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282 Lieutenant Wheeler's geographische Expeditionen nach dem Südwesten der Vereinigten Staaten. Augenmerk auf die mineralogischen Vorkommnisse, Bergbau- und Agriculturverhältnifse zu richten, Analysen von Mineral quellen und Bodenarten zu licsern sowie Sammlungen an zulegen. Nebenbei wurde das ethnologische Interesse nicht vernachlässigt. Das zwischen der Rocky-Mountain-Kette in Colorado und der Sierra Nevada in Californien gelegene ungeheure Gebiet enthält nur zu einem sehr geringen Theil besiedelbares Land, indem die Tiefländer ein wüstenartiges Gepräge tra gen. Würden nicht zahlreiche hohe Gebirge, die zum Theile mit großartigen Wäldern bewachsen sind, jene Gebiete durch schneiden und Bäche und Flüsse herab in die Ebenen senden, so wären die besiedelbaren Strecken noch weiter reducirt. Vom oasenartigen Hochland findet ein allmäliger tlebergang zu Halbwüsten und echten Wüsten statt. Größere Wüsten- complexe sind die Painted Desert, Gila Desert und Mohave Desert. Wer nach dem Typus der Alpen seine Vorstellungen über die Gebirge des amerikanischen Westens modelliren wollte, würde unrichtige Eindrücke erhalten; denn während bei ersteren schon in einer mäßigen Seehöhe von 6000 Fuß die Waldungen dem starren Fels oder dem Gletscher weichen, fangen bei letzteren dann erst die Wälder an und werden bei steigender Seehöhe immer großartiger, bis bei 11,500 Fuß der Baumwuchs seine obere Grenze erreicht und die Natur zum zweiten Male den armseligen Charakter annimmt, den sie in den Tiefländern bereits hatte. Freilich sind in beiden Fällen die Ursachen der Vegetationsabnahme ganz verschie dene, das eine Mal zu niedrige Temperatur, das andere Mal zu große Trockenheit. Gletscher sucht man vergeblich; nur auf den nördlichen Theilen der Sierra Nevada kommen einige von geringer Ausdehnung vor. Es fehlt aber in keinem der höheren Ge birge an Anzeichen, daß sie in einer vergangenen Periode eine größere Verbreitung hatten. Das Nichtvorhandensein von Gletschern in der Jetztzeit ist wohl weniger den Tem peraturverhältnissen als vielmehr der großen Trockenheit der Atmosphäre und den unzureichenden Schneefällen zuzuschrei ben. Zahlreich sind die Anzeichen ehemaliger in jener Gletscherzeit existirenden Binnenseen sowie der größeren Aus dehnung jetzt noch vorhandener. So war der große Salz see volle 1000 Fuß höher, wie Ablagerungen der Umgebung andeuten. Unter den — im Verhältniß zu den zahlreichen Gebir gen — wenigen Seen ziehen die Salzseen unsere besondere Aufmerksamkeit auf sich. Ihr Hauptrepräsentant ist der große Salzsee mit 22 Proc. Salz, dann Sevier Lake mit 8 Proc. und Rush Lake. In Neu-Mexico findet sich ein Salzsee bei den Placers Mountains sowie südlich derZuni- Dörfer. Erwähnenswerth sind die sodahaltigen Seen in der Nähe der Ostabhänge der Sierra Nevada, nämlich: Mono Lake, Black Lake und Owens Lake, letzterer mit Uber 2 Proc. kohlensaurem Natron. Als abgeschlossenes Binnen becken verdient das sogenannte „Great Basin" Erwähnung, das einen Theil Californiens und Utahs und fast ganz Ne vada umfaßt, und dessen Wasserläufe keine Verbindung mit irgend einem sich in den Ocean ergießenden Hauptfluß ha ben, sondern entweder Seen ohne Abfluß bilden (Humboldt River, Owens River), deren Spiegel allein durch die Ver dunstung regulirt wird, oder im Sand versinken, bevor sie ein zur Secbildung passendes Becken erreichen, wie der Mohave River im südöstlichen Californien. Von den Strömen des Südwestens erreichen bloß vier eine größere Bedeutung, nämlich der Colorado, der Rio Grande, Gila nnd Pecos. Unter den kleineren Flüssen giebt es mehrere, deren Wasser durch einen Salzgehalt ganz un genießbar wird, z. B. der Salt River, ein Nebenfluß des Brazos im nördlichen Texas, und der Virgin River im südwestlichen Nevada, ein Nebenfluß des großen Colo rado. Sehr charakteristisch sind die zahlreichen Flußschluchten oder Klammen (Canon), welche die Wasser sich tief durch die Felsen geschnitten haben, und deren Entstehung auf die durch den Fall des Terrains vermehrte erosive Gewalt zurück geführt werden muß. Oefter kommt es vor, daß man auf dem Marsche iu der Ebene unerwartet vor einem senkrecht abfallenden tiefen Canon steht, auf dessen Grund das Agens seiner Bildung, das Wasser, vielleicht langst verschwunden ist. Nur bei starken Krümmungen ist die eine Wandung eine geneigte, und ein Uebergang ist bloß da möglich, wo zwei einander entgegengesetzte Krümmungen nahe bei einan der sind. Zu den merkwürdigsten Flüssen gehört unstreitig der Colorado, welcher kurz nach seiner Bildung aus Grand und Green River den berühmten großen Canon von 3000 bis 6000 Fuß Tiefe und 280 engl. Meilen Läng'e, durch das sich bis ins mittlere Arizona erstreckende sogenannte Colo rado-Plateau schneidend, dann auf seinem Laufe bis zu sei ner Mündung noch weitere sechs Canons bildet, wovon die größeren, Boulder- und Black-Canon, eine Tiefe von nahezu 2500 Fuß erreichen. In seine steilen Wände eingeschlossen ist der große Strom der Agricultur entzogen; erst unterhalb Fort Mohave, wo er weite Thaler durchfließt, zeigt sich der Nutzen seines einen rothen, befruchtenden Schlamm führen den Wassers. Dort bildet er eine herrliche Oase in der Wüste und ernährt den ackerbautreibenden Stamm der Mo- Have-Judianer. Da die Tiefländer des Südwestens von großer Trocken heit des Klimas zu leiden haben, so kann die Seltenheit von Quellen nicht überraschen. Manche derselben kommen aus bedeutenden Tiefen, wie ihre Temperatur darthut, einige er reichen sogar Siedehitze und nehmen im nördlichen Califor nien, in Montana und Idaho den Charakter der Geysirs an. Die Analyse jener heißen Wasser ergab theils bedeu tende, theils sehr geringe Mengen von Mineralsalzen. Spe- cielle Bemerkung verdienen einige heiße Quellen in der Coso- Kette im östlichen Californien, welche sich durch einen intensiv sauren Geschmack auszeichnen, der von freier Schwefelsäure herrührt. Diesen verhältuißmäßig seltenen Fall haben wir auch beim „Sour Lake" von Texas, dem Rio Vinagre in den Cordilleren Venezuelas und in den Budos-Gebirgen Ungarns. Vielfache Merkmale, wie Kieselsinter, Kalk- incrustirungen, Schweselablagerungen, Sodakrusten, lassen ahnen, daß ehedem das System der heißen Quellen noch viel ausgedehnter war wie gegenwärtig. Werfen wir einen kurzen Ueberblick auf die geologische Structur, so bemerken wir das Vorwalten der primären Formationen in den Gebirgen. Einige bestehen aus paläo zoischen Schichten, wie die Mogollon Mesa, ein Tafelgebirge Central-Arizonas, einige andere aus tertiären (in Utah). Den Kohlenkalk mit Spirifer und Productus treffen wir am Fuß fast aller primären Gebirge. Die Kreideformation erreicht ihre ausgedehnteste Entwickelung in den Ebenen östlich der Rocky Mountains, wo sie sich vom nördlichen Nebraska bis ins mittlere Texas erstreckt ^). Westlich der Rocky Mountains finden wir sie im nördlichen Neu-Mexico und Arizona sowie Theilen von Utah vor, während die Sedimcntär- gesteine des südlichen Neu-Mexico uud Arizona älteren For- Um die Geologie von Texas haben sich Römer und Rößler, um die Neu-Mexicos, Arizonas und Californiens be sonders Jules Marcou und K. Gilbert große Verdienste erworben.