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Emil Schlagintweit: Die Völker Ost-Turkistans. len der Tunguska, ebenso wie die Fischotter. Der Vjelfraß ist sehr selten, ebenso der Wolf. Das tatarische Bisamthier ist nur von einer Stelle bekannt: am Flusse Dabüngna, einem Nebenfluß der Ilimpeja. Der Zobel ist sehr selten und findet nur am Flusse OwsakLn, im Gebirge Dabakit, Unjokan und N. Kürmoje Zuflucht. Nur Hermelin, Eich hörnchen und Bär finden sich überall, weniger oft Fuchs und Iltis; außerdem hält sich das Renthier in der ganzen nörd lichen Hälfte des Flußgebietes, auf dem linken Ufer von den Quellen der Kotschema an abwärts durch das Gebiet der Ilimpeja und Bidima hindurch und auf dem rechten vom Jjecko abwärts. Endlich zeigen sich in manchen Jahren Eisfüchse an der Tunguska und gehen bis zum 60. Grade aufwärts. Von Fischen finden sich im Oberlaufe: Rothfeder, Kaul bars, Barbe, Quappe, Forelle, Hecht, Ehairus, Alant, Gründling, Barsch, Bißker und Karpfen. Weiter unterhalb giebt es Tugun, Lcnok (8almo lonoo), Taimen, Rothfisch und Tschir. In den Uferseen finden sich sehr viel Ka rauschen. Die Völker Ost-Turkistans. Von Emil Schlagintweit. II. Ueber den District Lob, den noch kein Europäer betrat, und den in ihm liegenden Lob-See verdankt Dr. Bcllew einem Kalmäk - Händler aus Jangihissar, der diesen District regelmäßig zu bereisen Pflegt, ganz neue Einzelnheiten. „Der District Lob zu beiden Seiten des Tarim-Flusses ist eine Gegend weiter Sümpfe, die im Westen mit der Ber einigung der Flüsse von Kutscha und Kurla mit dem Tarim beginnen und sich auf eine Länge von 30 Tagereisen von Ost nach West bis zur Wüste Gobi fortsetzen. An der Grenze dieser Steppe jenseits der bewohnten Sumpfniede rungen liegt ein See, fünf Tagereisen im Umkreise, und die sem entfließt gegen Osten ein mächtiger Fluß („anä krom it a Arsab rivsr Asos out ko tüs oasb«). Der See liegt mit ten in einer Wüste weißen Sandes drei Tagereisen von den Lob-Ansiedelungen entfernt. Schaaren von Vögeln umflie gen den See und brüten hier; ihres Pelzes wegen jagt man den Pelikan (Karatschilan) und Schwan (Kodai), dieser wird in der ganzen Gegend nur hier angetroffen. — In ganz Lob ist kein Gebirge anzutreffen, die Flüsse und Sümpfe liegen zwischen Sandhügeln und Höhenzügen von Sand und Geröll, dazwischen breitet sich wellenförmig Sand aus; die Flußufer sind dicht mit Schilfrohr bestanden, denen Wal dungen von Pappeln und Tamarisken folgen, Weiden fehlen. Einige der Geröllhügel erheben sich bis zur Höhe der Hügel um Jangihissar (90 bis 180 Meter). Man gelangt in den District längs der ihm von allen Seiten zueilenden Flüsse; an den Rändern der Moräste und den sie verbindenden Flußrinnsalen sitzt die Bevölkerung. — Vor etwa 160 Jah ren wanderten in die Provinz aus der Nachbarschaft und bis vom Naryn-Flusse (jenseits des Thian-Schan) her Kirgisen und Kalmak ein. Die Zahl ihrer Familien beträgt jetzt an eintausend. Diese Einwanderer fanden ein anderes Volk vor; Niemand weiß, wer sie sind und woher sie kamen, Niemand versteht ihre Sprache; man nennt sie Jawa Kischi, „Wildes Volk«; ihre Nachkommen leben mit ihrem Vieh unter den wilden Thieren in den Dickichten und Dorn gebüschen in der Nähe der Moräste. Sie sind klein von Statur, tragen langes, geflochtenes Haar und scheuen die Gesellschaft anderer Menschen. Sie ziehen sich in ihre Rohrdickichte ängstlich zurück, sobald sie auf die Lob-Leute stoßen; sie sollen, wie diese, Boote haben. Ihre Wohnplätze sollen einige im Südosten dieser Sümpfe haben; man weiß nicht, welche Strecke sie hier einnehmen. Jedenfalls haben sie einen weiten Landstrich besetzt; ihre Zahl kennt man gleichfalls nicht, aber sie können nicht zahlreich sein, denn sonst würden sie die Mussalman-Eindringlinge zurücktreiben. Sie führen Bogen, Pfeile und einen langen Spieß, sind ausgezeichnete Jäger, aber furchtsam, wenn sie auf Menschen stoßen. Ackerbau treiben sie nicht, sondern halten nur Vieh; ihre Kleidung ist aus einem groben aber starken Stoff ge fertigt, Luf genannt, den sie selbst weben; die Lob-Einwan derer weben unter diesem Namen ein feines Zeng mit Mustern. Die mir vorgelegte Frage, ob der Name Lob aus Luf entstanden sei, kann ich nicht beantworten; möglich scheint mir die Ableitung. Das Luf-Zeug webt man aus den Fa sern der Toka-tschigha genannten Pflanze, die überall auf dem Sande, der die sumpfigen Niederungen umgiebt, wild wächst; dieselbe hat eine Blüthe und trägt eine Schote wie die wilde Lakritze in den Umgebungen von Jangihissar. Man erhält die Lus-Faser durch Abschneiden des Stieles hart über dem Boden, Abstreifen der Blätter und Einlegen in Wasser, wo sie bleiben, bis sie rösten; dann werden sie mit einem Schlägel bearbeitet und der Bast in langen Fasern abgezogen, dieselben in Bündel gebunden, und wieder in Wasser gewor fen, bis sie faulen und stinken, dann schlägt man sic wieder, bis sie in Faden zerschleißen; diese werden dann klar geschüt telt, in der Sonne gebleicht, endlich zu Faden gesponnen und zu Hemden wie Hosenzeug verwoben. Das Gewebe ist stark und schützt vor den Stichen der Mücken und Stechfliegen.« Eine andere interessante Völkerschaft hat sich ins an grenzende Maralbaschi gezogen, womit das Land zwischen Lob und Kaschgar bezeichnet wird; ein Besuch dieser Pro vinz, deren Hauptstadt sieben Tagereisen östlich von Kasch gar an der Karawanenstraße von Jarkand nach Aksu liegt, wurde Captain Biddulph gestattet i). Hier wohnen in einer Wüstenei mit spärlichem Graswuchs die Dolan (Dn- lan bei Shaw); sie werden von den Nachbarn — mit Un recht — den Kalmak beigezählt; denn sie sind wohl zweifel los Tibeter. „Physisch sind sie eine sehr schlechte Race und ihre geistigen Fähigkeiten sind äußerst gering. Sie sind niedrig von Statur, kürz von Gliedern; Stirn zurücktretend, Gesichtszüge tatarisch, Gesichtsfarbe dunkel. Im Ganzen gleichen sie den Bhot von Tibet, jedoch rasiren sie als Mo hammedaner den Kopf. Unter sich sprechen sie eine Nie mandem verständliche Sprache, sonst Turki. Sie sind furcht sam und ziehen sich ängstlich vor Anderen zurück; doch ist u S. Globus XXVI, S. 280, wo es heißt, daß die Dolanm als Nachkommen von Gefangenen aus dem Orus- und Jararteilandc angesehen werden. Red. 32*