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Charles M. Doughty: Wanderungen zwischen Mmu, HLil, Khaibar und Bereida. 251 Leute, durch meine Zurückweisung crmuthigt, sich bereit zeig ten, mich anzugreifen. Wir gingen wiederum nach Gosar, blieben dort zur Nacht und zogen am folgenden Tage lang sam südwärts, indem wir das Kameel in der Wüste weiden ließen. 'Bei Anbruch der Nacht sahen wir ein Wachtfeuer vor uns und fanden, als wir es erreichten, Kameelhirten, welche ihre Thiere für uns melkten; dort legten wir uns nieder und schliefen. Am folgenden Morgen passirtcn wir wiederum el-Agella und trafen vor Anbruch der Nacht an dere Kameelherden der Schammar, von denen wir Milch erhielten; die Nacht, welche wir dort zubrachten, war regnig. Meine Gefährten, welche mir jetzt fortwährend drohten, mich zu verlassen, da ihr Dromedar mich nicht mehr tragen konnte, und sie mit dem NasarLni nicht nach Khaibar zurück- zukehrcn wagten, obwohl sie in HLil von mir die doppelte Bezahlung für die Rückreise erhalten hatten, ließ ich schwö ren, mich nicht in der offenen Wüste, wo ich keinen Weg kannte, zu verlassen, sondern nur bei Nomadenzelten. Denn sonst hätte ich sie, eher als daß ich durch ihre Berrätherei gestorben wäre, gezwungen oder ihnen das Dromedar mit Waffengewalt abgenommen; denn ich trug unter meinem Gewände ein Pistol, freilich eine große Last für mich, bei der herrschenden Hitze und meinen Anstrengungen, was aber den Arabern, die mich für waffenlos hielten, nie bekannt geworden war. Ich war jedoch stets diesen äußersten Maß regeln durchaus abgeneigt, weil sie sich wahrhaftig für einen Christen nicht ziemen und weil sie ähnliche Reisen für spä tere Erforscher nur noch gefährlicher machen würden. Wäh rend meine fußkranken Gefährten ritten, ließen sie mich lau fen, obwohl ich sehr schwach und barfuß war; doch ertrug ich alles mit Geduld, hatte aber in Folge der Anstrengung des Marschirens und der Hitze starkes Nasenbluten. So gelangten wir Nachmittags zu Zelten von Schammar- Bcduinen, denselben, welche uns bei unserer Hinreise zuletzt ausgenommen hatten, nur daß sie seitdem ihre Stelle ver ändert hatten. Ich erzählte den Leuten von der Absicht meiner Begleiter; und die Beduinen tadelten sie darum, so daß sie mich hier nicht verlassen konnten. Auf dem nächsten Tagemarsche jedoch, da ich zu Fuß ging und die Männer ans dem Dromedare vor mir ritten, schien es, als wären sic im Begriffe, ihr Vorhaben auszuführen. Um nun einen Weg zu Arabern zurückzufinden, zog ich mit meinem Stocke hinter mir beständig eine Linie in den harten Kies, was meine Anstrengung nur noch vermehrte. So kamen wir in eine Gegend, wo viel Kraut gewachsen war, und erblick ten Nachmittags vor uns nahe dem Berge Sfae schwarze Nomadenzelte, welche meine Begleiter, da sie niedrig und nahe neben einander aufgeschlagen waren, für solche der Heteim erklärten, und so verhielt es sich auch. „Hier — sagten sie — wollen wir Dich lassen und wir wollen Dich diesen Arabern empfehlen, daß sie Dich weiter senden, wohin Du gehen willst, nach el-Kasims . Wo immer ich jetzt zu Arabern kam, kannten sie mich; einige hatten mich in HLil gesehen, die übrigen hatten von dem NasarLni, der im Araberlande herumwanderte, gehört und kannten mich der Beschreibung nach. Und dies, während es doch wegen ihres bittern Fanatismus leicht hätte anders sein können, -that mir gewöhnlich gute Dienste, weil sie Gutes von mir gehört hatten, daß ich weder einem Menschen noch anch dem Lande irgendwie Böses zugcfügt hätte, weder durch meine Spionirerei noch durch unsere boshaften Zauber künste, sondern daß vielen Leuten durch meine Medizinen geholfen worden, und daß die Prinzen in HLil selbst mich mit Achtung behandelt hätten. In der Nacht machte ich hier meine Wirthe mit der Absicht der beiden Beduinen bekannt, und als letztere am folgenden Morgen mir zuriefen und mit meinem Gepäcke fortritten, weigerte ich mich ihnen zu folgen. Die Heteim sagten zwar zuerst, sie wollten mich nicht wieder aufnehmcn, aber mein Wirth ließ sich erweichen; ich ging mit ihm hin aus und wir zwangen meine Leute zurückzukehren, zuerst das Gepäck niederzulegen und dann mir einen Theil des Geldes zurückzuerstatten, welches sie fälschlich für die Rück reise nach Khaibar erhalten hatten. Dann ritten sie davon und ich blieb in den Zelten der Heteim zurück. Diese Nomaden scheuten sich mich weiter zu senden; aus Furcht, der Emir würde es von ihnen fordern, sagte mein Wirth, wenn ich dies Jahr bei ihm bleiben wollte, würde er mir seine Kamecle zu weiden geben, nnd ich sollte nicht Hnnger leiden und könnte mit dem nächsten Hadsch (B«gh- dader Pilgerkaramane) nach el-Jrak hinaufziehen. Als ich später in ihn drang, mich nach el-Kasim zu schicken, willigte er ein, mich für mein Geld zu einem Scheich der Harb, Ibn Mhal, zu bringen, der in einer Entfernung von zwei Tagereisen oder weniger gegen Osten lagere, und ich würde finden, daß diese Harb im Stande wären, mich nach meinem Ziele zu geleiten. Unser Weg führte über die hier aus plutonischem Ge steine bestehende Wüste nach Osten; am zweiten Tage fan den wir das Harb-Lager bei der kleinen Palmenoase Soleim a (S'leimi), welche von wenigen Schammarfamilien bewohnt wird. Von hier erblickten wir im Süden nach el-Medina hin in weiter Entfernung den Rand eines mächtigen Gebir ges, el-'Alem. Bei Ibn Nahal angekommen, wurden wir zu Abend bewirthet; aber da er vor Ibn Raschid Furcht hatte, machte er viele Ausflüchte und gebot uns weiter zu reiten. Dieser Mann, aus armer Familie stammend, hatte sich zu dem Rcichthume der größten Scheichs emporgeschwun gen, denn er besaß jetzt 300 und einige Kameele und einen nicht geringen Schatz an Silber, im Gesammtwerthe von vielleicht 1500 Pf. St. Als Beduine geboren, war er durch natürlichen Verstand ein gewitzter und glücklicher Kaufmann; er kaufte im ganzen Bezirke sammsn (geklärte Butter von Ziegen- und Schafmilch) auf und schaffte sie nahezu 500 engl. Meilen weit nach Dschidda hinab, wo er seine Waare mit großem Nutzen wieder verkaufte. Auch hatte er mit Kameelherden nach Aegypten Handel getrieben. Es ist keineswegs so sonderbar, bei diesen Beduinen einen so bürgerlichen Geist zu finden, denn sie sind Beduinen von Medina und in ihren Sitten mit städtischem Leben vertraut, wie denn auch ihre Sprache nach der Stadt und dem Hid- schLz klingt. Nach Sonnenuntergang fetzten wir uns wieder auf die Thiere und gelangten, in der ersten Stunde der Nacht durch ein Wachtfeuer geleitet, zu anderen Harb-Zelten; der Haus vater empfing mich in edler Weise, versprach mir, Mittel zu finden mich nach el-Kasim zu senden, und zeigte mir auch am Morgen kein böseres Gesicht, nachdem er erfahren hatte, daß ich ein NasarLni sei. Am vierten Tage darauf fand ich einen bei den Scham mar lebenden Ännöse-Beduinen, welcher einwilligte mich für einen guten Preis nach Bereida (Boreida) zu führen. Unser Weg ging nun zuerst nach Nordosten; denn es waren ge fährliche Zeiten, und es wurde berichtet, daß Ibn Sa'ud, der Wahabi, mit den 'Ateiba auf einem großen Kriegszuge be griffen, die südliche Gegend besetzt und bis an die Mauern von 'Aneize gekommen sei; es würde böse für uns sein, die selben zu treffen, da sie meinen Begleitern feindlich waren, und außerdem hätten sich die Nomaden aus allen angrenzen- 32*