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in südlicher Richtung von Hebron abführt, geht einige Stunden weit noch zwischen Weinbergen, Oliven-, Obst gärten und gutbcstellten Feldern entlang bis zu dem großen Dorfe Dhoherije, in dessen Nähe sich Trümmer alter Be- festignngswerke zeigen. Dicht hinter diesem Dorfe, ohne jeden Ncbergang, fängt aber die traurigste Wüste an. Ucberall liegen hier mehr oder minder zerbröckelnde Blöcke gelblichgrauen Kreidetalks auf dem Boden zerstreut; dazwi schen wächst verkümmertes Eichengebüsch und hin und wie der ein Arbutusstrauch (^rbntns nnsäo). An einigen römischen Ruinen vorüber, welche das alte Bcth-Zachara und somit die Stelle bezeichnen, wo Antiochus Enpator den Judas Makkabäus besiegte (1 Makk. 6, 32 ff.) zieht sich der Weg allmälig höher an den Abhängen des Gebir ges hinauf, um endlich, in geringer Entfernung östlich von der Gipfellinie bleibend, mit dieser parallel nach S. S. O. zu gehen. Der hier mehrfach von tiefen Klüften und Thälern durchschnittene Kamm bildet die Wasserscheide zwischen dem Gebiete des Mittelländischen und dem des Todten Meeres. Allmälig hören auch die Dörfer auf, die sich bisher noch vereinzelt gezeigt haben; wellenförmige Sandebcnen, weite Kicsflächen und mit Steinen übcrsäeter Felsboden wechseln mit einander ab und ziehen sich in unabsehbarer Folge durch die große Wüste Tih nach Süden hin bis zum Sinai. Auch hier repräscntirt die munter zwitschernde Hau benlerche wieder das ein zige Leben in der Land schaft. Nnr während einer kurzen Zeit des Jahres, in den Frühjahrsmonatcn, verliert diese Bergwüstc den Charakter der trauri gen und zugleich großarti gen Einöde. Der Boden bedeckt sich daun mit stach lichtem Ginstergesträuch und Astragalusgestrüpp, sowie mit den Hauptver tretern der syrischen Frühlingsflora, verschiedenen Jrisarten und Anemonen, und die TaRmire-Bedmucn, deren nie drige, schwarz und weiß gestreifte Zelte man jetzt von der Höhe aus in den Thalsenkungen nach dem Todten Meere hin liegen sieht, bringen ihre zahlreichen Ziegen-, Schaf- und Kameelherden auf diese spärlichen Weiden. Tag und Nacht hallt dann die Gegend von dem Geblök der Herden und dem dumpfen Gebell der großen, schwarzen, zu jeder Zeltniederlassung der Ta'ämirc gehörigen Wächtcrhundc wieder, um nach wenigen Wochen schon sich wieder in die alte todte Einöde'zu verwandeln. Die beiden Brunnen von Beerseba liegen in geringer Entfernung von einander; sie sind kreisrund und innen mit einet» starken, augenscheinlich sehr alten Mauerwerke ausgefüttcrt. Der größere hat einen Durchmesser von 12>/2 Fuß und bis zum Wasserspiegel eine Tiefe von 44 Fuß, unter demselben scheint er noch etwa 16 Fuß in den Felsen gegraben zu sein; der zweite, der ungefähr 300 Schritt westlich von dem crstern liegt, hat nur S Fuß Durchmesser und 42 Fuß Tiefe, enthält aber ein ebenso klares, kaltes und wohlschmeckendes Wasser wie jener. Die großen Steine, die den obern Rand der Brunnen bilden, sind von tiefen Rinnen durchfurcht, welche die auf- und abgehenden Stricke der Schöpfgefäße allmälig eingefchnitten haben. Rund herum liegen in einem großen Kreise eine Anzahl roher Stciutrögc, in welche die Hirten und Kameel- trciber das Wasser für ihre Thicre gießen. Auf einem etwas nördlich von den Brunnen gelegenen Hügel zeigen große unförmige Ruinen, sowie zahlreich im Boden vorhandene Thonschcrben die Stätte des alten, von Eusebius und Hieronymus erwähnten Dorfes Beerscba an. Hier ist also der Ort, an den die alttestamentarische Er zählung so oft die Lagerplätze der Patriarchen verlegt; von hier läßt sic Abraham mit Isaak nach dem Berge Morija, von hier Iakob nach Haran gehen; hier soll Samuel sei nen Sohn den Richtern überantwortet und hier Elias auf seiner Flucht im Schatten der Wachholdcrbüsche gerastet haben. Ans einer kleinen Anhöhe dicht bei den Brunnen schlug Lortet sein Lager für die Nacht ans; der Abend war herrlich, die Luft von einer Trockenheit und Durchsichtigkeit ohne Gleichen. Bei Sonnenuntergang färbten sich die um gebenden Hügel mit dem schönsten Dunkelroth und Violett; strahlcnlos, wie eine große glühende Scheibe, versank die Sonne unter dem Horizont. Eine Zeitlang herrschte noch reges Leben um die Brunnen; Hirten, die ihre Herden in der Umgegend geweidet hatten, brachten sic hierher zur Tränke; bald kreischten die Stricke, an denen sie das Wasser in ledernen Eimern aus dem Brunnen Herauf ziehen, ans den Steinrän dern, die Thiere fchartcn sich geräuschvoll um die Tröge, und es gehörte eben nicht viel Phantasie dazu, um sich einige tau send Jahre zurück- und in die Zeit zu versetzen, da die „Kinder Gottes" hier in derselben Weise Herden tränkten. Mit dem Ein bruch der Dunkelheit trat allmälig die Stille der Wüste wieder ein; die Kameele kehrten zu ihren Weideplätzen zurück, die Ziegen zerstreuten sich zwischen den Hügeln, nnd als Lob tet, noch lange vor seinem Zelte stehend, sich an der Pracht des reich gestirnten Himmels und an der Kühlung erfreute, die ein vom Sinai her wehender frischer Wind brachte, hörte er um sich nichts mehr als das leise Pfeifen der hier massenhaft vorhandenen Springmäuse und aus der Ferne den gelegentlichen Schrei eines Schakals. In der Frühe des folgenden Morgens trat er den Rück weg nach Hebron an, von wo er nach kurzer Rast nach Bethlehem weiter ging. Bis zu dem Dorfe Bst Zakaria (etwa eine Stunde Weges vor den Salomonischen Teichen), der Straße nach Jerusalem folgend, verließ er dieselbe hier, nm sich auf einem selten betretenen, beschwerlichen Gebirgspfade zunächst nach Osten, nach dem Wadi Chareitün, zu begeben. Eine mehrstündige mühevolle Bergwanderung brachte ihn an den obern Theil des Thales, das, ein Seitcnthal des Wadi Artas, hier eine wilde schmale Schlucht vou etwa 150 m Tiefe ist, in der eine Menge ungeheurer Felsblöcke auf- und übereinandergcschichtct liegen. Das Dorf Charci- tün, unweit des alten Thekoa, führt, ebenso wie das Thal, seinen Namen von dem heiligen Chariton, der im Anfänge des fünften Jahrhunderts zum Danke für seine Errettung ans Räubershand eine sogenannte Laura oder Mönchskolonie bei Thekoa gestiftet, sich selber aber als Einsiedler in djc Mündung eines der Brunnen vou Beerseba. 43*