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günstig, die Aussicht angenehm. Unten im Thate liegt die Ruine einer zweiten, großen Kirche. Der Name Biela wird wohl von Bsla IV. abzuleiten sein. Bekannt ist mir nur, daß 1491 der Konvent der Kreuzritter von St. Stephan zu Biela den Nikolaus He- dervar als Eigenthümer von Pozega in sein Besitzthum ein führte, und daß 1500 Franz Hedervar im Kloster zu Biela seinem Schwager Stephan Rozgvny und dessen Gemahlin Katharina das Schloß Pozega mit den dazu gehörigen Grundstücken verpfändete. Meiner Meinung nach muß diese Gegend einst sehr bevölkert gewesen sein, denn nicht weit von hier, am gegenüber liegenden Petrov-vrh, stand ebenfalls eine Burg. Das Volk erzählt davon eine Ge schichte, die lebhaft an die Erzählung Ovids vom Icarus erinnert. Es lebte, heißt es, in Petrov-grad (dies der Name der Burg) ein böser Gebieter, der sowohl seine Un- terthanen als auch Reisende plünderte, ergriff, zu Sklaven machte und sie zwang, an der Ausbesserung seiner Burg zu arbeiten. Unter anderen hielt er schon 20 Jahre einen Mann gefangen, den er seiner Familie entrissen, und ihn nie mehr eines seiner Kinder, geschweige seine Frau sehen ließ. Kummer und Elend zehrten ihn zum Gerippe herab. Da erschien plötzlich eines Tages ein junger Mann in der Burg und gab sich dem Alten heimlich als dessen Sohn zu erkennen. Die maßlose Freude des Vaters verdarb der auftauchende Gedanke, sein geliebter Sohn werde in dem Raubneste, wie er, als Sklave zum elendesten Dasein ge zwungen werden. Er ergriff verzweifelt ein Messer, das er dem Sohne in die Brust stieß. Sterbend bekannte der Er mordete dem weinenden Vater, daß er zu seiner Rettung gekommen sei. Seit langer Zeit in der gegenüber liegenden Burg Biela eingekerkert, habe ihn die Noth zum Erfinder gemacht. Auf Flügeln von Schindeln sei er herübergeflogen, um mit seiner Erfindung auch den Vater zu retten. Kaum entschlüpste das letzte Wort seinem Munde, so verschied er. Die hölzernen Flügel zu lenken verstand sonst Niemand, und mit ihm starb die Kunst des Fluges, bis sie ein gewisser Degen wieder erfand. Die Erzählung klingt um so eigenthümlicher, wenn man sie aus dem Munde eines einfachen Bauern hört. Noch war ich mit dem Zeichnen der Ruine beschäftigt, als mich mein Begleiter fragte, ob ich denn nicht ins Klo ster Pakra gehen wollte, nm es zu besichtigen. Die Herren Kalugjeri würden sich sehr freuen, einen Fremden zu bcwirthen; es sei übrigens schon ein Mann dahin gelaufen, meine Ankunft zu melden. Da der Weg nur etwa eine Stunde betrug und nicht gegen mein Programm verstieß, so entschloß ich mich kurz und ging, von meinen vorigen Be gleitern umgeben, in östlicher Richtung weiter. Die erste halbe Stunde des gemach aufwärts steigenden Weges bot nicht viel: kurzes Gestrüpp auf allen Seiten; Haselstauden, Brombeeren, Hagebutten, Wachholder im bunten Durchein ander. Verkümmerte Bnchenbüschc in zahlreicher Menge strecken ihre Zweige über den schmalen Fahrweg und lange, Uberhangende Eichenäste bringen Hut und Haupt des un vorsichtigen Reiters oder Fahrenden mehr als einmal in Gefahr. Oben auf der Kuppe ragt ein riesiges Kreuz ein sam in die Höhe. In langen Linien dehnten sich verschieden gefärbte Wollendimke weithin über die im Norden und We sten gehäuften Berge. Im Osten that sich eine tiefe, fin stere Schlucht auf, gebildet von den Gipfeln, die sich gegen ZveLevo und den Papuk aneinander reihen. Der Schrei des Hehers und das Girren der Ringeltaube vermischte sich mit den harmonischen Tönen ferner Kirchenglocken in der Tiefe, dem sich das Rauschen eines Baches wie dum pfer Orgelton beigesclltc. Weit unten sah ich über die Bäume das golden glänzende Kreuz des Klosterthurmes herausragcn. Meine Schritte beeilend betrat ich den jäh abwärts führenden Weg, der sich am rechten Pakra-Ufer hinabwindet. Wild freilich sieht es hier zwar aus, doch geben die dunkeln Schatten des Waldes, die sonnigen Stellen und die darüber hinfliegenden Wolken ein rei zendes Bild. Der Weg, obwohl an Felswänden hinfüh- rend und steinig, ist sogar ziemlich gut befahrbar. Als ich an dem hohlen Stamm einer Eiche vorbeikam, summte ein Schwarm wilder Bienen im Kampfe mit einer Hornis in gefährlicher Nähe eine Strecke hinter uns drein; der Dampf der Pfeifen und meiner Cigarre verscheuchte sie endlich. Hohle Buchen, besonders aber Eichen sind in Slavonien etwas Alltägliches. Das müßige Hirtenvolk zündet zum Zeitvertreibe die schönsten Stämme an, die dann ihre vom Rauch geschwärzten, fenerzerfressenen Höhlungen gähnend öffnen. Viele Bäume scheinen nur mehr auf der Rinde die Last der Aestc zu tragen. Obzwar dem übermüthigen Hirtenvolke die Forsthüter fleißig auf die Finger sehen, so richten sie dennoch Schaden genug an. Nachdem wir eine Menge geputzten Volkes eingeholt, bogen wir am Grunde der Schlucht um die Ecke; das Kloster mit seiner Kirche lag im üppigsten Grün vor mir, rings um die Berge in Wolkenhöhe. Das Gebäude ist stockhoch, gut gebaut und geräumig. Eine kleine Holzbrücke über der schäumenden Pakra führt zur Walk- und Mahlmühle, welche Eigenthum des Klosters ist. Im Bette des Ba ches liegen Stcinblöcke, hoch mit den verschiedenartigsten Pflanzen bewachsen; die Gräser am Ufer sind, da nie ein Sonnenstrahl dahin dringt, immer feucht. Die romantischste Einsiedelei, die man sich denken kann. Sie stammt wahr scheinlich aus dem Jahre 1697, als sich mit Bewilligung des Bischofs geflüchtete serbische und bosnische Mönche ne ben dem damals hölzernen, ganz baufälligen Kirchlein nie derließen, einige Zellen erbauten und unter der Leitung des Metropoliten Gregor lebten, der sich nach seiner Flucht aus Morava seiner Würde begeben hatte. Später über siedelten alle nach St. Anna und erst 1738 kamen andere Mönche aus Gomionica in Bosnien, die das verlassene Kloster bezogen. An Stelle der alten Kirche trat im Jahre 1761 eine neue, weil jene durch einen Mord entweiht wor den war. Man hatte nämlich einen Irrsinnigen aus Poljana, den man vom Teufel besessen glaubte, hineinge sperrt, jedenfalls in der Meinung, daß Satan, durch die Bilder der Heiligen auf der Jkonostasis und die Weihe des Ortes erschreckt, aus dem Besessenen heraus und stracks zur Hölle fahren werde. Da jedoch Meister Urian, wahrschein lich blind und geruchlos, das Weihwasser nicht roch, auch die Jkonostasis nicht bemerkte nnd hartnäckig blieb, so warf der arme Kranke, von ihm inspirirt, Bücher, Geräthe und Bilder hinaus und zerschlug und zerbrach, was ihm in die Hände fiel. Da entschloß sich der Djakon Timotija Kom- nenifl, den Excessen des groben Dämons ein Ende zu machen. Er trat mit allen Formeln der Beschwörung in die Kirche, ergriff den Besessenen beim Kragen und suchte ihn mit Gewalt hinauszudrängen. Allein dieser verstand keinen Spaß und spaltete dem Djakon mit einer Axt mitten im Kirchlein den Kopf. Man wollte dort keine Messe mehr lesen und so entstand das jetzige Gotteshaus. Dieses wird sehr rein gehalten, hat auch einige kostbare Alterthümer, die mir Djakon Longin nebst den umfangreichen Räumen des Klosters bereitwillig zeigte. Der Speiscsaal ist mit Oelgemälden der Bischöfe und dem des Grafen Jankovio vonDaruvar geschmückt. Ich war sehr zuvorkommend empfangen und gleich zum Mittagsmahle eingeladen worden; in heiterer Gesellschaft setzte ich mich an die wohlbesetzte Tafel. Die griechisch orientalischen Mönche thun sich, wenn cs anders ihre Ver-