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28 Dr. F. W. Paul Lehmann: Wanderungen in den Süd-Karpathen. zum Besten giebt, besonders eingeladen und müssen nun tüchtig zulangen. Damit schließt die Zeit der Duck-Duck- Cerenwnie sür das laufende Jahr, um sich im nächsten in derselben Weise zu wiederholen. Solche Eingeborene, die nicht zur Duck-Duck-Gemein schaft gehören, und welche deshalb nur gegen Bezahlung von Devaro hier und da am Feste Theil nehmen kön nen dürfen gleichfalls nie ohne eine besondere Erlaubniß den, dem Duck-Duck geweihten Grund und Boden betreten, gerade wie dies allen Weibern verboten ist. Das für die Fahrt des Duck-Duck Seitens eines wohlhabenden Häupt lings verwendete Canoe ist mit Federguirlanden, Malerei, und an den beiden Schnäbeln mit Schnitzmerk verziert. Ein solches Komm" genanntes Fahrzeug kostet circa 50 und selbst mehr Faden Devaro. Es steht circa 2 Fuß von der Erde entfernt auf Pfosten unter einem schützenden Wetterdach oder Schuppen, so lange es nicht bei solch beson deren Gelegenheiten benutzt wird. Während der Fahrten mit demselben lassen die Ruderer stets Gesänge und Jauch zen ertönen. Solch Canoe ist der Stolz des Eigners, gleich sam seine Staatsequipage. Es giebt unter den Häuptlingen auf Neu-Britannien reiche Leute, deren Vermögen in einer derartigen Menge von Devaro besteht, daß dasselbe innerhalb eines besondern Hauses ausbewahrt werden muß und gerade diese Leute bil den auch die Tonangeber bei der besprochenen Ceremonie, die ihren Reichthum vermehren hilft. Denn für ihre Aus lagen bei den Arrangements, im Vorarbeiten und bei den Speiselieferungen, bekommen sie beim Sterbefest des Duck- Duck das Doppelte und Dreifache an Geschenken zurück; somit ist die Duck-Duck-Ceremonie oder ein Theil der reli giösen Gebräuche dieser Eingeborenen auch zugleich ein ein trägliches Geschäft für die Häuptlinge i), und es liegt daher fehr in ihrem Interesse dieser Geineinschaft treu zu bleiben, anstatt sich zum Christenthum zu bekehren. r) Ich glaube, daß man in Europa Aehnliches finden kann. Wanderungen in den Süd-Karpathen. Von Dr. F. W. Paul Lehmann. II. Von Girelfau über den Negoi nach Ober-Porumbach. Der erste Schimmer des Morgens drang dnrch die halb- verhangenen Fenster meines freundlichen Zimmers und lockte mich hinauszufchauen. Klar und rein lag die stolze Bergkette mit den schneebedeckten, vom Frühroth angehauchten Gipfeln vor mir. Der Eindruck war zu überwältigend, das ganze Bild im Schimmer des Frühlings zu schön, und der Wechsel der Färbung und Schattirung zu fesselnd, als daß ich gewagt hätte, das schöne Ganze zu zergliedern und mir die Frage nach den Namen der einzelnen Gipfel nnd Thaler vorzulegcn. Goethe's herrliche Verse: „Hinauf- gefchaut! der Berge Gipfelriesen verkünden schon die feier liche Stnnde, sic dürfen früh des ewigen Lichts genießen, das später sich zu uns hcrniederwendet u. s. w?, kamen mir nicht aus dem Sinn; war es doch, als ob sie für das vor mir liegende Panorama geschrieben wären! Es war in der That eine feierliche Stunde im Fenster des stillen Pfarrhauses, ein reines Genießen ohne alle Reflexion! Der kühle Hanch des Morgens mahnte mich, meinen Anzug zu vervollständigen, und der an meinen Kleidern haftende Alt- Schlamm rief mir meine nächtliche Wanderung in Erinne rung. Noch regte sich im Hause niemand; auch ich verfiel bald in einen erquickenden Morgcnschlaf, noch im Traume die schimmernden Höhen bewundernd. Den Vormittag verlebte ich meistens unter dem Dache des Girelsauer Kirchthurms, der zu einem Beobachtungs- Platze wie geschaffen war. Bald war ich mit Hilfe von Kompaß und Karte über die Benennung der Gipfel, Grate, Rücken nnd Thäler orientirt. Vom breitbuckligen Verfu mare im Mühlenbacher Gebirge bis zum zackigen Buna tore in der Fogarascher Kette konnte man das Gebirge überfchauen. Allmälig senkte sich die flachwellige Linie des Mühlenbacher Gebirges gegen den Rothe-Thnrm-Paß, in kürzeren Wellen stieg sic von hier empor zum Sur ul nnd führte dann, zackig und vielfach gebrochen, über stumpfe, pyramidale Gipfel zum Bunatore. Durch tief geschnittene Thäler von einander getrennte Ausläufer senkten sich vom Kamme, erst als zackige Grate, dann als steilgewölbte Rücken gegen die den Nordfuß der Kette umsäumende Ebene, so daß das Gebirge einer von der Seite gesehenen, kolossa len Wirbelsäule mit den von ihr ausgehenden Rippen glich. Am Nachmittage wanderte der Herr Pfarrer mit mir nach Frek, nm zwei des Gebirges kundige Rumänen als Führer auf den Negoi zu engagiren. Aus dem Heimwege mußten wir unsere Unterhaltung über die in den Dörfern der Alt- Ebene übliche Dreifelderwirtschaft unterbrechen und uns in Geschwindfchritt fetzen, da drohendes Gewölk aus Nord west heranzog. Die grauen Wetterwolken jagten bald über uns hin, zum Glücke ohne ihre Wasservorräthe über uns auszuschütten. Die dicht geballten Massen gewährten einen prächtigen Anblick, wie sie sich, Blitze aus die sturmgcpeitschtc Ebene herniederscndend, gegen das noch zum klaren Himmel emporragende Gebirge heranwälzten. Beim Abendessen hatten wir auf eine Stunde die Ge sellschaft eines rumänischen Geistlichen. Da wir uns deutsch so schlecht verständigen konnten als rumänisch, schlug der Herr Pfarrer eine lateinische Konversation vor, die auch bald leidlich in Fluß kam, da wir das Gefühl keines klassi schen Philologen zu schonen hatten. Der Geistliche pries in warmen Worten seine schöne Muttersprache als echte Tochter der lateinischen. Fließend lateinisch sprechen hieß ihm nicht etwa „optima uti lingua latina", sondern tlu- snber labins logui, eine Wendung, die direkt aus seinem Cicero stammen sollte! Slavische Ausdrücke waren nach der Ansicht dieses Herrn natürlich selbst in der Sprache der rumänischen Hirten und Bauern gar nicht vorhanden! Als ich an Ausdrücke wie ooUda und posaua für „Hütte" und