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CH. Dri arte's Wanderungen in Dalmatien. 245 dem Alterthume her als Rest der einstigen Römersprache erhalten habe^); letztere ist durch die slavische Einwanderung völlig verwischt worden, und das Italienische der dalmati nischen Küstenstädte ist erst später von Neuem aus Italien selbst importirt worden. Der Charakter des Ragusaner Volkes ist in der Haupt sache derselbe wie der aller Dalmatiner; allein selbst der ra- gusanische Plebejer, so sehr er auch im Mittelalter unter dem harten Adelsregimente seufzte, hat einen gewissen Anstrich von Civilisaiion, welcher ihn und seine Wohnung über den Morlakcn erhebt, wie er denn auch einen Vergleich mit letz- term zurückweist. „Die Ragusaner Landgeistlichen — sagt F. Petter (Dalmatien II, S. 191) — sind alle der italienischen und lateinischen Sprache kundig und daher nicht mit den mor- lakischen Geistlichen in Parallele zu stellen. In Rücksicht der Moralität der Bewohner der Stadt Ragusa selbst kann ich nur Gutes sagen. Ich hörte während meines vierjähri gen dortigen Aufenthaltes niemals von einem Diebstahl oder Mord, welcher in dem Weichbilde der Stadt vorgefallen wäre, was ich von Spalato nicht sagen kann. In körper licher Beziehung ist der Ragusaner noch robuster als der Morlake, und ich sah deren viele von einem wahrhaft ath letischen Baue und von der ausdrucksvollsten Gesichtsbildung." Ein Ort von ganz eigenen: Gepräge, wo der Orient unmittelbar in das westeuropäische Leben hineinragt, liegt dicht vor dem Ploce-Thor: es ist Borg ho Ploce, das mit Trebinje und Ljubinje in der nahen Hertzegowina durch Straßen in Verbindung steht. Dort liegt die Karawanserai Die Karawanserai der Türken in Borgho-Ploce. der Türken, wo noch vor gar nicht langer Zeit strenge Qua- rantüncvorschriftcn gegen Einschleppung der Pest gehandhabt wurden, während die niedrigen Steinmauern heute nur noch den Zweck haben, einige Vorsichtsmaßregeln gegen die Rinder pest zu unterstützen. In friedlichen Zeiten — angcnblicklich mag das anders sein — stiegen dreimal in der Woche des Morgens oft bis ein halbes Tausend beladener Pferde mit ihren bewaffneten Herren und Knechten von dem Grcnzdorfe Bergato zum Meere hinab und brachten Brennholz, Holz kohlen, allerlei Lebensmittel, Wolle, Häute, Wachs, Schlacht vieh und andere Rohprodncte, während sie des Abends ge- ') Ragusa wurde 650 von dcu flüchtigen Bewohnern von Epi- dauros, dem heutigen Ragusa Vecchia, gegründet, welches ursprüng lich eine griechische und seit 1S4 v. Chr. römische Colonic ge wesen war. wohnlich mit Kochsalz, Kaufmannswaarcn, Zcnchen und Manufactnrwaarcn bepackt ihren Heimweg antraten. Von weit her kommen diese türkischen Unterthanen, natürlich Slaven dem Stamme nach, Mohammedaner aber oder Ka tholiken von Religion, von ihren Weibern und Mädchen be gleitet, deren buntfarbige Tracht sich scharf von derjenigen der Ragusanerinnen und der Frauen von Breno unterschei det. Selbst von Scutari, Nowipasar, Mostar, Fotscha und Serajewo trifft man dort Leute. Mitunter kommen auch fromme Alttürken, um sich in Ragnsa nach Alexandrien ein- zuschiffcn und von da Mekka zu erreichen. Das Stück Orient, welches man in Borgho Ploce sicht, ist malerischer als das Meiste, was die Maler in ihren Bildern ans Asien und Nordafrika dem Publicum vorzuführen pflegen. Der Türke — meint Uriarte — ist nicht malerisch oder, besser gesagt,