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zusammenzutreffen, welcher sich indessen nicht einstellte, fuhr er auf einem kleinen, ihm von der brasilianischen Regierung zur Verfügung gestellten Dampfer den Amazouenstrom bis zur bekannten Enge Pongo de Manseriche (77Vs" westl. L. Gr.) hinauf, ferner dessen linke Zuflüsse Marona, Pastaza und Tigre, letztern 515 Miles weit. Seine Hauptaufmerksamkeit hat er indessen dem obern Maraiwn oberhalb der Einmün dung des Huallaga zugewendet, einer der unbekanntesten (?) Gegenden des innern Südamerika (Werthemann's Arbeiten im Departaments Fluvial von Peru und anderes scheinen Mr. Wiener unbekannt geblieben zu sein). Er fand dort einen neuen Zufluß, den Samirm, welchem er 250 Miles weit bis zu seinem Quellsee folgte und ebenso wie zahlreiche Nebenflüsse schiffbar fand. Die Wälder an feinen Ufern hat ten Ueberfluß an Guttaperchabäumen und Saffaparilla. Wie ner fügt hinzu, daß er das erforschte Gebiet im Maßstabe 1 :10 000 mappirt und 400 astronomische Beobachtungen an gestellt habe. — Eine ungemein sauber gearbeitete, mühsame und ge diegene Abhandlung zur Geschichte der Geographie im 16. Jahrhundert hat Prof. Franz Wieser in Inns bruck geliefert in seiner Schrift „MagalhLes-Straße und Austral-Kontinent auf den GlobendesJo Han nes Schöner" (Innsbruck, Wagnersche Universitäts-Buch- Handlung, 1881. Preis 5 Mark). Wir skizziren im Folgenden den Hauptinhalt der Arbeit. Schöner, 1477 zu Carlstadt in Franken geboren, 1547 als Professor der Mathematik in Nürnberg gestorben, schrieb zahlreiche Werke über Mathema tik, Astronomie (häufig auch Astrologie) und Geographie und galt als einer der bedeutendsten Mathematiker und Kosmo graphen seiner Zeit. Seinen Hauptruhm jedoch verdankt er seinem großen Erdglobus vom Jahre 1520, der sich aus der Stadtbibliothek in Nürnberg befindet und bis ganz vor Kur zem neben der gleichalterigen Karte ordis uuivsr- saUs" von Petrus Apianus als die erste Karte galt, auf welcher die Neue Welt den Namen „America" führt. Wie ser weist dagegen nach, daß derselbe schon aus zwei Globen aus dem Jahre 1515 vorkommt, welche in Frankfurt a. M. und Weimar ausbewahrt werden und beide nur Abdrücke einer und derselben Arbeit sind, die nach Wieser's Beweis führung ebenfalls von Schöner herrührt. (Inzwischen hat jedoch „A Collector" im Athenäum (Nro. 2803 vom 16. Juli 1881, S. 80) über die glückliche Erwerbung eines Exemplars der „Eosmographia" des Hylacomylus (zu deutsch Waldsee- müllcr aus Freiburg i. B., welcher zuerst 1507 den Namen „America" vorschlug) berichtet, welches eine schon 1514 von L. Boulengier in Kupfer gestochene Erdkarte mit der Legende „^.msrioa uovltsr ropsrta" enthält.) Auf jenem großen Globus von 1520 erscheint nun dort, wo die Magalhäes- Straße liegt, bereits eine große Durchfahrt aus dem Atlan tischen in den Stillen Ocean, während doch Magalhäes erst am 21. Oktober 1520 an die nach ihm benannte Meerenge gelangte. Ein direkter Zusammenhang zwischen dieser Ent deckung und der Schöner'schen Zeichnung ist also undenkbar. Es hat letztere aber zu vielen Erklärungsversuchen Anlaß gegeben, und manche Autoren (H. Harrisse, Rev. Mptton Maury) glauben sogar an eine Entdeckung der Durchfahrt vor Magalhäes, Maury an eine solche durch Martin Be- haim. Die Quelle aber, aus welcher Schöner seine Straße geschöpft, ist eine Zeitungsnachricht, die „Copia der Newen Zeytung aufs Presillg Landt", zufällig das älteste erhaltene Flugblatt, welches ausdrücklich die nun so geläufig gewordene Bezeichnung „Zeitung" führt. (Aus diese Entlehnung hatte übrigens bereits vor 15 Jahren Prof. S> Ruge aufmerksam gemacht.) Wieser macht es nun wahrscheinlich, daß diese „Copia" von einer in den ersten Jahren des 16. Jahrhun derts stattgesundenen portugiesischen Expedition, vielleicht nnter Anführung des Christovso Jaquez, handelt, ferner daß ihr Original von einem italienischen Faktor in Lissabon ver faßt und an sein Handlungshaus in Italien geschickt und vielleicht durch Vermittelung des Augsburger Handlungshauses der Welser nach Deutschland gekommen ist, wo sie ins Deutsche übersetzt und etwa Ende 1508 oder 1509 in Augsburg ge druckt wurde. Diese „Zeytung" berichtet, daß jene portu giesische Expedition unter dem 40. Breitengrade ein Kap, mit welchem Brasilien ende, gefunden und umsegelt habe; auf der andern Seite habe man auch Land gesehen, und die ganze Gegend habe an die Straße von Gibraltar erinnert. Sech zig Meilen weit sei man in diesen „oslko" (d. i. griechisch --o^ox, Golf) hineingefahren und dann, durch ein Unwetter gezwungen, umgekehrt. In dem „salto" aber die MagalhLes- Straße zu sehen, hindert schon die Breitenangabe; denn die selbe liegt südlich vom 52. Grade. Wieser hält es für wahr scheinlich, daß darunter die Bahia de San Matias (circa 41" südl. Br.) zu verstehen sei. Dabei macht er (allerdings nicht als erster, sondern erst später als P. A. Tiele, der ihm unbekannt geblieben) darauf aufmerksam, daß der Name Brasilien (terra, äs Lraril) für das jetzt damit bezeichnete Land oder für die am 1. Mai 1500 durch Cabral so getaufte Ilha da Santa Cruz schon 1504 vorkommt. „Diesen Wech sel — schreibt der portugiesische Historiker Joäo de Barros empört — habe der Teusel gerathen; als ob der Name eines Holzes, welches Tuch färbt (gemeint ist das Farbholz von Lussalxilliu brssilisusis, das Brazil-Holz), etwa wichtiger wäre, als der jenes Holzes, das durch das Blut unseres Er lösers geröthet worden!" Die zweite Hauptfrage, welche Pros. Wieser behandelt, betrifft das Austral-Land, jenen Kontinent, welcher sich auf den beiden Schöner'schen Globen rings um den Südpol lagert, und dessen Existenz schon von manchen alten Philo sophen, namentlich den meisten Alexandrinern, behauptet wurde. Schöner wurde wohl durch die „tzuatuor naviZu- tiouos" des A. Vespucci veranlaßt, diesen Kontinent, den er aus Mißverständniß als Lrasiliu iutsrior bezeichnet, auf seine Erdkugel zu setzen. Die älteste Karte aber, auf welcher dieses antarktische Festland als „Terra Australis" be zeichnet wird, ist nach Wieser erst die Nova, st iutsArs, uui- vorsi orlüs ässoi-ixtio des bedeutenden französischen Ge lehrten Orontius Finnens (Oronce Fine aus Brian^on) vom Jahre 1531, welcher im Uebrigen eine Arbeit Schöner's offenbar benutzt hat, und zwar wahrscheinlich den Globus von 1523 (s. unten). Gerhard Mercator hat dann sie ben Jahre später (1538) die Weltkarte des Finäus neu bear beitet; der einzige davon erhaltene Abdruck ist kürzlich in einer Privatbibliothek zu New-Aork ausgefunden worden und ist die älteste uns erhaltene Karte des berühmten Geogra phen. Wieder drei Jahre später (1541) veröffentlichte Mer cator einen dem kaiserlichen Kanzler de Granvella gewidme ten Erdglobus (Exemplare davon in Brüssel, Wien und Weimar erhalten), auf welchem das Austral-Land, welches in den südost-asiatischen Gewässern bis über den Wendekreis emporreicht,, zum ersten Male ausdrücklich als fünfter Erd theil bezeichnet wird. In dieser Gestalt pflanzte sich das circumpolare Austral-Land noch lange Zeit hindurch beson ders auf deutschen, niederländischen und italienischen Karten fort und verschwand auch dann noch nicht, als die Jnselnatur Neu-Guineas, des Feuerlandes, ja Neu-Hollands längst fest- gestellt war. Das Schlußkapitel behandelt die späteren Globen Schö ner's, den anscheinend ganz verloren gegangenen dritten von 1523, welcher bereits die Entdeckungen des F. Cortez und die Ergebnisse der MagalhLes'schen Expedition enthielt, und den vierten von 1533, von dem Pros. Wieser auf der Mili tärbibliothek in Weimar ein Exemplar nachweist. Mögen seinem mühevollen Forschereifer noch mehr dergleichen Funde zu Theil werden und ihm Anlaß zu weiteren solchen frucht bringenden Studien geben. — Nach einem Berichte des kaiserlichen Minister-Residen ten zu Santiago ist im „Diario Oficial de la Republica de Chile" von dem Freg.-Kapt. Luis Pom ar, maritimem