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96 Aus allen Erdtheilen. richtete, welcher ihm sowohl vom Nil als von Zanzibar her zugeschickt wurde, und Missionäre nach dem Victoria Nyanza abordnete. Eine Hauptaufgabe dieser Nyanza-Expedition war es zunächst, einen guten Verkehrsweg in das Innere des Landes zu ermitteln, und sie richteten ihre Aufmerksam keit zuerst anf dcn W ami-Fl uß, welcher Zanzibar gegenüber etwa unter 6" siidl. Br. mündet. Während sich Mr. O'Neill in Livingstone's Hause in Zanzibar einrichtete, unternahmen Lieutenant G. Shergold Smith und Hr. Mackay auf dem kleinenDampfboot „Daisy" die Erforschung des Wami, auf welchen als einen eventuellen Zugang znm Innern schon Speke, Grant nnd Stanley hingcwiescn hatten, nnd von wel chem vor einiger Zeit auf Bitten der „Church Missiouary Society" Sir Bärtle Frere einen Theil hatte aufnehmcn lassen. Sic verließen Zanzibar auf der „Daisy" mit 15 Mann Besatzung am 12. Juni 1876 und erreichten am fol genden Tage die Mündung des Wami, welcher 6 bis 7 Fuß tief war nnd eine Strömung von 2^/g cngl. Meilen, an en gen Stellen und Biegungen von 3 bis 3H^ Meilen besaß. Sie drangen etwa 65 cngl. Meilen aufwärts, befanden sich aber an ihren: fernsten Punkte nur 25 cngl. Meilen von der Müudnüg entfernt, da der Flußlauf ungemein gewunden und voller Biegungen und Schlinge» ist. Hier und da wird er anch durch Baumstämme versperrt. Das Land am Ufer wurde uach oben zu anscheinend dichter bevölkert, obwohl nirgends größere Dörfer sichtbar waren, sondern nnr kleine, sowie Mais- und Znckerrohrfeldcr. Bei den unanfhörlichen knrzcn Windungen, welche die Beschiffung nugemein schwierig machen, verging dem Lieu tenant Smith und Mr. Mackay schließlich die Lust am Aufnehmcn der Details, und sic begnügten sich, die allgemeine Richtung des Flusses fcstznstcllcn und täglich an drei Punk ten die geographische Länge und Breite zu beobachten. Zwan zig Meilen Fahrt brachten sie kann: zwei Stunden wirklicher Entfernung vorwärts, nnd so viel sie von den Eingeborenen, die sic zum Einkäufen von Hühnern, Ziegen und Schafen anfsuchtcn, erfahren konnten, ist nie Handel auf den: FInsse getrieben worden. Denn in der Regenzeit ist es ein reißen der Strom, stellenweise 20 Fuß tief und über 360 Fuß breit; zur Zeit seiner Erforschung sinkt er auf 6 bis 7 Fuß Tiefe und 150 Fuß Breite; sechs Wochen später ist er fnrthbar Und bildet dann eine Reihe von Tümpeln, auf denen selbst das kleinste Boot nicht vorwärts dringen könnte. An: zweiten Abende ihrer Fahrt auf dem an Flußpferden überreichen Gewässer erreichten sic das kleine Dorf Gamba (6» 5' siidl. Br., 38» 45' östl. L.); an: Vormittage des 15. Juni zeigten sich die ersten Berge, und sie befanden sich nm Mit tag in 6° 12' siidl. Br., 38» 41' östl. L. Das Thal wird enger, der Fluß tiefer und die Landschaft von entzückender Schönheit; aber die zahlreich sich zeigenden Eingeborenen weigerten sich fortwährend, den Fremden Lebensmittel zu verkaufen. Smith wurde vom Fieber ergriffen, der Mann schaft knnrrte der Magen, und diese Sachlage änderte sich auch an: folgenden Tage nicht, sondern erst am 17., wo der Häuptling Gululiansy von Bomany ihnen eine Ziege und etwas Neis sandte. Weder erschien aber dieser selbst noch wollte er den Besuch seines Dorfes und die Weitcrfahrt für weniger als 50 Doll. Tribut gestatten. Nach dreitägigen Verhandlungen wurde also am 19., da Lieutenant Smith wiederum heftig erkrankte, das Heizmaterial nichts taugte, Kämpfe mit den Eingeborenen zu befürchten waren und der Wami sich schon als nicht schiffbar hcrausgestellt hatte nnd rasch fiel, die Rückfahrt von Bomany (bestimmt zu 6» 16' 30" siidl. Br., 38» 38' östl. L.) aus angctreten, welche in: Ganzen nnr neun Stunden in Anspruch nahm. An: 23. waren sie wieder in Zanzibar, wo inzwischen die anderen Theilnehmer an der Expedition (Rev. C. T. Wilson, Dr. I. Smith, Mr. I. Robertson, welcher schon am 5. August in'Zanzibar starb, Mr. W. M. Robertson und Mr. G. I. Clark) ein- gctroffcn waren. Am 7. Juli begaben sich O'Neill, Macka» und Clark, an: 9. der noch immer kranke Lieutenant Smith von Zanzibar hinüber nach Bagamoyo auf das Festland, von wo Mackay in Begleitung des Viceconsuls Holmwood, dessen Kenntniß des Volkes und der Kisuaheli-Sprache von großem Nutzen war, den in der Nähe mündenden Kin- gani-Fluß untersuchten. Sie blieben mit der „Daisy" vom 7. bis zum 27. Juli fort. Der Kingani war zwar, so weit sie vordrangcn, schiffbar, aber fast noch mehr gewunden als der Wami, so daß die kleine „Daisy" selbst noch zu lang für die scharfen Krümmungen sich erwies. Die zahlreichen Baum stämme im Flußbett erschweren überdies das Steuern sehr, und einer derselben that den: Schiffe einigen Schaden. Der Plan, eine Wasserstraße ins Innere zn benutzen, wurde mit hin ganz anfgegeben. Die Znrückgeblicbencn hatten inzwischen in Bagamoyo ein Haus gemicthct, Träger cngagirt und die Lasten gcpackt, nnd noch vor der Rückkehr der „Daisy" hatte Lieutenant Smith in der festen Ueberzcnguug, daß der Kingani gleich falls unbrauchbar sei, am 14. Juli die erste der drei Par tcicn, in welche sich die Gesellschaft getheilt, nämlich O'Neill, Clark und 50 Träger, in das Jnucrc nach der Landschaft Usagara abgesendet. Dort, auf den: über 6000 Fuß anstei genden Mpwapwa-Gebirge, 200 engl. Meilen von der Küste, soll eine Zwischenstation zwischen den: Victoria-See und der Küste errichtet werden. Die zweite Abtheilnng, bestehend aus Rev. Wilson, W. Robertson nnd 110 Trägern, brach am 30. Juli auf, die dritte und letzte (Dr. Smith und Mr. Mackay) zu Anfang September, mit Empfehlungsbriefen des Sultans von Zanzibar an die Häuptlinge des Innern, bei denen der Name dcs Snltans bekanntlich in hohem Ansehen steht, so wie an die Könige Mtcsa nnd Rnmanika versehen. Lieutenant Smith war der letzte, welcher die Küste verließ. In der ersten Hälfte des October hatten alle Mpwapwa erreicht; sie wurden von dem dortigen „Sultan" freundlich ausgenommen nnd haben die projectirte Station erreicht. Es ist anßerdcm Hoffnung vorhanden, Mpwapwa ohne allzugroße Schwierig keit durch eine brauchbare Straße nach Bagamoyo oder Saa- dani (4 engl. Meilen nördlich der Wami-Mündung) an der Küste zu verbinden. Die „London Missionary Society" nämlich, welche dasselbe Ziel der Erschließung des Innern verfolgt nnd den Tanganyika-See als ihr Arbeitsfeld sich erwählt hat, hat cs, während die „Church Missionary So ciety" eine Wasserstraße anfzusuchcn sich bemühte, mit den: altgewohnten Ochscnwagen versucht, und dabei hat ihr Beauf tragter, Mr. Robert Price, gefunden, daß der Weg von Saadani längs dem nördlichen Ufer dcs Wami nach Mpwapwa nicht durch die gefürchtete Tsetsefliege unsicher gemacht werde. Mr. Price hat genaue Mittheilungeu über diese Route an seine Gesellschaft gesendet, und dieselben sind den Reisenden in Mpwapwa von der „Church Missionary Society" zugleich mit der Anweisung mitgetheilt worden, ihr Möglichstes für die Fahrbarmachung jener Straße zu thun. Sind die Ochsen wagen erst einmal in Mpwapwa, so befinden sie sich auf der ausgedehnten Hochebene nnd können ohne weitere Schwierig keiten Unyanyembe und den Victoria Nyanza erreichen. Es besteht die Absicht, diese Straße, welche dem Sklavenhandel in jenen Gegenden den Todesstoß (?) versetzen würde, nach ihrer Fertigstellung dem Sultan von Zanzibar zur Beschützung anznvertrauen. Die „Church Missionary Society" hofft, daß im kommenden Juni schon ihr kleines Dampfboot auf den: Victoria Nyanza schwimmen werde, vorausgesetzt, daß ihre Expedition nicht auf erustliche Hindernisse stößt. (Nach Mio lüllurall Vlissionur> IntsIIiAonosr ancl Ksoorck. 1876. Voll 1, Nr. 8 — 12.) Inhalt: Eine Reise in Griechenland. (Nach dem Französischen dcs Hrn. Henri Belle.) IV. (Mit vier Abbil dungen.) — Die Eingeborenen dcs östlichen Neu-Guinea. Nach Dr. Comrie. — Schluß von Dr. Finsch's Forschungsreise in Westsibirien. III. — Die polnische Schweiz. Von C. Petzet. — Aus allen Erdtheilen: Bcstandtheile der Bevölkerung von Marokko. — d'Albertis' zweite Reise auf dem Fly-Flusse in Neu-Guinea. — Die Nyanza-Expedition der „(Rural: Vlissionarz: öooistz'". — (Schluß der Redaction 13. Januar 1877.) Redacteur: Dr. N. Kiepert in Berlin, S. W. Lindenstraßc 13, III Tr. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Hierzu eine Beilage: Prospectus über: Die Natur. Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntniß und