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68 V. Largeau's Wanderungen in der algerischen Sahara. stieß auf einem Rennkameelc ein Führer zn ihnen, den der Aga von llargla geschickt, und unter seiner Leitung er reichte man über die Sebcha Safiun, in welche dicUödNsa und Uäd Mzab münden, um 1 Uhr Mittags die herrliche Oasc Ngussa, ein Ksar von 151 Häusern, welches von einer ziemlich gut erhaltenen Mauer und hohen viereckigen Thür- mcn umgeben ist. Die sorgfältig gepflegten Gärten tragen auf einem sandig-lehmig-kalkigcn Boden sehr kräftige Pal men, und zwar meist ohne Bewässerung, woraus folgt, daß die wasserhaltige Schicht sehr dicht unter der Erdoberfläche liegen muß. Vorzüglich gedeihen Aprikosen, Feigen und Granaten; auf freien Stellen Luzerne, Gerste, Kohl, Zwie beln, Wassermelonen, Kürbisse, Mohrrüben, Kohlrüben und an den Rändern der Bewässerungsgräben prächtige Baum wollstauden von der rothen sudanischen Art. Doch wunderte sich Largeau nicht mehr über die gute Pflege der Gärten nnd das hübsche Aussehen der steinernen, oft zweistöckigen Häuser, als er erfuhr, daß der Ort ausschließlich von Sahara-Negern bewohnt ist. Nach einer köstlichen Nacht brachen sie am 12. Mai um 3 Uhr auf und erreichten vier Stunden später den von viereckigen Thürmen umgebenen Bordsch Ba-Mendil. Bis dort kamen ihnen der von ihrer Ankunft benachrichtigte Aga Si Abd-el-Kader-ben-Amar und dessen Schwager entgegen und geleiteten den Reisenden in die für ihn bestimmte Woh nung im Bordsch. Der Aga ist ein Mann von noch nicht 50 Jahren, welcher seinen Rang und das Kreuz der Ehren legion sich ehrlich im Dienste Frankreichs erworben hat; es ist ein hagerer, großer, bronzcfarbencr Mann mit einer Adlernase. Da er keine Schulbildung besitzt, steht ihm sein Schwager Si-Mohamcd, der das Lyceum in Alger und die Schule in Saumur besucht hat, als Sekretär uud Chalifa zur Seite. Wir übergehen hier, wie Largean dort mehrere Tage verlor, nm für feine große geplante Reise nach dem Niger und Senegal Führer und Kamcele zu suchen, wie er seine Abreise auf den 23. Mai festsctzte und zuletzt, durch wissent lich gefälschte Nachrichten getäuscht, beschloß bis zum Oktober in Uargla zu bleiben. Wenn man in der Morgenfrühe einen der Thürme des Panorama eines Theiles von Uargla, von der Kasba aus gesehen. (Nach einer Photographie.) Bordsch Ba-Mendil ersteigt, sieht man zu seinen Fußen den Schott von Uargla oder Erweiterung des Usd MijL, dessen gelber Boden die Farbe des Löwenfelles zeigt, nnd darin in nordsüdlicher Erstreckung eine große schöne Insel dunkelgrünen Laubes, von hundertjährigen Palmen über ragt. In diesem Grün liegt die Stadt verborgen und nur die Spitzen zweier weißen Minarcts vcrrathen ihre Exi stenz. Fern im Osten erhebt sich auf dem rechten Ufer des Schott eine lange Kette hoher hellgelber Dünen, überragt von dem kolossalen Ghurd Mcksem Othin (das von den Kamcelen geliebte Thälchen). Zur Rechten und Linken deh nen sich von Norden nach Süden die Gur von Ba-Meudil aus, isolirte Felsmassen, an deren Fuße von den früheren fruchtbaren Pflanzungen sich nur einige dürftige Palmen erhalten haben. Diese Gur sind die Vorposten des Schab, eines Felsplateaus mit tief durchfurchten Rändern. Gerade im Süden aber erblickt man eine große Spalte, durch welche der Uöd Mijn in den Schott von Uargla mündet, und in deren Mitte sich schroff der sagcnreichc Gara Krima er hebt. Von Ba-Mendil führt ein gewundener Pfad in 20 Minuten zu den ersten Palmen von Uargla, zuerst durch verlaßene Gärten, dann zwischen Lehmmaucrn hin. Zuletzt erreicht man den breiten, mit faulendem Wasser gefüllten Graben und die Stadtmauer, neben deren Thore sich rechts ein verfallener Thurm erhebt. Die Stadt selbst liegt höher als die Oase, wie diese letztere wiederum eiuc Insel bedeckt, welche sich über dem Schott erhebt nnd einst von tiefem Wasser umgeben war. Ihre Straßen sind unregelmäßig, schmal und schmutzig, manche zum Theil überdeckt, die aus rohen Stein- blöckcn erbauten Häuser elend und nur wenige zweistöckig. Sieben Thore führen in die Stadt, welche 1400 Häuser mit ebenso viel Familien und drei dnrch Mauern von einander getrennte Quartiere zählt: diejenigen der Bcni- Sisim, die von den alten Herren des Landes abstammen, der Bcni-Uagin, der Nachkommen von Sklaven, und der Beni-Brahim oder Abkömmlinge edlen Stammes. Neben dem Sultansthorc liegt die Kasba mit doppelter Maner und bastionnirten Ecken; dort erhebt sich die frühere Woh nung der einheimischen Sultane, ein Gebäude im Style der