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Mit besoiulerer Derücksiclülgung i!er Antllroxologie unä t^tilnotog Begründet vvn Karl Andree. Verbindung mit Fachmännern hcrausgegeben von vr. Richard Kiepert. Braunschweig Jährlich 2 Bünde ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und PostanstalUn zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. 1877. Peking und U m g e b u n g. i'). Der kaiserliche Palast in Peking. Wenn heute Jemand von dem chinesischen Kaiser und seinem Palaste erzählt, so vermag er das Meiste nur aus Hörensagen vorzubringen; von eigenem Schauen ist da selten die Rede. Denn beide Dinge, Kaiser wie Palast, sind mit wenigen Ausnahmen gleich unzugänglich. Die erste dieser Ausnahmen inneucrer Zeit ereignete sich am 29.Jnni1873, und seitdem sind es im Ganzen dreizehn Personen, ausschließ lich Gesandte mit ihren Dolmetschern, gewesen, denen es ver gönnt war, dem Sohne des Himmels ein oder zwei Male auf die Dauer von fiinf bis sieben Minuten gegenübcrzu- stehen. Alles im Allem gerechnet hat der chinesische Hof seit den fünfzehn, sechszehn Jahren, seit welchen er zu den auswärtigen Mächten regelmäßige Beziehungen unterhält, für die Vertreter derselben noch keine volle Stunde von sei ner kostbaren Zeit erübrigen können. Ebenso unnahbar ist der Palast, welchen ein einziger Manu, der Kaiser, mit einer derartigen Menge von Frauen bewohnt, daß zu ihrer Bewachung fünf bis sechs Tausend Eunuchen erforderlich scheinen. Was man deshalb von dem Innern dieses Heilig thums weiß, sind lediglich Erkundigungen und Nachrichten, welche man einzelnen Verschnittenen verdankt. Wie schon früher erwähnt wurde, liegt in der Mitte der Mandschu- oder Tatarenstadt, der nördlichen Hälfte Pekings, die soge nannte „gelbe" «der „kaiserliche Stadt", welche ihrerseits i) Siche den Anfang dieser Schilderungen in Vd. XXX, S. 129, 145, 161, 177, 193, 209. ÜUcbuö XXXI. Nr. 8. wieder die unnahbare „verbotene Stadt", d. h. den laiscilichcn Palast (besser gesagt, die Paläste), umschließt. Derselbe hat sein Hauptthor, das „der großen Reinheit", un Süden dem Thore Tsien-men (s. Baud XXX, S. 179) gegenüber; nur vor dem Herrscher oder den Kaiserinnen öffnen sich seine drei Flügclthore. Davor liegt ein großer mit Zie geln gepflasterter und von einer Pallisadcnmaucr umgebener Platz, auf welchem rechts und links (westlich und östlich) zwei lange Gebäude stehen, welche einst verschiedenen amt lichen Zwecken dienten und jetzt in Läden umgewandclt sind. Einst machte die gelbe Stadt gleichfalls einen Theil des Palastvicrtels aus und wurde nur von kaiserlichen Beamten und von Hofbehörden bewohnt, in Folge dessen die dortigen Häuser sich durch Schönheit und besonders durch monumen talere Thore auszeichnen. Aber schon die vorletzte Dynastie gab diesen Stadttheil dem öffentlichen Verkehre frei und be hielt sich nur im Süden einen Theil davon zu einem mäch tigen Hofe vor, zn welchem man eben durch das „Thor der großen Reinheit" gelangt. Diesen Hof umgiebt im Süden, Osten und Westen dieselbe Art Mauer, wie sie die gelbe Stadt besitzt: aus Ziegeln erbaut, mit rothem Bewürfe und oben mit gelb emaillirten Fayenceziegeln gedeckt. Nördlich von diesem Hofe läuft der Wassergraben, welcher im Nord westen der Stadt bei dem bekannten Sommerpalaste ent springt nnd einerseits die Stadtgräben rings um Peking füllt m.dererseits d.c ganze Mandschn-, die gelbe und kaiserliche «tadt dnrchz.eht, indem er sich mehrfach zu seeartigen Tei- 15