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340 E. Kramberger: Daruvar in Slavonien und seine Umgebung. Daruvar in Slavonien nnd seine Umgebung. Von Prof. E. Kramberger. I. Am frühen Morgen eines Septcmbertages machte ich mich auf den Weg nach Daruvar. Kaum einige hundert Schritte von Pakrac zieht sich die Straße auf einen Berg auf weiter Strecke hinan. Die Anhöhe heißt, wie jene im Nordosten des PvMganer Thales, Krndija. Die slavischen Namen wiederholen sich, wie schon früher einmal bemerkt, in den fernsten Gegenden. So kommen häufig dieselben Orts-, Burg-, Berg-, Wald- und Flußnamen in Bosnien, der Herccgovina, in Kroatien, Slavonien und Serbien vor. Ja dieselben Namen von Gewässern, Quellen, Waldhainen finden sich in der Slovakei, wie in den südslavischen Ländern. Dies kommt daher, weil sie alle treffend gewählt sind und die Eigenschaft oder ein Kennzeichen eines Dinges genau bezeichnen. Man findet, um ein Beispiel anzuführen, den Fluß-, Bach- nnd auch Ortsnamen Bistra und Bistrica in allen slavischen Ländern, denn beides bezeichnet ein Helles, klares Wasser. Auf der Höhe angelangt, geht es eine hüb sche Strecke durch Buchenwald hin. Lachen und Singen weiblicher Stimmen brachen sich, aus dem Dickicht dringend, in vielfachem Echo an den Stämmen. Endlich erblickte ich eine Schar Frauen nnd Mädchen Schwämme suchend über eine bedeutende Fläche hin zerstreut. In den slavonischen Wäldern schießen, wenn die Jahreszeit günstig, außer dem Herrenpilze andere genießbare Pilze in großen Mengen hervor, welche gesammelt, gereinigt, zerschnitten, an der Sonne ge trocknet und für den Winter aufbcwahrt werden. Ich sah sie schon auf Handwagen massenhaft hcimführen. Es ge deiht da die Speise-, Spitz- und gelbe Keulcnmorchcl, der Zicgcnbart, der Pfifferling, der Reizger, Hirschling, der Kaiserling; auf grasigen Hügeln auch der Flockenstänbling; an einigen Orten auch die Speisetrüffel. Ueppig wächst hier an den Waldrändern die Brombeere, deren Früchte ausnehmend groß werden. Sie bedeckt oftmals ganze Flä chen. Auch den Wachholdcrstranch trifft man allenthalben; daher das häufige Vorkommen der Wachholderdrossel (Bra- venjak) in schncereichen Wintern. Dem Vogel wird seines würzigen Fleisches wegen auch von Bauern, die ihn zu Markte tragen, auf alle mögliche Weise nachgestellt. Die wilde Rebe rankt sich zu enormen Höhen empor; ihr Stamm dient zu laugen Brunucnstangcn, zn Ringen an den Wagen oder an Hausthorcn; die Trauben an denselben weisen manchmal der edlen an Größe gleichkommcndc Beeren auf, nach dem ersten Reif eine willkommene Leckerei für die wild herumklctterndeu Knaben. Als ich den Wald verließ, bot sich mir eine anmuthige Landschaft dar. Wo das Auge hinblickt, sieht es Berge mit großem Holzrcichthum. Jedoch wird die Ansfuhr des Nutz holzes au vielen Orten recht schwer. Mau versuchte zwar auch hier Saumthicre anznwendcn, allein die Kosten wurden zu hoch und der Versuch wieder aufgegeben. Nach einer Stande etwa hinter dem Walde erreicht man das kleine Dorf Badljcvina, welches in einem fruchtbaren Thale liegt und schon zur Herrschaft Daruvar gehört. Ich war eine Weile zu Fuß gegangen und kam nun auf eine Wiese, wo man Heu machte. Ich näherte mich einer Gruppe, nm ein Gespräch anzuknüpfen. Es fiel mir auf, daß bei einigen der Frauen lange Henhalme aus dem Busen herausragten. Auf meine diesbezüglichen Fragen antworteten sie mit Kichern und den wenigen ausweichenden Worten: Qli suumo" (Wir wissen es). Ich holte also seitab einen ältern Mann darüber ans. Er sagte, eine alte Sitte erheische es, daß sich jede von den beim Mähen anwesenden verheirathe- ten Frauen sieben Halme von dem zuerst unter der Sense gefallenen Grase nehme und im Busen heimtrage, um sie aufzubewahren; das erleichtere die Geburt. Bei dieser Ge legenheit sei erwähnt, daß die Zahl 7 in den Liedern und alten Gebräuchen der Südslaven überhaupt eine bedeutende Rolle spielt, jedenfalls eine Erbschaft aus uralten Zeiten, wie anch das Aufbewahren der sieben Henhalme eher ein heidnischer Gebrauch denn Aberglaube sein wird. Ich schritt bis zu den auf einem niedrigen Hügel stehenden Oekonomie- gebäuden der Meierei. Die Wohnung des Beamten bedeckten blaue Blüthen einer Kletterpflanze bis zum Gipfel. Als sich eine Mente großer, weißer Schäferhunde mit müthcndcm Bellen auf mich losstürzte, zog ich es vor den Wagen zu be steigen, als mich in einen Kampf mit den gefährlichen Thie- ren einzulassen, die uns noch lange bellend und kläffend ver folgten. Wenn man solchen Thieren zufällig draußen auf den Weiden begegnet, hat man einen schweren Strauß mit ihnen zu bestehen; gnt, wenn der Hirte nahe ist. Ihre mit Stachelkctten besetzten Hälse machen sie zu den stärksten und unüberwindlichen Feinden der Wölfe, deren es hier herum genug giebt zum größten Schaden des reichen Wildstandes. Von Badljcvina geht es fortwährend Berg an und ab bis Doljani. Hier senkt sich der Weg allmälig bis zum letzten Hügel, auf dem man gern weilt, nm einen Augen blick die ganz eigcnthümliche Landschaft recht zu betrachten. Links erhebt sich unter der langen nach Nord laufenden, mit Häusern besetzten Hügelkante ein mäßiger Hügel mit Mais feldern und niedrigem Gebüsch mitten in einer ausgedehnten Wiese, die Stätte, wo einst die große Benediktiner-Abtei St. Helena de Podborje stand, gestiftet im Jahre 1270 unter Stephan V. ch. Münzen und anderweitige Alterthümcr, hier gefunden, zeugen vom hohen Alter des Platzes. Vor dem Beschauer dehnt sich eine knrze Pappelallce bis in die Hauptstraße des Marktfleckens, der aus dem Thale wicder bis auf die hohen Hügelrücken im Hintergründe weit hin- aufrcicht und nur eine oder zwei kurze Gassen als Seiten arme nach Westen entsendet. Weingärten nnd Winzcrhäuscr, Wald und Berg reihen sich im Osten aneinander; darüber hinaus ragt der Kegel des Pctrov vrh in die Lüfte. Cr ist das Barometer dieser Gegend, sein mit Nebelmassen ver hüllter First der zuverlässigste Regendeuter. Neber eine kleine Steinbrücke betritt man Daruvar. Der hohe Schlot einer Dampfbrettersäge fällt uns auf. Noch vor einem Jahre hörte man da das Kreischen der Kreissägen Tag und Nacht. Ungeheure Massen Holzes, riesige Eichcn- stämme lagen da zu Hunderten in dem geräumigen Hofe; Wagen fuhren ab und zu; Fuhrleute mit dampfenden Ros sen, Tagiöhncr schrien beim Abladen der schweren Stämme ') Feßler II, S. 881 a.