise um die Welt, welche ihn durch die euro päischen Staaten, Nordamerika, Südamerika, Indien, Cey lon, Java und Japan führte, nach St. Petersburg zurück gekehrt und wird dort an die Geographische Gesellschaft über seine Beobachtungen berichten. Die vorzüglich meteorologi schen Zwecken gewidmete Reise war besonders interessant in Japan, da Wojeikow dort noch nie von Europäern be suchte Gegenden berührte und werthvolle Nachrichten über die Ainos sammelte. Inhalt: Ariartc's Wanderungen in Dalmatien. V. (Mit zwei Abbildungen.) — Henry M. Stanley's Forschungsreise im central-afrikanischen Seengebiet. (Mit einer Figur und zwei Karten.) — Konrad Zacher: Kampf des Sommers und Winters II. (Schluß.) — Lieutenant Wheeler's geographische Expeditionen nach dem Südwcsten der Ver einigten Staaten. — Aus allen Erdtheilen: Dr. Harmand in Cambodja und Unter-Laos. -— Asien. — (Schluß der Redac tion 14. April 1877.) Die Redaktion übernimmt keine Verantwortung für die Zurückscndnug von unverlangt zur Recension eingesendeten Büchern. Redacteur: Dr. R- Kiepert in Berlin, S. W. Lindenstraßc 13, III Tr. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.