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Paul Ibis: Auf Formosa. 151 Meile landeinwärts, und der frühere Hafen von Tai-wan-fu existirt nicht mehr. Erdbeben sind auf Formosa häufig, doch selten stark genug, um irgend welchen Schaden anzurichten. Die zwei Erdbeben, die ich während meines Aufenthalts auf der Insel verspürte, äußerten sich in einigen leichten, schnell auf ein ander folgenden Stößen, ohne von einem unterirdischen Ge töse begleitet zu sein. Die Küsten Formosas sind arm an Buchten. An der Westseite hat nur Ta-kao (22° 37' nördl. Br.) einen gu ten, leider aber zu kleinen Hafen. Derselbe wird durch ein langes, über das Wasser erhobenes Korallenriff gebildet, das sich parallel der Küste hinzieht und früher wahrscheinlich mit dem Ape Hill zusammenhing, jetzt aber von diesem durch eine 11 Fuß tiefe und gegen 300 Fuß breite Durchfahrt getrennt ist. Das solcherweise von der See abgeschnittene Becken mißt gegen sechs Meilen in der Länge und eine Meile in der Breite, hat aber nur in seinem nördlichen Theil, wo es einen kleinen Fluß aufnimmt, Wasser genug für Schiffe. Durch den Ape Hill und das ziemlich hohe Riff gegen die herrschenden Winde geschützt, ist Ta-kao zu jeder Jahreszeit ein sicherer Ankerplatz ^). Die Rhede von Tai-wan-fu ist vollkommen offen und unsicher; die Schiffe ankern da weit vom Ufer und die Landung kann nur auf Flößen be werkstelligt werden, weil der Strand selbst für Bote zu seicht ist. Au der Ostküste der Insel sind zwei kleine Buchten, welche nach Aussage einiger Mandarinen sich leicht und ohne bedeutende Kosten in gute Häfen umwandeln ließen. Es sind: Sau-oBay (24°37^/z'nördl. Br.) und Tschok-e-day (24° 7' nördl. Br.). Im Norden der Insel ist die tief in die Berge eingeschnittene und gegen alle Winde gedeckte Bucht von Kelong (25° 9' nördl. Br.) ein in jeder Hinsicht vor trefflicher Ankerplatz für Schiffe von mittlerer Tiefe; doch hat sie bisjetzt wenig Bedeutung für den Handel, da das dortige Kohlenbergwerk in einer zu primitiven Weise betrie ben wird, um viel für den Export bieten zu können; für die Ausfuhr der übrigen Producte des Nordens aber, wie Thee, Kampfer und Indigo, liegt T amsui weit bequemer. Die ser Hafen, oder besser die Mündung des Tamsui-Flusses, giebt der Bucht von Kelong in nichts nach, nur liegt an der Einfahrt eine Barre, welche bei der Ebbe nicht mehr als 7 Fuß Wasser hat (bei der Fluth indeß bis 21 Fuß). Im Südwesten der Insel eignet sich die Bucht von Long-kiau (22° 7' nördl. Br.) während des Nordost-Monsuns als Ankerplatz. Bon Flüssen sind nur zwei für die Insel von Bedeu tung: der Tamsui-Fluß im Norden und der Tang-kang- Fluß im Südweste». Der erste, der sich in der Breite von 25° 11' ins Meer ergießt, besteht aus zwei Armen — dem Toka-Ham und Sam-quai—,die sich etwa 10 Mei len vor der Mündung vereinigen und dann noch die Wasser des Kelong-Flusses aufnehmen. Beide Arme sind 30 bis 40 Meilen in ihrem Laufe für Boote schiffbar, daher wichtig für den Handel, besonders für den Kampferhandel, dessen Hanptqnelle in den Bergen liegt, aus denen sie ihren Ur sprung nehmen. Der Tang-kang-Fluß entspringt ans dem Gebirge Mittel - Formosas und zwar auch in zwei Armen, welche, durch eine Bergkette getrennt, parallel nach Süden der Ebene zufließen. Unter 23° nördl. Br., wo ich beide Arme im Mittlern Lause durchschritt, waren sie schon bedeu tende Ströme und trotz der trockenen Jahreszeit für Boote befahrbar; ihre Quellen muß man daher wenigstens 30 bis 40 Meilen nördlicher suchen. In der Ebene vereinigen sie sich und noch einige Nebenflüsse aufnehmend bilden sie einen i) S. die Abbildung ven Ta-kao „Globus" XXIX, S. 809. breiten, leider aber seichten Strom, der sich bei der Stadt Tang-lang (22° 28' nördl. Br.) in die See ergießt. Wäh rend der Regenzeit tritt der Tang-kang-Fluß aus seinen Ufern und überschwemmt in der Ebene einen Streifen Land von 4 bis 5 Meilen Breite, der durch die alljährlich hinter lassenen Sandmassen in eine Wüste verwandelt ist. Da diese Sandmassen zugleich das Flußbett verstopfen, so dehnt sich der Fluß mit seinen Ueberschwemmungen immer mehr und mehr in die Breite aus, wodurch in Tang-kang, das hart am linken Ufer liegt, in jedem Jahr eine Häuserreihe weggespült wird. Die übrigen Flüsse der Insel sind bedeu tungslos für den Handel; es sind meist Bergströme, die im Winter fast austrocknen, während der Regenzeit aber schnell und hoch anschwellen und jeden Verkehr hemmen. Das Klima Formosas ist bis zu 24° nördl. Br. tropisch. Es giebt hier nur zwei Jahreszeiten, eine nasse und eine trockene. Die erste beginnt im Mai mit dem Süd- west-Monsun und endigt im September mit Eintritt des Nordost-Monsuns. Sie bringt bei starker Hitze ungeheure Regenmassen, die sich in periodischen Güssen jeden Nach mittag entladen. Im Juli ist der Regen im Maximum seiner Mächtigkeit, worauf er an Stärke allmälig nachläßt. Vom September bis April währt die trockene Jahreszeit; es füllt dann buchstäblich kein Tropfen Regen, selbst keine Wolke trübt den Himmel, und die Hitze ist, bis März wenig stens, eine sehr erträgliche. Nördlich von 24° nördl. Br. hört diese Regelmäßigkeit auf. Dort bringt im Gegcnthcil der Winter viel Regen, während der Sommer verhältniß- mäßig trocken genannt werden kann. Man hat mir gesagt, daß es in Tamsui währcud der Wintermonate oft wochen lang ohne Unterbrechung regne und die Sonne Monate hin durch nicht zu sehen sei, was durchaus nicht unwahrscheinlich klingt, wenn man bedenkt, daß eS eben Nord-Formosa ist, welches während der Dauer des Nordost-Monsuns seine dichten Nebel über die ganze Formosa-Straße aussendei. In Folge dieser reichen Niederschläge ist die Vegetation auf Formosa eine sehr üppige: die gebirgigen Theile der Insel sind im Süden mit undurchdringlichem Dschungel be deckt, einem phantastisch von Lianen durchwobenen Wirrwarr der mannigfachsten Baumarten, riesiger Farren und Farren- bäume. Im Norden dehnen sich mächtige Kampferwälder aus, die kaum irgendwo ihres gleichen haben. Die Ebene ist einer der fruchtbarsten und cultivirtesten Landstriche, die ich je gesehen: Weizen, Mais, Reis und Zucker geben hier reiche Ernten; Ananas, Bananen, Ingwer, Mango, Oran gen und Citroueu, kurz die meisten tropischen und subtro pischen Früchte gedeihen vortrefflich; der Bambus schießt zu einer Höhe von 80 bis 90 Fuß empor und die zierliche Arecapalme wächst hier nicht minder üppig als auf den Sunda-Jnselu; die Kokospalme fehlt aber. Auch die Fauna Formosas scheint reich zu sein und soll einige selbständige Arten haben, z. B. einen formosanischen Hirsch, ein Schuppenthicr und einen Fasan. Schlangen und giftige Jnseeten sind schwach vertreten, letztere erscheinen nur während der Regenzeit. Fledermäuse und fliegende Hunde scheint es in vielen Arten zu geben. An Fischen ist besonders die Westküste reich. Eingcfiihrt sind aus China: der Büffel, wie es scheint auch das Schwein und der Hund. Das Pferd fehlt ganz. Die Producte, welche Formosa dem Handel liefert, sind bis jetzt Zucker, Thee, Neis, Früchte und Gemüse, Indigo, Kampfer, Oel, Hanf, Thierhäute und Hörner, Fisch, Sesam, Gelbwurz, Seegras und Agar-Agar, verschiedene Holzarten (besonders harte — lmrckrrooä) und Steinkohlen. Die Aus fuhr beläuft sich auf 2,000,000 Tael, die Einfuhr auf etwa