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wärmer, und wieder will cs die Sitte, über welche sich auch die Chinesen der untersten Stände niemals hinwegsetzen, daß sich die Gäste gegenseitig davon vorlegen. Die Küche der Chinesen ist reinlich, wohlschmeckend und von unendlich größerer Mannigfaltigkeit als die unsere; die dortige Kochkunst ist uralt und der Chinese von Grund sei nes Wesens so sehr Koch, daß seine Erzeugnisse den Ver gleich mit den besten europäischen Leistungen aushalten wür den, wenn er etwa unter einem französischen Oberkoch arbei tete. Am beliebtesten sind in Peking folgende Speisen: in, Streifen geschnittene Schwalbennester mit Rührei (mäßig), Garnelen in Sauce (ziemlich gut), eingeschlagene Tauben- und Kibitzeier (sehr gut), Krabbenragout (sehr gut), Sper lingsmagen, Augen und Eingeweide vom Hammel in Knoblauchsbrühe (sehr gut), ein Gericht aus Eiern, Käse und gehackten Kräutern, Pasteten, fette Enten in Brühe (ausgezeichnet), Karpfen in pikanter Sauce mit Ingwer, gebratene Stinte (ausgezeichnet), gebratenes Huhn, Hammel mark (vortrefflich), Holothurien in Bouillon (scheußlich), Haisischflvssen (ein geschmackloser, unangenehmer Gallert), Bambussprossen und gezuckerte Wurzeln von Seerosen (leidlich). Eine bestimmte Aufeinanderfolge dieser Gerichte besteht scheinbar nicht; sondern man setzt davon möglichst viele zu gleich auf die Tafel. Die Hauptsättigungsgerichte werden meist zu der Zeit wie bei uns der Braten aufgetragen. Dann macht man eine kleine Pause, zündet sich seine Pfeife mit Taback oder Opium an, spaziert herum oder läßt be zahlte Musikanten oder Sänger von Ruf sich produciren. So hatte diesmal der Gastgeber vier Musikanten bestellt, welche im Hofe Platz nahmen. Ihr Repertorium stand auf einer langen Tafel von Elfenbein und wurde den Gästen Porcellanvasen aus der Zeit der Tsing-Dynastie. (Nach Photographien.) vorgelegt, damit sic sich ihre Lieblingsstücke aus den verzeich neten Liebesliedern, Trauergesängen, Heldengedichten u. s. w. auswählen konnten. Das Orchester bestand aus einer Vio line, deren Saiten in die des Bogens geschlungen sind, einer Clarinette, einer mit Schlangenhaut überspannten Guitarre und einer Art primitiven Klaviers, einem Schallbrett mit aufgespannten Saiten, welche mit zwei Hämmerchen ange schlagen werden. Doch war die Musik nur als Zugabe da und hinderte die Gäste keineswegs, Mora zu spielen. Die Chinesen spielen es nur mit einer Hand, statt mit beiden wie die Italiener, und sind Meister darin. Der Verlierende muß zur Strafe trinken. Als alle bestellten Gerichte erschienen waren und der Gastgeber Miene machte, neue kommen zu lassen, hatten sich die Gäste dem zu widersetzen und Reis zu verlangen, wel cher jede solche Mahlzeit beschließt. Jeder erhält davon eine Tasse voll; ist er nicht mehr im Stande, dieselbe zu leeren, so muß er das Zuviel herausnehmen lassen; denn es gilt für ungeziemend, auch nur ein Körnchen davon stehen zu lassen. Der Reis wird trocken oder mit etwas Wasser auf getragen; die Gäste würzen ihn sich mit den Saucenresten und legen, nachdem sie ihn verzehrt, ihre Stäbchen auf die Tasse. Wenn sie sich von der Tafel erheben, reicht man ihnen eine in heißes Wasser getauchte Serviette, um sich damit über das Gesicht zu fahren. Dies erzeugt ein ange nehmes, Europäern ganz unbekanntes Gefühl und vertreibt den Weindunst. Zum Schlüsse erscheint ein Tisch mit ge zuckerten Früchten und kochendem Thee, worauf man sich mit dem Versprechen trennt, sich am folgenden Tage wieder zu sehen. Es ist das wieder nur eine stets beim Verab schieden übliche Phrase, welche zu nichts verpflichtet. — Am dichtesten zusammengedrängt ist die Bevölkerung Pe kings im nördlichen Theile der Chinesenstadt, wo sich fast aller Handel concentrirt und einige Straßen dasselbe Ge-