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104 Petitot Uber die Eskimos am Mackenzie und Anderson. ten und sorgen für ihre Kranken. Von Kindsmord konnte unser Gewährsmann nichts bemerken. Von Krankheiten erwähnt Petitot: Lcibschmerzen in Folge großer Gefräßigkeit, Skropheln und andere Hautkrankheiten als Folge der ausschließlich animalischen Nahrung; bei den Frauen Augenkraukheiten, vom Rauch in den Hütten und Stimmlosigkeit. Das Christenthum haben die Tschiglit noch nicht ange nommen. Von den Frauen erzählt unser Gewährsmann, daß sie als Zeichen des Staunens oder der Verwunderung die Zunge ausstrecken; Bejahung drücken sie durch Nascn- rümpfen aus. Ihr Gesicht ist durch fünf oder sechs Striche am Kinn und zwei Striche an den Mundwinkeln tättowirt. Nicht immer verzehren die Tschiglit das Fleisch roh; doch ist ihr Geschmack so niedrig, daß sie den Fisch gleichviel ob roh, gekocht, gebraten, geräuchert oder verfault verspeise». Im Sommer sah Petitot nie etwas rohes verzehren, wohl aber im Winter, wenn Fcuerungsmaterial schwierig zu be schaffen ist. Vom Oktober bis zum Mai sind die Tschiglit seßhaft, Nomaden aber in der übrigen Zeit des Jahres. Ihr gan zes Leben dreht sich um die Jagd, den Fischfang und das Fangen der Pelzthiere, deren Felle sie an die Hudsonsbay- compagnie verkaufen. Die Pelzernte wandert, sowie es wär mer wird, nach dem Fort Mac Pherson, früher auch nach Fort Anderson, das aber seit 1866 von der Compagnie auf gelassen worden ist. Taback, Schießbedarf, allerlei Kurz- waaren, Feuerzeug, Kessel, Messer, Fallen sind die für das Pelzwerk eingehandelten Tauschwaaren. Dieser Handel be steht erst seit 1849; früher brachten die Tschiglit ihr Pelz werk den Tinnä, welche die eiugetauschten Waaren dann weiter brachten. Im Westen stehen die Tschiglit mit ihren Nachbarn, den Tareormüut, im Tauschverkehr; von ihnen er halten sie Taback, Pfeifen, Kessel, blaue und weiße Korallen, die von der BeringSstraße stammen; sie sind aus Europa durch ganz Asien hierher gewandert und von den Tschuktschen über die Beringstraße gebracht morden. Tauschhandelsplatz ist Barter Island (144" östl. Gr.). Die Schlitten, auf denen die Tschiglit sich hierhin begeben, und die von Hunden gezogen werden, gleichen ganz den nordasiatischen. Die Ku fen derselben werden mehrmals täglich mit Eis (durch Ueber- gießen mit Wasser) „verstählt". Um sich das nöthige Was- Facsimile einer Tschiglit-Zeichnung. Nach Petitot. ser zu verschaffen, durchbohren sie mit einem an einen Stiel befestigten Ochscuhorn die mehrere Fuß dicke» Eisdecken, eine mühsame und langweilige Arbeit. Statt am Ufer oder im Walde zu campiren, ziehen die Tschiglit eS vor, zwei oder drei Stunden mit dem Bau einer Hütte aus hartem Schnee (apuu iAlu) zuzubringen; der Bau einer solchen wird sehr eingehend und ausführlich von Petitot beschrieben und durch Abbildungen erläutert. Da derselbe jedoch aus arktischen Reisewellen hinlänglich bekannt ist, dür fen wir diese Beschreibung hier übergehen. Diese Schnee hütten heißen iKlo-i^orrrlr. Im Juni, wenn die Flusse eisfrei sind, begeben sich die Eskimos nach den Forts Mac Pherson und Anderson. Sie benutzen dabei ihre leichten ledernen Krajait (Sing. Krajak), während Frauen, Greise und Kinder in de» Umiait (Sing. Umiak) oder Weiberbotcn fahren. Diese dienen auch zum Walsischfang. Den Krajak H benutzen sie beim Fang der Bisamratten, Robben und Meerschweine (marsouin, also eine Delphinart). Ihre Waffe dabei ist ein Wurfspieß (LapotsoUin) mit beweglicher Spitze, die je nach der Größe i) So, oder vielmehr Krajak schreibt Petitot. Das wird sehr Auttural ausgesprochen. des Thieres verschieden ist. Das Ren stMta) und der Moschusochse (umimlnurir) werden mit Pfeilen gejagt. Fcnersteinflinten sind erst seit Kurzem und nur bei einigen im Gebrauch. Petitot erhielt von einem Eskimo am Anderson eine Büchse, auf welcher in Roth und Schwarz Jagdscencn mit über raschender Naturwahrheit silhouettenartig dargestellt waren. Oben steht ein Eskimo in seinem von drei Frauen geruder ten Umiak und harpunirt eine Bjeluga (weißen Wal), der schon eine Harpune erhalten hat, wie aus den Schwimm blasen, die ihm augehcftet sind, hervorgcht. Darunter ei» anderer Eskimo im Krajak, der ein verwundetes Meerschwein verfolgt, in dem eine Harpune steckt. Drei andere, schon erlegte, schleppt er im Wasser nach. Ganz unten ein dritter Eskimo, der einen Pfeil auf ein Nen abschießt. Ein In dianer vom Stamme der Tinnö wäre gar nicht im Stande, eine solche Zeichnung zu liefern. Bon Mitte Juni bis Mitte Juli gehen die Tschiglit dem Fange des Häring und Weißfischs in den zahllosen Canäle» des Mackenzie nach. Diejenigen, welche sie nicht gleich ver zehren, dörren sie über Feuer, oder machen sie in Schläuchen, die mit Delphinthran gefüllt sind, ein. Nach dem Fischfang folgt die Renthierjagd vom Juli bis iu deu August; zu die-