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Wit besonderer Herücbsichtigung der Anthropologie und Ethnologie. Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegebcn von Braunschweig Dr. Richard Kiepert. Jährlich 2 Bände ü 24 Nummer». Durch alle Buchhandlungen und Postanslaltc» 1882 zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. Samurzakan und Abchasien. (Nach dem Französischen der Madame Carla Serena.) V. (Sämmtliche Abbildungen, wenn nicht anders bezeichnet, nach Photographien der Madame Carla Serena.) Von Tskurtscha, dem Hafen von Atara, dessen Stelle einst das griechische Dioskurias einnahm, bringen kleine Küstenfahrzeuge den Reisenden in einer Nacht nach Su- chum-Kale, der modernen und civilisirten Hauptstadt des sonst so zurückgebliebenen Abchasien, bei deren nachfolgen der Schilderung die Verhältnisse des Jahres 1876 zu Grunde liegen. Die Häuser des reizend gelegenen Ortes umsäumen den Strand, und hinter ihnen erheben sich grüne Hügel und Kuppen; am Meere ziehen sich türkische und griechische Kaffeehäuser und Läden in langer Reihe hin, an deren Ende, dem Landeplatze der Dampfer fast gegenüber, zwei Gebäude stehen, Vergangenheit und Gegen wart repräsentirend: die alte Festung und das neue Zoll haus. Erstere, der Schlüssel und das Bollwerk Abchasiens, wurde 1578 unter dem Sultan Murad gebaut. Drei auf einander folgende Herrschaften haben ihre Spuren an dem viereckigen heute verfallenen Bauwerke hinterlassen: an die osmanische erinnert ein Stein mit arabischer Inschrift an der Schwelle des einen Thores; ferner sieht man Gräber abchasischer Fürsten, und schließlich sagen russische Kanonen, wer heute Herr des Landes ist. Die Bevölkerung von Suchum-Kale ist ein Gemisch von Türken, Lazen, Griechen, Armeniern und Russen; Ab chasen gicbt es in der Stadt selbst nur wenige. Sie woh nen in den umliegenden Dörfern, kommen zur Stadt ge ritten, wenn sie dort Geschäfte haben, und verschwinden dann wieder. In Folge der sehr sumpfigen Umgebung Globus Xlll. Nr. 16. herrschen im Sommer schreckliche Fieber, denen fast jeder seinen Tribut entrichten muß; aber das Uebel bet der Wurzel anznpacken, darau denkt Niemand. An Aerzten fehlt cs und oft auch an dem bei allen Krankheiten ver ordneten Chinin. Die Umgegend macht einen angenehmen Eindruck, aber cs fehlt an Schatten, und trotz der Nähe des Meeres herrscht eine erstickende Hitze. Seit einiger Zeit haben fremde Kolonisten Ländereien in der Nähe der Stadt unter Kultur gebracht; aber an das Pflanzen von Bäumen hat Nie mand gedacht. Dafür hat man geräumige Kasernen und in der Nähe der alten Festung ein Militärlazareth gebaut; denn Suchum-Kale ist als Grenzhafen vor allem eine Soldatenstadt: alle Sonntage und jedesmal, wann die Dampfer von Odessa und Poti ankommen, spielt die Mili tärmusik in einem eigens dazu errichteten Pavillon am Meeresstrande. Hier wie überall in Abchasien und Mingrclien besteht das Hauptvergnügen der Bevölkerung in frommen Spazier ritten nach irgend einem geschätzten Hciligthum der Um gegend. So liegt drei Werst von der Stadt eine länd liche Kapelle des Heiligen Georg mit einem diamanten- nnd türkisengcziertcn Bilde dieses Kriegers, das für wunderthütig gilt. Sein Fest am 28. April (9. Mai) ist das erste im Jahre und lockt Tausende von Besnchcrn herbei. Dann verwandelt sich der kleine Kirchhof neben dem Heiligthume in einen Speiscsaal, wo eine bnnte fahr-