Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pranumcrauons -Dreis 22j Sgr. 0 Thlr.i vierteljährlich, 3 Thaler für da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theile« der Preußische» Monarchie. für die Man pränumerirt auf dieser Beiblatt der AUg.Pr. CtaaiS- Aeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straßi Nr. 34); in der Propin; so wie im ÄuSIande hei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 96. Berlin, Montag den 12. August 1833. Rußland. Dorpater Jahrbücher für Literatur, Statistik und Kunst, be- sonders Rußlands, hcrausgegcbcn von den Professoren Blum, Bunge, Goebel, Neue, Struve, Friedländer, Kruse, Rathke, Walter und dem Syndikus der Universität, v. d. Borg. Ersten Bandes erstes Heft. Riga und Dor pat. Eduard Frantzen. So wie überhaupt Kurland, Lirsland und bstbland, die drei von Deutscher Colonisation durchdrungenen Provinzen Rußlands, das ungeheure Reich nach allen Beziehungen seines geschichtlichen Lebens mit dem westlichen Europa in lebendigem Austausch erhalten, so Haden sich namentlich die vorliegenden Jahrbücher zur Aufgabe gemacht, dem geistigen Ideen-Verkehr Ru,standS mit dem Europäi schen Westen zum Organ zu dienen. Rußland bietet der wissenschaft lichen Erforschung ein kolossales Material, reiche Schätze der Natur und der Geschichte. Die Organisation des Reiches schreitet vorwärts, und eine National-Literatur regt zuerst den schüchternen Flug. Hierin sind die Momente gegeben, die von de» Dorpater Jahrbü chern nicht übersehen werden dürfen. Sie müssen uns über die Re sultate naturwissenschaftlicher Untersuchungen in Kcnnl»iß setzen, durch welche das elcnientarische CbaoS dieser weiten Säudcrstrerken in Beziehung aus geometrische Ortsbestimmungen, aus die geologische Erkenn,,liß seines Bodens, aus seine Fauna und Flora nach und nach gelichiel wird; sie werden keine philologische oder historische Bemühung, keine Reiscbeschrcibung übersehen türscn, welche die Sprache, die Geschichte oder die gegenwärtigen Zustände eines der mannigfaltigen in Rußland einheimischen Volker ausklärl und veran schaulicht, welche die fragmentarischen Ucbcrrrste einer untcrgcgan- genen Welt zu erklären und ihre Bedeutung zu würdigen weiß. Sie werden uns ferner über alle Maaßrcgeln zu berichten haben, Lie von der Regierung in der Absicht ungeordnet werden, das Russische Reich immer mehr der Europäischen Gesammt-Intelligenz zu assimi- liren, und haben endlich wegen der geringen im Auslände verbreite ten Kcnntniß der Russischen Sprache eine genügende Anschauung von den Produkten ihrer National-Literatur zu verschaffen und so mit, was Russischer Geist durch die Aneignung westlicher Kultur erarbeitet bat, dem Westen wiederum zur Bcunheilung auszusiellcn. Die Herausgeber des vorliegenden ersten Heftes der Dorpater Jabrbürber scheinen ihre Ausgabe richtig erkannt zu haben. Die Ein keilung bildet ein Vorwort von K. L. Blum, das einfacher und ge diegener hätte geschrieben werden können. Die Wichtigkeit, womit Bekanntes ausgeputzt wirb, bat etwas Dilettanteuartiges. Doch bleibt im Ganzen kein bedeutender Gesichtspunkt unberührt, und es werden Gedanken zur Sprache gebracht, die, wenn man sich, wie billig, aus den Standpunkt dieser Zeitschrift stellt, anregend und folgenreich wirken können. An das Vorwort schließt sich zunächst ein lehrreicher Auszug aus dem offiziellen Berichte über die Eodification in Rußland.") Der erste Theil des Buches enthält eine lkebersicht der Arbeiten der früheren Gesetzgebungs-Kommissionen von 1700 bis 1826. Zehn solcher Kommissionen werde» angeführt, ,,meist aus Gliedern zusam mengesetzt, deren Zeit durch anderweile Armier in Anspruch genom men war, denen es ost an theoretischen Rcchtskcmnnisscn fehlte, die unter beständigem Schwanken in ihren Plänen, ohne die erforderli chen Vorarbeiten sich an die letzte Ausführung des Werkes machten und aus allen diesen Gründen zu keinem Resultate kamen." Die beschichte der im zweiten Tbeil des Buches erzählten Rcdaclion des Russischen Gesetzbuches, die seit dem 31. Januar 1826 vollendet worden jst, bietet dagegen wahrhaft glänzende Resultate. Diese Arbeit zerfiel wieder in zwei Abibeilungen, eine Sammlung der bis herigen Gesetze und einen auf dieser Sammlung begründeten Neu bau eines^spstematisch und übersichtlich angeordneicn Gesetzbuches. Die Sammlung beginnt mit dem Jahre 1640, der Gesetzgebung Les Czarcu Alexei' Mjchailowilsch, der de» ersten Grundstein des neuen Russischen Reichs gelegt hat, und reicht bis zum 12. Dezem ber 1825, an welchem Tage daS erste Manifest des jetzt regierenden Kaisers erschienen ist. Die nicht mehr gültige Gesetzgebung vor dem Czarcu Alerci soll später, als ein Dokument der Vorzeit, unter ') Eine Deutsche Uebcxsebung desselben wird binnen kurzer Zeit unter dem Titel- „Historische Skizzen über die Abfassung des zur!» des Russischen Reichs" erscheinen. dem Titel: „Alte Gesetze" zusammcngestellt werden. In die Samm lung von 164g bis 1825 sollten alle Verordnungen der höchsten Gewalt ausgenommen werden, ohne zwischen noch geltenden oder abroglrtcn Gesetzen eine Unterscheidung zu gestatten; gerichtliche Entscheidung einzelner Fälle aber nur dann, wenn ihre Anwendung auf künftige Fälle ausdrücklich in ihnen angeordnet ist, oder wenn sie, bei anderen Entscheidungen zu Grunde gelegt, allgemeiner-Na tur geworden sind. Endlich sollten alle Privalsachcn und temporelle Maßregeln weggclaffen werden, mit Ausnahme einiger Stücke, als historisch wichtiger Denkmale. Nach Feststellung dieser Grundsätze wurde zur Durchforschung sämmilicher Archive in Moskau und St. Petersburg geschritten. Es fanden sich 53,239 Nummer» vor. Nach sorgfältiges Ausscheidung vieler Doublettcn und genauer dreimaliger Revision wurde der Druck dieser Sammlung am 1. Mai 1828 be gonnen und am I. April 1830 vollendet. Der Titel lautet: „Vollständige Sammlung der Gesetze des Russischen Reicks. St. Petersburg, 1830. 45 Theile in 48 Bänden, gri 4." (Pr. 500 Rbl. Bco.) Zur Erleichterung des Gebrauchs sind zweckmäßig angelegte Tabel len und Register beigesiigt. Eine Forisetzung dieses Werkes, unter den, Titel: „Zweite Sammlung der Gesetze" (bis jetzt 8 Bände), enthält die seit 1825 erschienene» Verordnungen und wird jährlich fortgesetzt. Nachdem auf diese Weise das legislative Material zusammenge- stellt war, begann die zweite Hälfte der Arbeit, die Svstcmatisa- lion (8>va<I) desselben"), wobei die Grundsätze beobachtet wer den sollten, die Baco (traelat. sie jnstit. univur«. ^zchorisnr. 59 — 63) für ciw solches Werk scststcllt. Auch trägt die vollendete Arbeit das Mollo des VerulamicrS an der Stirn: 8lruokur« norm velerum I, AUIN. Nach Anfertigung eines allgemeinen Schemas über alle und speziell dctaillirlcr Schemata über jede einzelne Rechtsmaterie wur den die Gesetze unter den betreffenden Rubriken in chronologischer Ordnung zusammcttgcstcllt. Hieraus wurden sic durch Vergleichung iiiitcr einander geordnet und in Form einer historischen Darstellung rcdigirt, aus welcher man die Veränderungen, Erläuterungen und Ergän zungen in der Gesetzgebung über einzelne Gegenstände ersehen konnte. Mit Ausscheidung aller nicht mehr gellenden Bestimmungen wurden nun aus dieser historischen Darstellung die einzelnen Arlikel des Swod des heutigen Rechts gebildet und nach Pollcndung des Ganzen diese Artikel nochmals in ihrer Gesammtheit verglichen, Widersprüche an«- gemerzt u. s. w. Liese Arbeit erschien unter dem Litel: „Swod der Gesetze des Russischen Reiches, versaßt aus Befehl des Herr» und Kaisers Nikolai Pawlowitsch. St. Petersburg 1832. 15 Bdc. gr. 8 (100 Rbl. Bco.)" Die Zahl der Arlikel des Swod erstreckt sich aus 36,000 und mit Inbegriff der Beilagen, die erläuternde Anmerkungen oder eine kurze Geschichte deS betreffenden Gesetzes enthalten, auf 42,198, un ter 1499 Kapitel vcribcili. Jährlich sollen die Gesetze des vergange nen Jahres nach der Ordnung des Swod in Supplementen nachge- lrageii werden. Mit Ausschluß der Kriegs- und Seegesetzc und des Kirchenrechls umfaßt der Swod sämmlliche Theile der Russischen Gesetzgebung und StaatSversaffung unter folgenden Rubriken: 1) Die Gesetze über StaatSversaffung und Verwaltung. 3 Bdc. 2) lieber die öffentlichen Lasten oder StaatSdicnstbarkeiten. 1 Bd. 3) Neber das Finanzwesen. 4 Bdc. 4) Neber die Stände. 1 Bd. 5) Die bürgerlichen und McssungSgesctze. 1 Bd. 6) Die staatswirthschaftlichcn Gesetze. 2 Bde. 7) Die Polizeigesetze. 2 Bdc. 8) Die peinlichen Gesetze, 1 Bd. Mit dem ersten Januar 1835 soll der Swod in gesetzliche Wirk- samkcit treten; sein Verhältniß zur Gesetzsammlung wird alsdann, dem Kaiser!. Manifeste vom 3lsten Jan. 1833 zufolge, darin bestehen, daß der Swod da« buchstäbliche Gesetz, die Grundlage der Entschei dungen, die Sammlung dagegen ein HülsSmittel zum genaueren Verständniß des gesetzlichen Textes sehn wird, denn beide sind nur ') „Eine passende Bezeichnung für das Russische Wort j» dem die Beanne von Ziiiamnientragen, Ordnen und Zusammeniugen verbunden sind, weiches die Handlung deS Zusammentragens sowohl als auch das zusammen- getragene Werk, das Wölben wie das Gewölbe bezeichnet, kennen wir Im Deusichen nicht. Wir glauben daher am besten zu thun, wenn wir das Rus sische Wort wie in „Ukaö" beibehalten."