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64 Aus allen Erdtheilen. leute" besitzen. Es gilt unter den Esten als eine sünd hafte Handlung, am Sonntag zu baden. Einst ging nun ein Ehepaar an einem Sonntag in die Badstubc nnd als es eben mit Wasser gefüllte Eimer forttragen wollte, da wurde es von den zürnenden Göttern sammt dem Wasser geschirr von der Erde aufgehoben und zum warnenden Exem pel im Monde aufgestellt. Im Vollmond kann Jedermann das unglückselige Ehepaar sehen: die dunkeln und Hellen Stellen der Mondscheibe werden für zwei menschliche Figu ren gehalten, welche ein Wassergefäß zwischen sich haben. (Man vergleiche über die letztgenannte Variante der Esten abergläubische Gebräuche, Weisen und Gewohnheiten von Böcker, beleuchtet von Dr. Kreuzwaldt. St. Petersburg 1854, S. 103.) Aus allen Erdtheilen. Australien. — Ein Telegramm aus Queensland meldet, daß Gene ralmajor Feilding's (s. „Globus" Xlch S.287) Expedition, welche die Linie für eine Eisenbahn nach dem Golfe von Carpentaria aufnimmt, am 15. November in Point Parker au jenem Golfe eingetroffen ist. General Feilding wird zur See nach Brisbane zurückkehren, während sein Begleiter C. Robinson seinen Heimweg zu Lande machen wird, um noch eine zweite Linie zu rekognosciren. — Es hat ja seine Richtigkeit, daß die australischen Goldfelder bei Weitem nicht mehr so ergiebig sind wie in früheren Jahren, allein immerhin kommen noch sehr bedeu tende Funde vor. So ward kürzlich auf den Temora-Gold- feldern im Süden der Kolonie Neu-Süd-Wales ein Rifs aufgefunden, dessen Quarz tausend Unzen Gold von der Tonne lieferte. Eben so wird von den Ballarat-Diggings in Victoria berichtet, daß dort am 30. September dieses Jah res aus einem 100 Pfund schweren Quarzstücke nicht weniger als 83 Pfund reinen Goldes gewonnen wurden. Südamerika. — Das n^outll Xmoriosii Missionar^ dluAarius" ent hält einen Brief des Lieutenants Jones ä. ä. San Pe dro am Rio Purus, 27. Juli 1881, welcher überraschende Angaben über die Entwickelung menschlicher Thätigkeit an jenem Strome macht. Derselbe ist allein von allen Zuflüssen des Amazonenstromes während der Regenzeit fast seiner gan zen Länge nach befahrbar. Seit 1865, als Chandleß ihn zuerst erforschte, hat ein beständiger Zuzug von Menschen dorthin stattgefunden, besonders um Guttapercha zu sammeln. Wäh rend der Regenzeit fahren monatlich mindestens zwei Dampfer denselben circa 1600 Miles weit aufwärts und während der trockenen Saison circa 1000 bis zur „Caxoerra" 6 Miles oberhalb S. Pedro, und dieselben sind stets schwer mit Gütern nnd Passagieren beladen. Man berechnet die Bevölkerung am Purus selbst, seinen Seen und Zuflüssen jetzt schon auf rund 30000, und am Rio Acre (etwa 300 Miles oberhalb S. Pe dro) sollen gegenwärtig nicht weniger als 1600 Menschen sich mit Kleinhandel und Guttapercha-Sammeln beschäftigen. Im März und April 1881 betrug die Zuwanderung allein 3000 Personen, so daß die gewöhnlichen Dampfer der Amazoncn- strom-Schifffahrts-Gesellschaft nicht ausreichten. Der Handel geschieht jetzt hauptsächlich, wenn nicht ganz und gar, in Gutta percha, doch werden in wenigen Jahren sich demselben andere Produkte zugesellen, da der reiche Boden am Rio Purus be sonders für Reis, dann für Zucker und Kaffee geeignet sein soll. Da der Strom Jahr sür Jahr besser bekannt wird, nicht durch Brasilianer, sondern durch Fremde, meist Nord amerikaner, wird auch der Handel in demselben Maßstabe zu nehmen. Die brasilianische Regierung will Chinesen dorthin einführen; das jetzt dort anzutreffende Volk, meist Auswan derer aus der Provinz Ceara, welche vor etwa drei Jahren durch Hungersnoth schwer zu leiden hatten, ist nämlich wenig Werth, träge, hat stets die Cigarre im Munde und sucht Händel. — Die „Times" berichten von dem Abschlusse einer mehrjährigen Forschungsreise, welche der Nordamerikaner Dr. E. R. Heath im Norden Bolivias ausgeführt hat. Er hat den R. Beni etwa 300 englische Meilen weit von seiner Mündung in den Madeira aufwärts untersucht und ihn, mit Ausnahme eines kleinen Falles, durchweg schiffbar gesunden. Seine Tiefe soll zwischen 27 und 500(!) Fuß wechseln; er hat sich sein Bett in einer durchschnittlichen Tiefe von 30 Fuß durch rothen Thon und Gneiß gegraben und wird vielfach von senkrechten Userwänden eingefaßt. Was Mr. Heath über die Produkte des besuchten Landes berichtet, klingt sehr vielversprechend — aber leider hat man diese Me lodie schon zu oft gehört, um sie für etwas anderes als Zu kunftsmusik halten zu können. In wenigen Jahren — heißt es da — werden die großen Rcsourcen dieses Landes ent wickelt sein und man wird die Wirkung dieses Binnenhandels in Europa und Amerika verspüren. Unter den Produkten ist besonders Guttapercha, dann der „beste Kaffee der Welt" und Chinarinde zu nennen; letztere wird stellenweise an den Grenzen der Civilisation in großer Ausdehnung gebaut. Ein einziger Pflanzer besitzt einen Wald von 1000 000 Bäu men, ein anderer von 200000; der Vorrath an jenem un schätzbaren Arzneistoffe soll nahezu unerschöpflich sein. Wäh rend seiner Reisen kam Heath mit vielen wilden Stämmen in Berührung. Einen derselben beschreibt er als von weißer Farbe, aber von indianischer Physiognomie. Ein anderer Stamm im Thale des Beni besteht aus Kannibalen, welche alljährlich, um sich Menschenfleisch zu verschaffen, Einfälle in die Gebiete ihrer Nachbarcn machen. Viele dieser Stämme gehen völlig nackt, andere haben nur sehr geringe Bekleidung. Vielfach finden sich Spuren früherer Besiedelung, und stellen weise zahlreiche Felsritzungen in den Userwänden; manche davon erscheinen an der Stelle von Hochwassermarken, und zeigten nach Heath an, wann es gefährlich war, den Strom zu befahren. Es befinden sich darunter Zeichen, welche einem Anker ähneln; im Ganzen aber gleichen sie den Felsritzungen, welche an verschiedenen Stellen im Westen der Vereinigten Staaten gesunden worden sind. Ruinen von steinernen Ge bäuden kommen hier und da häufig vor. Fauna und Flora am Beni bieten viele noch unbeschriebene Species dar; der Paläontologe E. D. Cope hat die gesammelten Thiere zur Bestimmung übernommen. Inhalt: V. Largeau's Wanderungen in der algerischen Sahara. V. (Mit fünf Abbildungen.) — F. Birgham: Die Fahrt des „Rodgers" nach Wrangel-Land. (Mit einer Karte.) — Turkmenisches: Dr. O. Hehfeld er: Ethnographisches über die Teke. I-- Merw und seine Bewohner. — Estnische Märchen in deutscher Uebersetzung. — Aus allen Erdtheilen: Australien. — Südamerika. — (Schluß der Redaction 23. Deccmber 1881.) Redacteur: Dr. R. Kiepert in Berlin, S. W. Lindenstraße 11, III Tr. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Hierzu eine Beilage.