Volltext Seite (XML)
dieser Dörfer, Toa-sia, traf ich am 24. Februar ein und fand in dem presbyterianischen Missionshause daselbst freundliche Aufnahme. Der Dorfmandarin selbst übernahm die Sorge für meinen Tisch, und jeden Mittag und jeden Abend wurde ich in einer Art Procession zu ihm geleitet, wo ich seine ge sottenen Hühner und Enten und Ferkelbraten zu vertilgen hatte. Es war nicht so leicht, sich in das ernste und cere- monielle Wesen der Sek-Hwan hineinzufinden, und komisch genug, so allein und ernst dazusitzen und feierlich abgefüttert zu werden. Die Sek-Hwan weichen in ihrem Äußern mehr als alle anderen Stämme vom malayischen Typus ab, so daß man sogar ihre malayische Abkunft bezweifeln könnte, wenn nicht ihre Sprache wie ihr ganzes Wesen dem widersprächen. Im reifen Manne erkennt man kaum den Malayeu wieder, so scharf und energisch sind seine Gesichtszllge, so hoch sein Wuchs (im Mittel 67 Zoll englisch; doch sind viele über 70 Zoll hoch), so kräftig sein Körperbau und hell die Haut farbe. Der Kopf ist oval, die Stirn hoch, die Augen groß und gerade. Die Augenbrauen sind dicht, die Wimper lang; Haar- und Bartwuchs wie die Behaarung des Körpers sind stärker als bei Chinesen oder anderen Malayen. Die Nase ist zwar dick, aber nicht platt ; Mund und Zähne sind unge mein groß. So der reife Mann; aber Kinder, auch noch Jünglinge unter 20 Jahren, am meisten aber die Frauen, lassen keine Zweifel Uber ihren Typus auskommcn: sie sind reine Malayen, wenn man die Helle Hautfarbe und die gro ßen, vollen Augen nicht in Betracht nimmt. Hier war es übrigens nicht das erste Mal, wo ich die Bemerkung machte, daß nach Kreuzungen die Frauen weit reiner ihren ursprüng lichen Typus bewahren, als die Männer; und daß die Sek- Hwan einen guten Theil fremdes Blut aufgenommen haben, kann nicht bezweifelt werden. ES gehörte nämlich zum Co lonisationssystem der Holländer, sich mit den Eingeborenen der eroberten Länder ehelich zu verbinden, um sie fester an sich zu knüpfen. Das geschah auch auf Formosa. Auf einer kleinen Insel auf der Rhede von Kclong hat sich bis heute ein Häuflein Menschen (gewöhnlich auchPepo-hwan genannt) erhalten, deren Aeußeres keine Zweifel über starke Kreuzung mit der kaukasischen Race aufkommen läßt. Dasselbe läßt sich auch von den Sek-Hwan vermuthen. Einige alte hol ländische Documente, die bei ihnen gefunden sind, ferner ihr höherer Culturzustand, den sie schon behaupteten, noch ehe sie unter chinesischem Einfluß standen, widersprechen wenig stens dieser Annahme nicht, wenn sie auch unzureichend sind, um sie zu bestätigen. Den Taback zu bauen haben sie sicher von den Holländern und nicht von Chinesen erlernt; denn er heißt in ihrer Sprache Tamako, während das chinesische Wort dafür Hun oder Tscha-Hun ist. Ferner verfertigen sie aus einer Art Hanf ein festes Zeug, das seiner Dauerhaftig keit und Dichtigkeit wegen in ganz Nord-Formosa viel in Gebrauch ist, von Chinesen aber nirgends gewebt wird. Die Sek-Hwan rasiren den Borderkopf und tragen das Haar im Zopf. Ihre Kleidung besteht aus chinesischen Bein kleidern, Schuhen und einer eng-anschlicßendeu Blouse aus ungebleichtem Leinen, die an den Aermeln und oft auch auf dem Rücken mit Stickereien verziert ist (horizontale Streifen in Roth, Blau und Weiß, recht geschmackvoll ausgeführt). Die Frauen tragen das chinesische Costiim; nur ist ihre Haar tracht eine andere. Ein Theil des Haares wird nämlich auf die Stirn herabgekänunt und geradlinig auf der Höhe der Augenbrauen abgeschnitten; das übrige wird am Wirbel zu einem festen Knoten gebunden. Auf dem Kopfe tragen sie ein viereckiges schwarzes Tuch, dessen zwei Zipfel am Nacken leicht zusammengefaßt sind, so daß es eine Art Haube herstellt, die das Gesicht tief beschattet. Globu« xxxi. Nr. is. Die Sek-Hwan beschäftigen sich hauptsächlich mit Ackerbau. Außer Reis, Zucker, Areca und verschiedenen Früchten bauen sie auch Indigo, Thee und, wie gesagt, Taback. Außerdem gewinnen sie noch Kampher und liefern Kampherholz nach Tschang-Hwa. Die Sek-Hwan waren der letzte Stamm, mit dem ich in Berührung kam. Von Toa-sia aus wäre es zwar ein Leich tes gewesen, zu den Tsui-Hwan zu kommen, welche südlicher an den Ufern eines kleinen Bergsees leben und ebenfalls als ein friedliebender Stamm bezeichnet werden, doch meine Zeit erlaubte mir das nicht mehr; ich mußte nach Tam-sui eilen, uni nicht die seltene Gelegenheit per Dampfboot nach Hong kong zu kommen zu verpaffen. Die Tour von Toa-sia nach Tamsui war eine schauer liche. Schon am Abend des ersten Tages bewölkte sich der Himmel, und den nächsten Morgen begann der Regen, der mich die ganze Zeit, fünf Tage hindurch, verfolgte. Der schlüpfrige Weg, weit aus den Ufern getretene Flüsse, die zu durchwaten waren, und tausend andere Hindernisse mach ten die Reise durch den ohnehin öden Küstenstrich von Nord west-Formosa äußerst angreifend und langweilig. Die Nacht lager waren schlecht, weder wind- noch rcgensest, denn die Küstenbevölkerung lebt hier augenscheinlich in großer Ar- muth; eine Nacht mußte ich sogar auf dem Felde in einer verfallenen Capelle zubringen, nachdem ich vorher mit Hülse meines Regenmantels das Dach ausgebessert und das In nere derselben von Knochen und Schädeln gereinigt. Tag und Nacht durchnäßt und dem kalten Wind und Regen ent gegen legte ich täglich 18 bis 20 Meilen zurück, und nur dieser starken Bewegung verdanke ich es, daß ich nicht ernst lich erkrankte. Man kann sich daher denken, wie behaglich ich mich nach einer solchen Tour in Twa-tu-tia im Hause der Herren Brown L Comp. fühlte, deren Gastfreundschaft ich auch hier, wie in Tai-wan-fu, genoß. Twa-tu-tia ist ein Dorf einige Meilen von Tamsui fluß aufwärts, in der unmittelbaren Nähe der Theepflanzungen. Die europäischen Handelshäuser in Tam-sui haben hier ihre Agenten, welche den Thee einkaufen, trocknen und einpacken. Im Frühling, während der Thee-Ernte, ist es ein recht leben diger Ort, im Winter ziehen aber die meisten Europäer den Aufenthalt in Tam-sui vor. Nachdem ich mich in Twa-tk-tia ein wenig mit dem Theebetrieb bekannt gemacht, blieb mir nur so viel Zeit übrig, um den Keloug-Fluß hinaufzufahrcn und die Kohlenminen von Kelong zu besichtigen. Ich fand das Bergwerk dort noch ganz in primitivem Zustande. An einen geregelten Betrieb der Arbeit ist kein Gedanke; jeder, wer arbeiten will, bohrt sich dort ein Loch, wo er Lust hat, und verwirft es ebenso nach Gutdünken. Dies ist um so leichter, da die Kohlen plaste überall an die Erdoberfläche tritt, also der Anlage von neuen Gängen keine Hindernisse cntgegenstehen. Die Plaste hat eine Dicke von 25 bis 40 Zoll und fällt ab nach Süden unter einem Winkel von 15° bis 25°. Die Gänge gehen diagonal und sind etwa 3 bis 4 Fuß hoch und 2 bis 3 Fuß breit, so daß nicht über zwei Mann in einem der selben arbeiten können; zwei andere schaffen in einem Kar ren die Kohlen an die Oberfläche, von wo sie in kleinen Barken nach Kelong gebracht werden. Die chinesische.Ne gierung hatte die Absicht, den Kohleiibetrieb von Kelong zu heben, doch nach der Meinung eines englischen Ingenieurs, der zu diesem Behufe hergeschickt war, ist die Plaste zu klein, um die Ausgaben für Maschinerien und eine Eisenbahn, die von den Minen an den Hafen führen sollte, zu decken. An ders würde die Sache liegen, wenn in der Nachbarschaft mehr Kohlen ausfindig gemacht werden. Die Kohlen von Kelong sind gut, geben bloß 10 Procent Schlacke und kosten 30