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V. Largeau's Wanderungen in der algerischen Sahara. 51 beträgt. Die Bevölkerung besteht aus zwei Klassen, den Edelen von Berber-Abstammung und den Plebejern, welche einheimische Neger oder Atrias sind, und zu denen noch die Nachkommen freigelassener Sklaven kommen. Die vorhan denen Sklaven werden gut behandelt und haben das Recht des Erwerbens und Besitzens; nur selten kommt es vor, daß ein Sklave nach 10 bis 15 Jahren Knechtschaft sich nicht in der Lage befinden sollte, sich frei zu kaufen. Ara ber giebt es nur sehr wenig. Obwohl die Frauen in Ghadames nur Nachts ausgc- hen, um die Moscheen zu besuchen, so konnte Largeau doch in seiner Eigenschaft als Arzt mehr als eine bewundern; außerdem machten es manche, von Neugier getrieben, mög lich, auf dem Wege zur Moschee sich zu ihm zu schleichen, um unter dem Vorwande, irgend welche Krankheit zu haben, dort die Gebetszeit zuzubringen, den Fremden zu betrachten nnd auf seine Kosten Bemerkungen auszutauschen. Nege rinnen, Mulattinnen und Frauen von ^trias kamen in großer Menge, wenn sie Morgens Wasser holten. Im All gemeinen sind die Damen von Ghadames, wohlverstanden die von reiner Race, meist schön, und ihre regelmäßigen Züge erinnern an den griechischen Typus in seiner Voll endung. Auf der Straße tragen sie ein langes Gewand von lebhafter Farbe — Roth wird bevorzugt —, welches unter dem rechten Arme hindnrchgeht und auf der linken Schulter zusammcngehalten wird, darüber ein weißes Wolltuch, auf Ein Tuarek-Dorf und alte Gräber bei Ghadames. (Nach einer Photographie.) dem Kopfe eine phrygische Mütze, die von einem seidenen goldbefranzten Tuche umgeben ist. Den untern Theil des Kopfputzes schmückt eine Art Diadem, das je nach dem Vermögen und der Freigebigkeit des Mannes aus Gold oder Kupfer besteht. Bor der Mitte der Stirn hängt stets eine große rothe Troddel, deren Gebrauch Sklaven unter sagt ist; dazu tragen sie Halsbänder von Korallen oder rothen Perlen und an den Füßen reich gestickte Schnhe von rothem Leder. Freitags findet ein wenig besuchter Markt statt, wo die wenig zahlreichen Einwohner der Umgegend ihre geringen Bedürfnisse befriedigen. Eine richtige Vorstellung vom Handel und Reichthnmc der Stadt, welche vorzugsweise Stapelplatz ist, kann man sich dort nicht bilden. Er beginnt nach dem Gebete, welches um 1 Uhr Nachmittags stattsindct, und wird auf einem ganz kleinen Platze abge halten, zu welchem ein großer überwölbter Eingang führt, eine Art Saal mit Divans auf den Seiten, wo sich die gro ßen Herren der Stadt zum Plaudern niederlassen. Jeder ruft seine Waare aus, preist sie an und überläßt sie dem, welcher am meisten bietet. So werden Packe Straußen federn, allerlei Gewebe, Matten, Teppiche, Kleider aus aller Herren Länder, Waffen, Leder, Mehl, Gerste, Dat teln, Oel, Kameele, Hammel u. s. w. verkauft. Ein zweiter Markt, welcher gewiß nicht der weniger unterhaltende ist — doch dürfen Männer sich auf demsel ben nicht sehen lassen — wird täglich auf den Terrassen von der Frauenwelt abgehalten. Es werden dort die ver schiedensten Dinge verkauft, Ohrgehänge, Ringe, Armbän der, Talismanbüchsen aus ciselirtcm Silber, Behälter für