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258 CH. Hriarie's Wanderungen in Dalmatien. jetzt Lorbeer und Rebe. Es waren die Russen im Vereine mit Montenegrinern und Herzegowinern, welche im Jahre 1806, als der französische General Lauriston die Stadt be setzt hielt, Ragusa angriffen und im ganzen Umkreise der Stadt alles verwüsteten, niederbrannten und zerstörten. Die Einwohner flüchteten damals; als aber die Russen mit ihren Verbündeten abgezogen waren, da war die Bevölkerung durch die Zerstörung ihres Besitzstandes zu arm geworden, um ihre Häuser wieder aufzubauen, und so ist heute noch ganz Ragusa niit Ruinen zerstörter Villen umgeben. Wenn man auf der Bergfahrt die Hälfte des nur eine halbe Stunde langen Flusses hinter sich hat, so verschließt ein ungeheuerer Felsen, von welchem her die Ombla zu Thal fließt, die Aussicht. Man fragt sich vergebens, aus welcher Schlucht denn das Becken der Ombla sich hervorwinden könne; es ist eben Alles von zackigen Felsen, die einen wei ten Halbkreis bilden, eingeschlofsen, und nur aus der weißen Farbe des Flusses erkennt man, daß seine Wasser hier irgendwo mit Gewalt Herausbrechen oder durch eine Plötzlich verengte Schlucht gezwängt werden. Es scheint, daß Beides der Fall ist. Man sagt näm lich — und ich weiß nicht, ob irgend Jemand sich darüber Gewißheit verschafft habe —, daß der bosnische Fluß Tre- binschizza, welcher nicht weit von der österreichisch-türkischen Grenze sich in einen Steinschlund verliert, an der Sohle des Ombla-Thales wieder zu Tage trete i). Wie dem auch sei, so viel ist gewiß, daß es einen überraschenden Anblick ge währt, die schäumenden und tosenden Wassermassen aus tau send Ritzen und Sprüngen des nackten Felsen in gewaltiger Wucht mit schneeweißem Gischt herauskochen zu sehen, wie Das ehemalige Bencdictinerkloster auf Lacroma bei Ragusa. (Nach einer Photographie.) sie unmittelbar darauf in wilder Eile über die Räder der dort befindlichen Mühle stürzen, um dann beruhigt und ge klärt im majestätischen Laufe sich dem Meere entgegenzu rollen." Die Fahrt von Ragusa nach Cattaro nimmt auf einem Lloyddampfer 7 bis 8 Stunden in Anspruch; an schönen Herbsttagen, wenn die Sonnenstrahlen ihre sengende Kraft verloren haben und dem Reisenden den Aufenthalt auf Deck gestatten, ist namentlich ihr Schluß von der größten An ziehungskraft; denn so wie der Dampfer die Punta di Ostro umfahren hat und in die Bocche di Cattaro einlenkt, so entrollt sich vor dem Auge ein Landschaftsbild, das in seinem Wechsel, in seiner Lieblichkeit und seiner Großartigkeit als einzig auf Erden dastehend gilt. Allenfalls lassen sich die Buchten und Biegungen, welche die Salzfluth des Adria tischen Meeres dort erfüllt, mit den Armen des Luganer oder Comer Sees vergleichen und die Färbung der Land schaft mit derjenigen am Lago Maggiore; aber die Verhält nisse sind ganz andere, die Breite des Meerbusens ist zudem geringer, und kaum hat man solchen Vergleich angestelll, so bereut man ihn auch schon. Die Bocche, deren Namen (lloooa, — Mund, Mündung) wohl an die Vorstellung von einer Flußmündung anklingt, sind vielmehr eine gewaltige Höhlung, welche die Thätigkeit i) Es kann das nur ein Theil des Trebinschizza-Wassers sein, welches als Ombla wieder zu Tage tritt; der größere Theil verschwindet nach meilenlangcm nordöstlichen Laufe in der Ebene Popowo, kommt aber bald darauf wieder als Krupa zum Vorschein und ergießt sich dann oberhalb Mctkovich und Fort Opus in die Narent».