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122 Hermann v. Schlagintweit-Sakünlünski: Topographische Skizze der Vegetationsgebiete Hochasiens rc. zu bezeichnen uns begnügten, d. h. aus einer Zeit stammend, welche hinter dem Einfluß der römischen Provinzialcultur zurückliegt, eifriger nachzuspüren. Die Verwandtschaft oder Identität derselben mit gallischen Typen erkannt zu haben, genügt nicht; wir müssen begründete Antwort auf die Frage finden, ob dieselben Zeugnisse eines Handelsverkehrs mit gallischen Fabrikstätten oder eines Einflusses gallischer In dustrie auf die germanische, oder vielleicht Spuren von Co lonien gallischer Stämme inmitten der deutschen Wohndistricte sind. Von den Anthropologen ist keine Unterstützung bei der Lösung dieser Aufgabe zu erwarten, weil die Gräber, aus welchen diese Anticaglien gehoben werden, größtentheils die Ueberreste verbrannter Leichname enthalten. So weit uns bekannt, ist map sich überhaupt hinsichtlich der Schädelform der Kelten, Gallier und Germanen noch gar nicht einig. Broca schildert die Kelten (d. h. die zu Cäsar's Zeit in Südfrankreich ansässigen) als ein Volk von kleiner Statur, dunklem Haar und dunkler Hautfarbe. Das Bild, welches Bertrand nns nach Polybius, Livius, Plutarch und Pausa nias von den Galatern entwirft, zeigt uns Leute von hohem Wuchs, Heller Haut, blondem Haar und blauen Augen, Eigenschaften, die wir als exclusiv germanisch zu betrachten gewohnt waren. Aber wie unterscheiden sich denn überhaupt die Kelten und Gallier von den Germanen? „Vom vierten Jahrhundert v. Chr. an/' sagt Herr Bertrand, „ist der Name Kelten oder Keltike nur noch ein Begriff, welcher eine Menge kleiner Völkerschaften in sich begreift, etwa den Franken im Munde des Orientalen zu vergleichen. Ob diese Franken groß oder klein, hell oder dunkel sind, wo sie wohnen, welche Sprache sie reden: das weiß keiner zu sagen. Aehnliche Verhältnisse finden wir noch jetzt in Europa. Wir reden von der französischen, deutschen, englischen, italienischen Nation, aber diese Nationen umfassen ganz verschiedene, nur durch die Politik der Herrscher zu einer Gesammtheit ver schmolzene Elemente." Im Departement de la Marne sind bis jetzt 89 Gräber felder mit 3500 Grübern untersucht worden. Trotz diesem Reichthum an Material sagt Herr Bertrand uns nichts über die Schädelform der Gallier. Können wir aus oben ge nanntem Grunde von den deutschen Anthropologen keine Hülfe erwarten in der Aufgabe, die einstmaligen Eigenthümer der Waffen und des Kleingeräthes von gallischem Typns in norddeutschen und dänischen Gräbern festzustellen, so fällt dieselbe den Archäologen allein zu, welchen zu dem Zweck obliegt, nicht nur das arg zersplitterte, oft in kleinen städti schen und Privatsammlungen versteckte Material zu studiren, sondern auch durch umsichtige systematische Ausgrabungen zu mehren. Topographische Skizze der Vegekationsgebiete Hochasiens (nebst Bericht über Anlage des Herbariums). Von Hermann von Schlagintweit-Sakünlünski. l. Bemerkungen über das Sammeln. — Die Angabe des Auftretens nnd das Rnbriciren. — Die systematische Untersuchung. — Die Vegetationsgebiete Hochasicns: LandesregionI: Der Himalaya-Südabhang. — (In der Transscription lauten hier dic Vocale und die Diphthongen alle wie im Deutschen; von den Consonanten aber ist ch — „tsch"; j — „dsch"; sh — „sch"; z — weiches „s". — Die Höhen sind in „cngl. Fnß" gegeben. — In den „Rcsults" und in den „Reisen", sowie in meinen „Akademie-Mittheilungen" ist auch in jedem mehrsilbigen Worte die betonte Silbe mit dem Accente bezeichnet.) Die Beobachtungen über Vegetationsvcrhältnisse während unserer Reisen, wozu — großentheils längs getrennten Rou ten — meinen Brüdern Adolph und Robert sowie mir selbst vielfach Gelegenheit sich geboten hatte, werde ich in einem der später folgenden Bände der „Rosnlbs ok n soisntikio Nis- sion to Inckin unck Hi^li Tsin" i) vergleichend zusammen stellen; dieser wird auch die Ergebnisse der systematischen Untersuchung unseres Herbariums enthalten. Da letztere schon ziemlich weit vorgeschritten ist, hatte ich Veranlassung, nun in der königl. Akademie zu München U In Vot. VII der „Neuntes", behandelnd: X. Botanik; N. Zoologie. Es sind bereits publicirt Voi. I: Astronomische Ortsbestimmungen und magnetische Beobachtungen. Vol. II: Hypsometrie. Vol. III: Topographie des westlichen und nördlichen Hochasicn; philologisches Glossarium geographischer Namen. Vol. IV: Meteorologie I. Theil. Zu folgen haben, nebst dem oben erwähnten Bande, Vol. V: Meteo rologie 2. Theil. Vol. VI: Geologie. Vol. VIII: Ethnographie. Vol. IX: Geographische Schilderungen. Leipzig, F. A. Brockhaus, London, Trübner u. Comp. Vom Atlas, zu 120 Tafeln, meist landschaftlicher Ansichten, be rechnet, sind mit den ersten vier Bänden 43 ausgcgeben. Von den vier Bänden meiner deutschen dcscriptiveu Publikation: „Reisen in Indien und Hochasien", Jena, H. Costenvblc, sind bis jetzt Bd. I bis 3 erschienen. (Unter andcrm hatten auch die für das Fortschritten der Herbarium-Bearbeitung zu liefernden Daten den Abschluß etwas verzögert.) in Betreff des gesammelten Materiales „Anlage des Her bariums" H und „Klima der pflanzengeographischen Regio nen" 2) zu erläutern. Als charakteristisch für das Herbarium waren nebst dem Materiale und der Art des Sammelns auch die Terrain verhältnisse der durchzogenen Gebiete eingehend zu besprechen, da auch in dieser Beziehung, besonders für die Hochregionen, so viel des Neuen sich gezeigt hatte; jene topographischen Verhältnisse übersichtlich hervortreten zu lassen, wird specicll der Gegenstand der hier folgenden Mittheilung sein. EinHerbarium anzulegen war uns vor allem wich tig in Hochasien ^), welches von den Ketten des Hima- i) Abhandl. der II. Claffe der k. b. Akad. der Wiss. XII. Bd. III. Nbth. S. 133 bis 196. 2) Ebend. S. 197 bis 242. 3) Die Verhältnisse Ler Vodengestaltung enthält ausführlich Bd. II der „Reisen", 1872. VorauSgchend hatte ich in den „Sitzungs berichten" der k. b. Akad. der Wissensch. gegeben: „Erläuterung der Gebiete Hochasicns", 5. November 1870. Es sei dies spcciell erwähnt, weil noch immer so häufig auf Karten, wenn sie etwas allgemein gehalten und nicht ganz neuer Anfertigung sind (bei Venntzung von vorhandenen Steinen z. B.), einige Ortsnamen geändert sind, aber „Karakorum-Kette" ganz weg- gelassen ist. Auch dies ist sehr häufig noch, daß der Landesname „Tibet" gegen Norden und Osten über die waffcrscheidende Kette des Karakorum ausgedehnt wird, obwohl, wie von solch riesigem Grcnz- gebirge zu erwarten, die Trennnng zwischen Tibet nnd Ost-Turkistan