Volltext Seite (XML)
136 Hermann v. Schlagintweik-Sakünlünskit Topographische Skizze der Vegetationsgebiete Hochasiens rc. Das Gebiet zwischen dem Karakorum und dem Künlün ist hier ganz unbewohnt und zeigte sich sehr arm an Vege tation, wegen großer Erhebung bei großer Trockenheit. Am Nordgehänge desKüulüu haben die Verhältnisse des Klimas und der Vegetation sehr deutlich andern Charakter. Infolge vermehrter Feuchtigkeit und größerer Regenmenge findet sich dort gut entwickelte Grasvegctation noch oberhalb der Strauch- grenzc, während in den Hochwiistcn holzbildende Gewächse die letzten Formen sind, welche den Wirkungen nächtlicher Strahlung und heftiger Stürme Widerstand bieten können. Bewohnte Orte reichen auf der Nordseite des Künlün, bei einer Breite von 36 bis 36>/z"N., bis zu 9000 und 9500 Fuß Höhe; Weideplätze sahen wir mit Schafherden bis zu 13,000 Fuß bezogen. Verhältnißmüßig noch günstiger ist das Klima in den Borbergen des Noldrandes und in den ersten Stufen des Flachlandes von Türkistan. Doch schon in geringer Entfernung vom Gebirge zeigt sich der bei wei tem größere Theil Türkistans durch die Wüste Gobi bedeckt, in welche nur an den Ufern der Flüsse landschaftlich bemerk bares Auftreten von Vegetation etwas weiter noch sich vor schiebt; zum größten Theile wäre dasselbe auch in solchen Lagen noch weniger häufig und, besonders in seiner Breite, viel enger begrenzt, wenn nicht mit den Culturen der Be wohner die Bodenbewässerung ziemlich weit sich ausdehute. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist hier wie dem ganzen Nordrande Hochasiens entlang eine sehr geringe. In den östlichen Theilen sind die Bewohner Türkistans Mongolen mit vereinzelten türkischen Karawanenkaufleuten; die west lichen Theile sind ausschließlich von Türkis (arabischer Nace) bewohnt. Das Gebiet dieser letzteren dehnt sich noch weiter gegen Westen ans als die Karakorum-Kette und zieht sich dem Hindukush entlang noch fort; doch zerfällt es in zwei durch das fecundäre und langsam ansteigende aber wasscr- scheideude Gebirge des Bolor Tagh getrennte Reiche, inOst- turkistan, das hier vertretene längs des Karakorum- und KünlUn-Gebirges, und inWestturkistanft längs des Hiudukush- Gebirges. Ostturkistan, in das wir Uber die Karakorum- und über die Künlün-Kctte als die ersten Europäer Vordringen konn ten, erreichten wir 1856 und 1857. Die Provinzen dieser Landesregion nnd die Zeit des Sammelns betreffend sind noch die folgenden Daten bcizusügen. Im Sommer 1856 kamen wir — Hermann und Ro bert — am 9. August Uber den Karakorum, wobei der gleich namige Paß gewählt wurde, in das obere Garland. Am 23. August gelaugten wir mit Ucberschreitcn des Elchi-Passes des Künlün nach Khotan; Rückkehr nach Nubra über den Karakorum Paß am 4. September. Von diesen beiden im Herbarium vertretenen Provinzen liegt Khotan mit der Hauptstadt Elchi im südöstlichen Theile Türkistans, ist aber im Süden von der Kammlinie der Künlün-Kette, nicht von der Karakorum-Kelte begrenzt. Die Provinz Aarkand dagegen zieht sich bei Khotan eine Strecke weit von Südosten nach Nordwesten herab und liegt noch zwischen den beiden Kämmen; dann wendet sie sich, 0 Wcstturkistan ist seit einigen Jahren Provinz Rußlands ge worden, dessen Macht auch in den südlichen Theilen des centralen Asien stetig sich ausdchnt. — Durch dieses Gebiet und, nördlich von den Erhebungen des Karakorum und Künlün, über den Bolor Tagh, hatte Marco Pvlo's erste Europäer-Route nach Vorland im 1s. Jahr hundert geführt. Zu vergl. neue Abh. von I. V. Paquicr „Itinärniro Naroo koto", mit Karte, Lull. 8oo. cts WoZi-, 6o knris, Aug. 1876. Allgemeine vergleichende Daten über diese Gebiete mit wich tigen Erläuterungen sowohl der topographischen Verhältnisse als auch des Eulturzustandes und der politischen Stellung der Bewohner ent hält das Werk Friedrich von Hellwald's: „EeMralasicn. Landschaften und Völker in Kaschgar, Turkestan, Kaschmir und Tibet. Leipzig. Otto Spamer. 1875." die westlichen Ausläufer des Künlün eiuschließend, gegen Norden und bald darauf weit gegen Osten. Für den Karakorum auf der Mrkand-Seite liegen bei unseren Pflanzen nur solche aus den obersten Terraiustufen und aus deu mittleren Erhebungen vor. Westlich und nördlich von Narkaud folgen in Ostturkistan die Provinzen Tafhkurgan und KashgarH. Die erstere, von geringer Breite gegen Norden, ist im Westen vom Bolor- Tagh-Gebirge begrenzt, im Norden von Kafhgar. Die Provinz Kafhgar erstreckt sich im Westen gleichfalls an die Kammlinie des Bolor-Tagh, gegen Norden an jene der Thian- schan-Kette, gegen Osten und zum größten Theile gegen Süden ist sie durch die Provinz Hadland begrenzt. In unserm Herbarium sind diese beiden Provinzen nicht ver treten. Die erstere wurde überhaupt von keiner unserer Routen berührt. Nach Türkistan gelangte Apolph im Juni 1857, aber unter Umständen, die schon seit längerer Zeit Sammeln jeder Art unmöglich gemacht hatten. Die Wälle Aarkands erreichte er am 16. August; sein letztes Lager war am 25. und 26. August zu Kafhgar, 2 engl. Meilen südlich von der Stadt, aufgeschlagen. Im Jahre 1856 gehörte ganz Ostturkistan zum chiue- sischen Reiche, und Europäern, die als solche sich dort hätten zeigen wollen, wäre der Eintritt absolut verweigert wordcu. Im Frühling 1857 hatte Aufstand gegen China begonnen, und gegenwärtig ist Ostturkistan selbständig geworden unter eineni mussalmanischen Herrscher, dem Amir Mohammed Mkub Khan, der seinen Sitz in Kafhgar hat. lieber die Maxima der Erhebung im Künlün-Gebirge ist zur Zeit mit Bestimmtheit noch nicht zu urtheileu; doch lassen sich Höhen bis gegen 22,000 Fuß aunehmeu, da schon jetzt Gipfel bis an 21,000 Fuß ziemlich zahlreich bekannt sind und da wenigstens in den mittleren Theilen, und in Türkistan noch bis ganz nahe heran an das Ende im Westen, die Kammhöhe eine sehr bedeutende ist. Die Thalhöhe in jener Unterbrechung des Kammes, durch welche der Karakash-Fluß, Ost- und West-Künlün trennend, austritt, kann nirgend niederer als 11,400 Fuß sein; am Halteplätze Pilartakasch, schon ein wenig nördlich und thalabwärts davon, ist sie 11,396 Fuß. Aehnlich scheint auch die östlicher gelegene Austrittsstelle des Keria - Flusses gestaltet zu sein. Als Höhe des ober» Randes des Steppeulandes von Ostturkistan, das nördlich vom Künlün-Gebirge folgt, hat sich längs der Linie, welche die Hauptorte Elchi, Karghalik, Narkand und Kafhgar verbindet, zwischen 5000 und 4000 Fuß ergeben. (Der mehr als 12 Längengrade östlich von Kafhgar gelegene See Lop ist noch bedeutend niederer; für diesen wird die Höhe zu 2500 Fuß (?) angenommen.) — Zur Vervollständigung des topographische» Bildes und wegen der unmittelbaren Verbindung mit den Vegetations- Verhältnissen der Hochgebirge gebe ich »och aus der Erläu terung der „Localitäten« Zusammenstellung der Schnee grenzen für die Gebiete der drei Kämme Hochasicus, zu gleich mit den analogen Daten für die Alpen Europas. Die Höheu, die sich als Mittelwerthe für die Schnee grenze in den drei Hauptkelten ergeben haben, sind die fol genden: ft Die topographischen Daten über diese Theile Türkistans habe ich allgemein zusammengestcllt in dem Berichte „Die Pässe über die Kammlinic des Karakorum und des Künlün in Balti, in Ladak und im östlichen Türkistan. Nach unseren Beobachtungen von 1856 und 1857 und den neueren Erpeditionen." Abhandlungen der II. CI. der k. b. Akad. der Wiss. Bd. XII. Abth. I. S. 1 bis 116. München 1874. (Im Auszuge in „Ausland", Mai 1875.)