Volltext Seite (XML)
E. Kramberger: Pakrac und Lipik im Westen des Pozeganer Comitats. 299 sitzt der Dudelsackbläser (Kchckas). Die Leute sind alle schön geschmückt; die Hüte der Männer mit Blumenbüscheu, die Häupter der Mädchen mit Kränzen. Oft hat der Bräu tigam ein rothweißes Tuch ausgebreitet auf den Rücken gebnnden. Der Oaus ermangelt nicht unterwegs seine Späße zu machen. Häufig erscheint er beritten, wozu er sich gern den elendesten Gaul, der zu finden, aussucht. An den Hut steckt er einen Gansflügel, kleidet sich auch hier und da oben als Mann, unten als Weib. Er hat das Recht Jedermann Derbheiten zu sagen und ist in Bezug auf feine Späße nicht wählerisch. Es ermahnt ihn z. B. Jemand mit Hin blick auf deu dürren Klepper, den er reitet: Du, Oaus, vergiß nicht Dein Roß zu füttern, damit es nicht umfällt. „Nein! lieber Herr oder Freund," rnft der schlagfertige Spaßvogel vom Pferde springend, „ich werde mir Ihren Namen in mein Protokoll einschreiben, damit ich bei Ihnen Futter kaufen kann." Dazu hebt er den Schwanz des ge duldigen Thieres hoch und macht an einer gewißen Stelle die Pantomime des Schreibens. In einigen Gegenden fährt er zu Wagen einher i). Der Akt der Trauung währt bei den orientalischen Griechen sehr lange. Die Braut leute werden zum Schlüsse mit Kronen gekrönt und drei Mal um den Altartisch geführt, wobei drei Mal zuerst der Geistliche, dann der Bräutigam und zuletzt die Braut aus einem Glase etwas Wein nippen. Statt der Krone pflegt mau den Neuvermählten auch Kränze als Symbol der unverwclkten Jugend und Keusch heit aufs Haupt zu setzen. Der Debeli kum und Stari svat stehen indeß mit brennenden Lichtern da. Nach der Krönung wenden sich die jungen Eheleute zu ihnen, um ihnen die Hände, die Beistände aber, um die Heiligenbilder auf den Kronen zu küssen. Nach der Trauung begiebt sich der Zug in derselben Ordnung wieder ins Haus der jungen Fran, die jetzt zur Seite ihres Mannes sitzt. Das Mittags mahl wurde unterdessen gerüstet, man setzt sich zu Tische. In einigen Ortschaften essen die Mlada (junge Frau), der Djever und die Jenga (Djcvcrusa) in einem abgesonderten Zimmer. Uebrigens genießt die Mlada auch jetzt nur Suppe. Abends brechen alle auf, um die Mlada, nachdem sie den Segen der Eltern erfleht, zum Hause des jungen Ehcherrn zu begleiten, wo sie eine seiner Schwestern em pfängt; der Weg wird unter Gesang der jungen Begleite rinnen zurückgelcgt. Beim Eintritte in das neue Heim beginnt schon das Kolo, getanzt von den Mädchen, welche die Ankömmlinge erwarteten; ihnen schließen sich die aus den Wagen gestiegenen Gäste nebst dem jungen Paare an. Frische Lieder ertönen in der Runde, Witze erheitern die Tänzer, bis das junge Paar aus dem Kolo scheidet. Ucber reingewaschene, untergcbreitete Lcinwandstrcifen schreitet es bis zunr Küchenherde, zum Zeichen, daß Reinlichkeit in ihrem Hause walten werde. Indeß beginnt ein wichtiges Amt des Debeli kum. Durch seinen Austritt das Kolo ganz auflösend, wirft er mit vollen Händen Silber- und Kupfermünzen unter das von allen Seiten herbeigeströmte halberwachsene Volk. Eine anhaltende Balgerei beginnt. Je reichlicher der Müuzcnrcgcn ist, desto höher sein Ansehen und lebhafter die zahlreichen „Tivio", die ihm zu Theil werde», indem sie zu neuen Spenden aus der Torba, wor ein er greift, auffordern. Wenn die Jungvermählte die Küche betritt, reicht man ihr nach alter Sitte ein männliches Kind; sie küßt dasselbe und, ihm ein Tüchelchen nm den Hals legend, blickt sie in deu Ranchfang, damit ihre Kinder schwarzäugig werden. Siehe „Globus" XXXIX, S. 297. Darauf ergreift sie einen Rocken, spinnt einige Augenblicke und schlägt schließlich mit demselben auf alle vier Wäudc. Auch pflegt man ihr hier und da Honig und Zucker in den Mund zu legen, damit ihr immer nur süße und gütige Worte entströmen. Zum Schluffe rcutert sie etwas Frucht durch eine Reuter, den Rest wirft sic dem Geflügel vor; ein Symbol, daß sie des Federviehes gut Pflegen werde. Der Kuß, den sie dann den meisten Anwesenden gicbt, be deutet Friedlichkeit. Vor dem Nachtessen schürt sie das Feuer, genießt in einem abgesonderten Zimmer mit ihrem Manne, dem Brautführer und der Kranzjungfcr wieder Suppe, verabschiedet sich von allen und begiebt sich dann in den Kiljer, der dem Paare von nun an zur Wohnung angewiesen ist. Einige aus der Gästeschar, darunter der Debeli kum, leuchten den Mladenci heim und begleiten sie mit brennenden Buchenspänen zum Kiljer. Die junge Frau hat dem Eheherru die Stiefel auszuziehen. Sie thut-es zwar, trachtet aber mit der Fußbekleidung dem Manne einen Schlag zu versetzen, der ihn erinnern soll, daß er sich den Dienst selbst erweisen muß. Dem Schlage sucht er geschickt auszuwcichen und zugleich die Schulter des Weibes leicht zu berühren, um sie an Gehorsam und Fügsamkeit zu ermahnen. Früh Morgens hat sie allen Gästen das Waschwasser zu bringen, schenkt auch dem Debeli kum, Stari svat und Bojvoda ein neues Hemde, ihrer Häude Arbeit. Dafür be kommt sie Geldgeschenke und geht von mm an nie mehr, wie die Mädchen, bloßen Hauptes, sondern bedeckt cs mit der Poculica. Die nun folgenden Förmlichkeiten mögen, da sie von minderer Bedeutung sind und uns zu weit führen, übergangen werden. In Dragovio steht inmitten des Dorfes ein runder, niedriger Thurm von weißem Stein. Er scheint, da er an der Straße liegt, den Türken oder dem Baron Trenk als Zoll- oder Mauthposten gedient zn haben. Unfern davon ragt aus einem Hausgarten die Ruine einer Kirche hervor. Neber der zerfallenen Eingangsthür ist eine Rosette in Bretzelform von nachgedunkeltcm Stein zu sehen, die an Gothik erinnert. Die Kirche war, wie alte Leute erzählen, dem heil. Stephan geweiht; schade, daß die in der Figur eingcgrabenc Jahreszahl nicht mehr zn lesen ist; es fehlt die zweite Ziffer zur Hälfte und kann nicht errathen werden. Wirft man von der Schenke am Ende des Ortes einen Blick ans die Gebirge, so bemerkt man ans einem bewalde ten Kegel eine Rninc. Wie ein riesiger Finger ragt sie in die Luft. Ich beschloß in Begleitung zweier Herren dahin zu gehen. Beide waren so freundlich mir ihre Begleitung anzutragen. Mir war dieser Umstand sehr lieb, da einer von ihnen Förster und der Thnrm in seinem Revier gelegen ist. Wir schritten durch das von einem Bache durchrieselte Thal bis zum Dorfe Caklovac am Fuße des Gebirges. Es zählt nur wenige Häuser, die auf einen kleinen Fleck zusammengedrängt liegen. Die Leute jagten, als sic uns ankommcn sahen, ihre wilden Hunde mit Steinwürfcn in die Höfe und gingen uns mit abgezogenen Hüten entgegen. Der eine unter ihnen, in grauem Rock mit grünem Kragen (UuAar oder Forsthüter), schloß sich uns an. Hinter diesen Häusern steigt man auf steilem und steinigem Wege etwa eine Stunde immer durch Wald aufwärts. Oben angelangt betritt man Felder, die ein kleines, etwas geneigtes Platcan bedecken. Sie gehören zu den zwei oder drei Häusern daselbst. Fünfzig Schritte um eine Böschung herum erblickt man über den Feldern den merkwürdigen Thurm. Der Graben um ihn herum ist durch die Länge der Zeit verschüttet. Der Bau, jetzt noch sehr hoch, mußte einst viel höher gewesen 38*