Volltext Seite (XML)
Lieutenant Wheeler's geographische Expeditionen nach dem Südwesten der Vereinigten Staaten. 281 Der zweite Brief enthält einen Rückblick auf die For schungen im Gebiete zwischen den drei großen Seen ^). Mit Entschiedenheit nennt Stanley jetzt den Kagera-Fluß (Speke's Kitangule) den Hauptzufluß des Victoria-Nyauza und als solchen den wahren Oberlauf des Nils, denn er fand ihn 70, 80 und 120 Fuß tief, mit starker Strömung und 150 bis 200 Aards Breite; bei dem Laufe durch den auf 10 bis 14 Meilen erweiterten sogenannten Jngesi (Speke's Win- dermere-See) ist er noch 40 bis 60 Fuß tief. Seinen bis her für unbedeutend gehaltenen Quellsce, den Akanyaru, hat Stanley dagegen auf seiner Karte, theils nach eigenen Beob achtungen, theils nach zuverlässigen Angaben von Eingebo renen, als 40 Miles langes und 30 Miles breites Becken dargestellt, welches auf der Hochebene etwa in der Mitte zwischen Mwutan und Tanganyika liegt. Für diesen auch Nyanza-Tscha-Ngoma genannten See beansprucht Stanley den Namen Alexandra-Nyauza, als höchste bekannte Nil quelle, wie er auch den Kagera Alexandra-Nil benannt haben will. Von Norden her ergießt sich der auf dem 12,000 Fuß hohen Ufumbiro entspringende Nawarongo in den See, wäh rend von Westen der Oberlauf des Alexandra-Nils von noch unbekannten Quellen durch das große Laud Mkinyaga her kommt. Eine gebirgige Insel soll in der Mitte des Sees liegen, der in zwei Tagen gekreuzt werden kann. In zwei durch die Insel Ugufu getrennten Armen, deren nördlicher Ruwuwu heißt, ergießt sich der Alexandra-Nyanza in den Kagera und durch diesen in den Ukerewe. Somit müßte jetzt für den Nil nach Stanley's Angabe folgende Fluß- und 3 bis 4 (engt.) Meilen Länge vom See verschlungen worden ist." Ebenso bemerkt er S. 273 von den ca. 40' südlicher ge legenen Makak omo-Jnseln, daß sein Führer sich noch der Zeit erinnern konnte, wo dieselben mit dem Festlande zu sammenhingen. Stanley verwirft Burton's Erklärung des Seenamens aus dem Kisuaheli-Worte Kutschanganika („Mischung der Ge wässer"), sondern erklärt denselben aus den Kidschidschi-Worten: Kitonga (kleiner See) und Nika (Ebene), also: „der ebenenähn liche See." Ferner bemerkt er, daß nur die Bewohner der Ost- küste den Namen Tanganyika kennen; am Südende heißt er Dschomba, Riemba oder Liemba (Livingstone's Liembasee), d. h. See, auf der Westküste Kimana. „Ebenso wie die Wayanda alle großen Wassermengen als Nyanzas bezeichnen, nennen die Wadschidschi dieselben Tanganyikas." Sem-Kette angenommen werden: Der obere Alexandra-Nil entspringt weit im Westen, vielleicht in Nord-Manjuema, nordwestlich vom Tanganyika und fällt in den Alexandra- Nyanza (Akanyara), der sich durch den Alexandra-Nil (Ru wuwu , Jngesi, Kagera, Kitangule) in den Victoria- (Uker ewe) Nyanza ergießt, dessen Abfluß, der Victoria-Nil (Somerset-Fluß), durch den Ibrahim-Pascha-See hindurch in den Albert-(Mwutan) Nyanza fällt, um dann als wirk licher weißer Nil nach Norden zu strömen: ein Wassersystem, das vielfach an den St. Lorenz in Nordamerika mit seiner großartigen Seenkette erinnert. Weniger Vertrauen verdient dagegen die Nachricht, daß der Alexandra-Nyanza durch einen Sumpf mit dem 10 bis 15 Meilen südlich gelegenen Kivo-See in Verbindung stehl, welcher sich bekanntlich durch den Rusisi-Fluß in das Nord ende des Tanganyika ergießt, in welchem Falle gar Nil und Kongo aus gemeinsamen Quellen kommen würden. Als Stanley wieder in Udschidschi anlangte, fand er, daß unterdeß die Pocken daselbst ausgebrochen seien und täg lich 40 bis 75 der Bewohner — Araber sowohl als Ein geborene — hinrafften; auch die Expedition hatte bereits fünf Mann verloren, so daß Stanley sich entschloß, sobald als möglich den Ort zu verlassen, und zwar um nach dem schon von Livingstone und Cameron besuchten Nyangwe am Lualaba zu marschiren. Bei Schluß seines Briefes war er noch unentschlossen, ob er von dort nordöstlich zu den Quel len des Alexandra - Nils Vordringen oder den unterhalb Nyangwe noch ganz unbekannten Lualaba hinabgehen solle, was bekanntlich Cameron nicht gelang. Aus einem beigesügten Briefe seines weißen Begleiters Pocock vom 29. August erfahren wir noch, daß am nächsten Tage der Tanganyika nach Uguha gekreuzt, in 40 Tagen nach Nyangwe marschirt und dann 50 bis 60 Tage laug den großen Fluß hinabgegangen werden sollte, so daß genü gender Grund zur Hoffnung vorhanden ist, daß in nicht zu weiter Zukunft der kühne Forscher mit dem gelösten Räthsel der Kongo-Quellen an der Westküste herauskommeu und somit die großartigste je von einem Einzelnen unternommene Forschungsreise zu glücklichem Ende führen wird. Franz Birgham. Lieutenant Wheelens geographische Expeditionen nach dem Südwesten der Vereinigten Staaten ). Wohl keine andere staatliche Behörde hat in einem so kurzen Zeitraum — von Beginn dieses Jahrhunderts bis jetzt — eine so große Anzahl von Expeditionen ausgerüstet als das Kriegsministerium der Bereinigten Staaten. Theils hatten dieselben die Erforschung des Laufes von Strömen, theils das Auffinden eines neuen Handelsweges oder besiedcl- barer Ländereien zum Zweck, — in neuester Zeit aber eine systematische Vermessung der jenseits der Rocky Mountains liegenden Gebiete. — Als specieller Leiter dieser letzten Ex peditionen fungirte seit 1869 Lieutenant George M. Whee ler, ein auf der Militärakademie zu Wcstpoint ausgebildeter Offizier, welcher sich mit Lust und Liebe seiner Aufgabe wid met. Damit der Wissenschaft nach möglichst vielen Rich tungen hin Genüge geleistet werde, hat derselbe jeder von ihm ausgerüsteten topographischen Abtheilung noch Männer von naturwissenschaftlicher Bildung beigegeben, die ihrcBcob- Molm» xxxi. Nr. 18 achtungen in Form von Berichten während des Winters in Washington auszuarbeiten hatten. Behufs einer systematischen Bearbeitung theiltc Lieute nant Wheeler den westlich vom hundertsten Meridian liegen den Theil der Vereinigten Staaten in 95 Vierecke. Das Expeditionsgebiet umfaßte bis jetzt: Colorado, Neu-Mexico, Arizona, Utah, Nevada und das südliche Californien. Loew selbst war bei drei Wheeler'fchen Expeditionen 1873 bis 1876 bctheiligt 2), ferner bei einer andern nach Texas und dem Indianer-Territorium im Jahre 1872, und hatte sein U Vortrag des Dr. Oscar Loew in der Berliner Gesell schaft für Erdkunde am 6. Januar 1877; abgedruckt aus den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin Bd. IV, Nr. 1. 2) Die betreffenden Reifebefchreibungen finden sich in Peter- mann's Geographischen Mitthcilungcn 1873, «>. 453; 1874, S. 401, 453; 1875, S. 441; 1876, S. 209, 327, 410. 36