Volltext Seite (XML)
Begründet von Karl Andree. Verbindung mit Fachmännern heransgegeben von Dr. Richard Kiepert. Braunschweig ^rllch 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postas 1882 zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. Samnrzakan und Abchasien. (Nach dem Französischen der Madame Carla Serena.) II. (Sämmtliche Abbildungen, wenn nicht anders bezeichnet, nach Photographien der Madame Carla Serena.) Seit dem letzten Kriege mit der Türkei hat sich Okum sehr zu seinem Nachtheile verändert: die Bevölkerung hat abgenvmmcn, die Felder verödeten, der Bazar wurde leer und es herrscht viel Armuth. Die Schule hat keine stän digen Lehrer mehr, sondern nur einen, der in dem entfern ten Bedia wohnt, und das Pensionshaus, welches wäh rend des Krieges als Hospital gedient hatte, ist in Trüm mer gefallen. Wie anders war es im Jahre 1876! Die Aufnahme, welche Madame Serena bei den eingeborenen Fürsten fand, war zwar nicht weniger freundlich, als bei den russischen Beamten; aber angenehm war die Ueber- raschung doch, wenn sic sich an einen civilisirten gedeckten Tisch setzen konnte, wie 1876 in Okum. Statt der ewigen Maissuppe anständige Gerichte, die der Kazakenkoch des Bezirkschefs kunstgerecht zubereitet hatte; statt der Holzbänke ein richtiges Bett; dazu reines Bettzeug und ein noch nicht gebrauchtes Handtuch. Die Frau des Beamten sprach zu dem Französisch, Mingrelisch und Russisch und machte be reitwillig den Cicerone, z. B. bei einer Gerichtsverhandlung. Mehrmals im Monate versammeln sich die Eingeborenen, welche processiren, vor der Kanzlei des Beamten, um durch den Mund eines Dolmetsch — die russischen Würden träger verstehen gewöhnlich die Sprache ihrer Untergebenen nicht — ihr Urtheil entgegen zu nehmen. Die Bewohner Samurzakan's sind ein schöner Men schenschlag und erinnern oft an die Angelsachsen; die Män ner sind zwar schlecht genährt, aber kräftig, von weißer Globus Xlll. Nr. 13. Hautfarbe und meist blauen Augen. Wie die Mingrclier tragen sic die tscherkessische Tschoka und den Baschlik (Ka puze); die Frauen dagegen haben keine Volkstracht mehr und kleiden sich leider auf europäische Weise. Das Haar tragen sie in herabhangcndcn Zöpfen und bedecken den Kopf mit einem bunten Tuche, an dessen Stelle bei beson deren Anlässen ein weißer Schleier tritt. Ihre Eitelkeit aber verleitet sie, sich über die Maßen zu schmucke»; als Weiß benutzen, sie Hammelfctt mit Zinnstaub uud einigen Silberblättchen, eine Mischung, welche die Haut so gelb und runzelig macht, daß sie im nicht geschminkten Zustande so gelb wie eine Quitte aussehen. Zum Färben der Augen brauen dient ein Absud der Cyprcsscnfrucht und als Roth der Saft einer Alaschisperi genannten Beere. Alle diese Substanzen werden, in schmutzige Lappen gewickelt, von den Frauen in den Hosen herumgetragen. Als Spiegel dient der nächste Bach. Obwohl die Frauen hier gar keine grobe Arbeit verrichten, sind sie doch sehr thätig und ar beiten mehr als die Männer; es ist jedenfalls zu hoffen, daß die Wohlthaten des Unterrichts und der Bildung auch ihnen bald zu Theil werden. So wenig zahlreich die Straßen in Samnrzakan sind, so herrlich ist die Natur; man kann sich kaum eine reichere und mannigfaltigere Vegetation vorstellen, als den dortigen Hochwald und die parkähnlicheu, mit Weinreben durch wachsenen Gehölze, durch deren Dickicht man sich nur mit Mühe einen Weg bahnt. Bon Anbau sicht mau nicht viel, 25