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großen Theile erheben, oder an anderen Theilen der atlan tischen Küsten, ebenfalls häufige, ja noch häufigere Staub fälle vorkommen als an der Westküste Afrikas? Aber ge rade das Gegentheil entspricht den thatsächlichen Beobach tungsresultaten. Je weiter nach Westen vom Dunkelmeere, also von der westafrikanischen Küste entfernt, desto seltener werden die Staubfälle, ihr Staub feiner und schließlich hören sie gegen die amerikanische Küste hin ganz auf. Die Gründe, die Ehrenberg anführt für das häufige Sinken des Staubes im Dunkelmeere, nämlich die heiße Atmosphäre in den oberen Luftschichten, scheinen zur Erklärung nicht ge nügend, zumal diese Gründe wohl dieselbe Gültigkeit auch für andere äquatoriale Regionen des Atlantischen Oceans be anspruchen können, in welchen keine Staubfälle Vorkommen. Werfen wir nun aber noch einmal einen Blick auf unsere Tabellen über die Windrichtungen auf den Capverdischen Inseln und die ihnen entsprechenden Windrosen und sehen, mit welcher Stetigkeit und Energie der Nordostpassat mit seinen Abweichungen nach Nord und Ost, also die direkt von dem nahen Afrika kommenden Winde im Dunkelmeere herrschend sind, so drängt sich uns schon von selbst als die einfachste und natürlichste Lösung dieser Frage auf, daß wie dieses Hellmann in bestimmter Weise und in Uebereinstim mung mit anderen namhaften Naturforschern ausgesprochen und nachzuweisen gesucht hat, in Afrika und zwar haupt sächlich auf den Sandflächen der Sahara und in der Küsten region der fast alleinige Ursprung der Staubregen des Dunkelmeeres zu suchen sei. An der Hand dieser Annahme erklären sich fast alle Erscheinungen des Meteorstaubes im Dunkelmeere leicht-und ungezwungen, während dieselben der Ehrenberg'schen Hypothese einer von anderen Theilen der Erde zugeführten feinen Staubzone in den höheren Luft schichten sich gar nicht oder nur widerwillig und mit Hilfe neuer Hypothesen fügen. Eine Hauptstütze, ja vielleicht die erste Veranlassung zur Aufstellung seiner Hypothese waren sür Ehrenberg die Befunde der ihm zugekommenen Proben aus Staubfällen im Dunkel meere. Sowohl die meistens röthliche Farbe des Staubes als das ihn bildende Material schienen ihm nicht für einen Ursprung desselben aus Afrika resp. aus der Sahara, sondern mit Bestimmtheit aus anderen Theilen der Erde zu sprechen. Was den erster» Punkt, nämlich die Farbe, betrifft, so hat schon G. Hellmann in der erwähnten Abhandlung darauf aufmerksam gemacht, daß Ehrenberg seine Beobachtungen eines Theiles der Libyschen Wüste auf die in mancher Be ziehung sehr verschiedene westliche Sahara überträgt, daß in dieser letzter» häufig eine röthliche Färbung der Ober fläche konstatirt sei und daß vor Allem der Staub, er möge Herkommen, woher er wolle, auf seinen weiten Wegen durch die Atmosphäre verschiedenen, chemisch und mechanisch aus ihn einwirkenden Einflüssen und somit auch mannigfachen Veränderungen seiner Farbe ausgesetzt sein könne. Hierzu tritt noch die Erwägung, daß diejenigen Staubfälle, die in der Nähe der im Dunkelmeere gelegenen Inselgruppen (Capverden, Canaren) oder auf diesen selbst beobachtet wur den, auch terrestrische Bestandtheile der zum Theil mit röthlichem und mannigfach gefärbtem vul kanischen Aschenstaub bedeckten Inseln selbst enthalten konnten, wie dieses wohl nicht unwahrschein lich ist für die an und auf den Capverden und den Canaren beobachteten Staubfälle und die diesen entstammenden und von Ehrenberg untersuchten Staubproben. Was den zweiten Einwand Ehrenberg's gegen die Her kunft des „Passatstaubes" aus Afrika betrifft, so gründete sich derselbe auf die mikroskopische Untersuchung der Staubproben, in denen er zwar sehr verschiedene und auf verschiedenen Erdtheilen verkommende Organismen fand, aber keine eigentlichen afrikanischen „Charakterformen", andererseits aber, wie schon früher erwähnt, solche, die mit Organismen übereinstimmten, die er in Erdproben aus Südamerika, insbesondere aus Guiana, nachgewiesen hatte. Außerdem machte er geltend, daß auf den weiten wasser losen Sandflächen der Sahara wenig organisches Leben ent wickelt sei, während dem Passatstaube des Dunkelmeeres stets zahlreiche und mannigfaltige organische Formen bei- gemeugt seien. Bei aller Anerkennung der Verdienste Ehrenberg's um die Erforschung mikroskopischer Organismen und namentlich seiner hohen Autorität auf dem Gebiete der systematischen Kunde der kleinsten Lebensformen glaube ich doch mit Zuversicht aussprechen zu dürfen, daß es heute noch unmöglich ist, ein sicheres Urtheil über die besondere geographische Verbreitung dieser Formen über unsere Erde zu fällen, und z. B. diese Formen für afrikanische, jene als amerikanische, europäische, asiatische u. s. w. zu erklären. In den großen Arbeiten Ehrenberg's, wie sie sich uns in seiner Mikrogeologie, sowie auch in den für die vorliegenden Fra gen über den „Passatstaub" gesammelten Materialien dar stellen, sind vielleicht reiche Fundgruben für spätere For schungen auf dem Gebiete der geographischen Verbreitung mikroskopischer Organismen, insbesondere der Diatomeen und beschälten Rhizopoden, Uber unsere Erde gegeben, aus ihnen aber jetzt schon bestimmte Schlüsse in dieser Rich tung ziehen zu wollen, halte ich sür unzulässig, wenn man sich nicht großen Jrrthümern aussetzen will. Die Unter suchungen Ehrenberg's betreffen doch immer nur einzelne kleine Erd- oder Staubproben aus verschiedenen Theilen der Erde, aber was bedeuten die Befunde in denselben gegen die unendliche Fülle jener mikroskopischen Organismen, die unsere Erde in allen Höhen und Tiefen, im Trocknen und Feuchten, Warmen und Kalten bevölkern? Diejenigen organischen Formen, die sich heute in einer oder auch in hundert verschiedenen Erdproben aus Afrika finden und die man vielleicht sür afrikanische Charäkterformen glaubt an sehen zu müssen, können morgen in denselben Formver hältnissen und derselben Häufigkeit in Proben aus Amerika oder Asien u. s. w. und umgekehrt auftreten. In neuerer Zeit ist von einem amerikanischen Naturforscher ein ausge zeichnetes auf gründlicher Detailforschung beruhendes und reich ausgestattetes Werk über die Süßwasser-Rhizo- poden Nordamerikas H veröffentlicht worden, in dem wir zu unserer Ueberraschung mit völliger Sicherheit fast alle diejenigen Formen dieser interessanten Organismengruppe, die wir bisher als europäische kennen gelernt hatten, wieder finden, und ich glaube zuversichtlich, daß bei einer noch ein- gehendcrn vergleichenden Untersuchung sich eine nahezu voll kommene Uebereinstimmung der europäischen und nordameri kanischen Arten ergeben würde. In der That leitet uns schon die Betrachtung der nicht zu bezweifelnden Thatsache, daß durch Passatwinde und überhaupt durch starke und konstante Luftströmungen niedere Organismen oder deren Keime von dem Orte ihrer Entstehung weit über Land und Meer fort geführt und so ausgebreitet werden können, naturgemäß zu der Annahme, daß jene niederen Organismen keine Formen regionen bilden, wie wir sie für höher organisirte Wesen als Faunen- und Vegetationsgebiete mit größerer oder ge ringerer Schärfe abgrenzen können, daß vielmehr einem großen, vielleicht dem größten Theile derselben eine überaus weite Verbreitung über unsere Erde zukommt, ja daß sehr viele Kosmopoliten sind, die überall da auftreten, wo unter ckosspll llsiä^, l^rssü-watsr llbmopoäs ok kiortll >Vasüington, 1879.