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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrZnumerations- PrciS 22j Sgr. Ldir.> vierteljährlich, 3 Lb^er für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in ollen Theilen der Preußischen Monorchie. Man pränumerirt auf diese» Beiblatt der Ällg.Pr. Traars- Zeitung in Berlin in der Expedition Mohren-Straße Nr. Kj); m der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Pog-Acmtern. Lrteratur des Auslandes. 104 Berlin, Freitag den 30. August 1833. Ostindien. Die Thugs in Ostindien. Die Thugs bilden eine völlig abgesonderte Mcnschcnklasse, die fast ausschließlich von dem Ertrage der Mordlhaieu lebt, die sie zu begehen pflegen. Ihr Name scheint von der List entlehnt, die sic gewöhnlich gegen diejenigen anwendcn, welche sic zu ihrem Opfer ersehen, indem sic sic verleiten, sich ihnen anzuschlicßcn, um die nichts Arges Ahnenden daun zu erwürgen. Sie sind auch unter dem Namen PhansecgnrS bekannt, und in dem nordöstlichen Theil dcS Gebiets des Nizzam nenn! man sic .Kockbunds. Die Thugs sollen viele Eigcnibümlichkeitcn haben in ihren, Wesen, in ihrer Art, zu tödtcn, und in der Vorsicht, die sic anwendcn, um jede Entdeckung zu Verbindern, was sic von allen .Klassen von Verbrechern unterschei det. Als ihr allgemein nnlcrschcidcndcs Merkmal kann inan anneh- men, daß sie jeden Diebstahl, Einbruch oder sonstigen Raub, dem nicht der Mord vorangehl, von der Hand weisen. Die Thugs lödien aus reine anoerc Weise als durch Erwürgen, wozu sic sich eines Schnupftuchs oder sonst eines tauglichen Stücks Zeug oder Stricks bedienen. Die Ari, wie sic dic That verrichten, beschreiben wir später. Nic berauben sie einen Reisenden, bis sic ihm vorher das Leben genommen haben. Nach jedem Mord begra ben sic sogleich dcn Leichnam, wenn Zeit und Umstände c§ gestalten, oder verberge» ihn aus andere Weise; sic lassen nie einen Erschla genen unbegraben am Wege liegen, cs sch denn, daß stc plötzlich gestört würden.") Dem Ursprung dieses Verfahrens nach;usorschen, wäre jetzt eine schwierige Sache, denn, wenn man dcn Behauptungen der ThugS selbst glauben darf, so war cS bei ihnen seit undenklichen Zeilen in Gebrauch, und sie bchaupicn, ibr Gewerbe scv so alt wie die Weit. Gleich anderen unmenschlichen Gebräuchen, sind die daraus Bezug babendcn Traditionen mit Indischem Aberglauben verwebt, und die Thugs möchten gern überreden, daß die zahllosen Mordlhateii, die sic jährlich begehen, aus Befehl ihrer Gottheit geschehen, dec sic die Ermordeten als ein angenehmes Opser darbrächten. Der Gegen stand ihrer Anbetung ist die Göttin Kalce oder Bhowauee, und zu Binda-Cbul bei Mirzapur ist ein Tempel, zu welchem dic Thugs häufig bcträchtliche Ovsergaben senden, und die an dessen Altar ein gestellten Priester gehören alle zu ihrer Gemeinschaft. Bhowauee faßte, der Sage nach, einst dcn Entschluß, das ganze Menschenge schlecht auszurotten, und opserlc Alles hin, bis aus ihre eigenen Schü ler. Alikin sic cuttccktc zu ibrcm Erstaunen, daß, vermöge der Schöpsungskraft, aus dem vergossenen Mcnschenblui sogleich ein neues Wesen entstand, nm die Lucke wieder auSzusüllcn. Sic ver- fcrtigic also eine Gestalt, der sic Leben cinflößie, berief ihre Schüler zusammen und unterrichtete sic in der Kunst, diesem Wesen durch das Erwürgen mit einem Tuch das Leben zu nebmcn. Mau fand diese Methode erfolgreich, und die Göttin wies nun ihre Verehrer an, sic anzimrhmcn ^nnd ohne Unterschied Alle zu ermorden, dic ihnen in die Händc sielen, indem sie versprach, für die Leichname ihre Opser, deren Eigenthuin sic den Mördern zusprach, scibst zu sorgen, immer bei der Thal gegenwärtig zu scvn und sic bei solchen Gelegenheiten zu beschützen, so daß Niemand ihnen clwas «»haben sollte. So, sagen dic ThugS, wurdc unser Verein gegründet, und wir kümmerten uns Anfangs nicht lim dic Leichname drrcr, dic unter unseren Hände» sielen, sc,,der» ließt» sic da liege», wo sic crwürgt wurden, bis Einer von NIIS, Iicugicriqcr als dic übrigen, cs sich cin- ?>e Thugs wurden zur Zeit des Kaisers Akbar von Delhi bekannt. Lei viele derselben hinnchtei, lies. Die Britische Negierung erhielt die erne Kun-c von ilnicn in> I 1812; damals wurden mehrere in Bundelkund aurae hangt- nm I n-,7 erregten llc «dermal-Ansmerk,ämkeir durch ihre Schänd thaten, und zwölf Dörfer in Buuecltund, welche fast ganz von ihnen devot kert waren, wurden durch eine gegen Ne abqesaudte Militairmacht gcnimmcn Darauf zcUtreu,eu ste steh, sammelten stch aber wieder in verschiedenen Pro runzen der Emdial, ,n,d Navvnr, auch in HottarS Gebiet. Von tNl7 bis IM wurden he nicht beunruhigt Uiid nahmen daher in der letzteren Zeit sehr überhand I» gedachtem Jahre wurde» denn endlich Maßregeln zu illrer Un terdrückung genommen, welche einen sehr erwünschten Erfolg batten. Hun dert und eil, wurden zu Jubulvur hiugcrichtct. gegen 4M aus Lebenszeit nach de» östlichen Nicberlauungen von Pina»; dcvortirt, und mehr als MU sind gegenwärtig im Kerker zu Saugor, um in der nächsten Semen zu Iubulvur gerichtet zu weiden Ihre Gefangenuehmung und dic Entdeckungen, die sie 'n deren Folge machten, gaben die Mittel an die Hand, sie anm in diese» Gegenden aufzusvurcn. Der Ofguer Neunolds, dem Vieler Auftrag vier wurde, hat in weniger als 6 Monaten mehr als lw eingefan-cn, und dringt deren „och täglich zur Hast. falle» ließ, bcii Körper eines Erwürgten im Auge zu behalte», mn zu sehen, was aus ihm würde. Dic Gölti» kant wic gewöhnlich dcrab, um dic Leiche sorizufciiasscn, allein da sie bemerkte, daß die ser Mann aus der Lauer stand, uutcrlicß sie ibr Vorhaben, schall ih» heftig für seine Vcrmcssenhcil und sagte itun, sie könne »un- inchr ihr Verspreche» in Hinsicht der Leichname der Erinordclen nicht länger erfüllen, und seine Genossin mnßlcn künftig selbst dafür sorgcn, so gut sic könnten. Daher, sagcn sic, cntstand brr Ecbrauch, dcn dic ThugS unabweichlich bcobachlci,, die Leichen zu begrabet,, und diese», Umstand hauptsächlich kann man die außerordentliche Erschei nung zuschrcibc», daß ihre Gräuel verborge» bleiben, den» sie gehen um solcher Vorsicht und Hcimlichlcit zu Werke und beobachten so viel Ordnung und Regelmäßigkeit in alle» ihren Operationen, daß die Entdeckung cincr ihrer Mordlhaten säst zu de» Unmöglichkeitcn gehört. So abgeschmackt die eben angesührle Traditio» auch ist, so hat sic doch die Wirkung bei den Thugs, daß ihnen nie ein Gcsühl der Rcuc über ihre Untbalcu anzukommen scheint, welches doch, wie man amnmml, früher oder später bei keinem, der seine Hände mit Mcn- schcnblnt besudelte, auSzublribcn pflegt. Im Gcgcntheil, sie verwei len mit Wohlgefallen bei der Erittncrung ihrer verschiedenen glücklich vollbrachten Thate» und erzähle» mit »ich! geringem Stolze die Vorfälle, bei denen sic zugegen gewesen, besonders wenn dic Opser zahlreich warcu, oder dic Beule sehr beträchtlich. Ungeachtet die Gottes-Verehrung der ThugS ganz nach Art der Hindus ist, so sind doch vieic Muselmänner unter ihnen; doch kann man von dem Namen eines Tbug nicht aus seine Geburt oder Kaste schließe», denn ost hat ei» Hi»du-Thug eine» »iobanicda»ischc» Na me» mit einem Indischen all-»« danebrn, und so umgekehrt. Fast alle Tbugs haben mehrere Beinamen, unter denen sie bekannt sind. Umcr dcn Muselmännischen ThugS sind dcrcn von allen Sekten, Schecks, SczctS, Mogoicu und Paihans; unter bei, Hindus sind sie hauptsächlich aus der Kaste der Brabminen, RadschputS, LudsiS, LchierS und KulicS. Bei inancher Bande der ThugS findet man deren von alle» diesen Kaste» niit cinattder zu demselben Zwecke, den, Mord, vereinigt, alle denselben Verordnungen gehorsam, und sowohl Muselmänner als Hindus verehrcn dic Bhowauee. Gewöhnlich halten sie stch iu großen Abtbeilungcn von 1t>0 bis 290 Personen zusammen und wenden jede Art von List an, un: ihr eigentliches Gewerbe zu verbergen. Wenn sie südwärts reise», so gebe» sic sich cnlwcdcr das Anschcn, Dienste z» suchen oder sich zu den Regimenter», dciie» sie «»gehöre», zu begebe». Gebt hmgcgcu ibr Weg »ach Norden, so gebe» sic sich sür ScapovS von dcn CorpS zu Bombav oder Nizza,» aus, die aus Urlaub nach Hindostan geben. Dic Bande besteht nicht inimcr aus gcbornen Tbugs. Sic pflegen durch Vrrbcißung eines nionatlichc» Soldes, oder durch vorgcspic- geltc Hoffnung große» Gcwi»»S, viele Menschen zu verlocken, welche die blutigen Tbalc» nicht ahnen, durch dic jenes Gcld erworben wer den soll, bis sic endlich die Opser der Naubsucht imler den Hände» ihrer Würger fallen sehe». Die Tbugs erzählen, daß Novizen zu weilen beim Anblick dieser Gräuel so von Abscheu ergriffen wurden, daß sic auf der Stelle die Flucht iiabmcn. Andere, mit dem Ver brechen vcrlrautcr, ließen sich durch dies schreckliche Mittel von ihrem Streben „ach Sieichtbnn, nicht abschrccken; sic bhcbc„ bei ter Bande und singen nur zu bald an, selbst an de» Mordlhaten ihäligen An theil zu nebmcn. Viele der bckannlcstcn ThugS sind Adovtiv-Kmdcr Anderer von derselben Klaffe. Sic machen es sich zur Siegel, so ost ein Mord begangen wird, kcincm das Lebe» zu schenke», er sev männlichen oder weiblichen Geschlechts, der alt genug ist, um sich der That zu erinnern!, um Umstände davon »achcrzähle» zu können. Wcir» sie aber Kinder amrcffcu, die noch zu jung sind, um et ras zu verra- tbcn, so lasse» sie ihne» gewöhnlich das Lebe» u»d adoptiren sie, um sic zu ibrcm Gewerbe zu erzieht». Diese Mensche» erfahren dann iiatürlich mitunter die Ermordung ihrer Väter oder Mütter durch dieselben Personen, mit denen sie scit ihrer Kindbeil gelebt haben, und dies back sie dennoch nicht ah, Has schreckliche Gewerbe sorlzusctzcn. Man sollte meftien, daß eine Mcnschenllasse, deren Her zen gegen jedes bessere mciischlichc Gefühl verhärtet sevn muß, wenig Bcdcnklichkcit bei Vollziehung ihrer Unlbalci, finde» könnc: allein in der That lind sic eben so sehr Sklaven des Aberglaubens und halten eben so sehr aus Vorbedeutungen bei Vollbringung jhrrr Mordlhaten, wie dic harnckoscstc» ringcboreneii Indiane: bei den gc- wöhnlichc» Geschäften des Lebens.