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250 Charles M. Doughty: Wanderungen zwischen TeimL, Hail, Khaibar und Bereida. hat dort eine Höhe von 20 Fuß und darüber, hebt und senkt sich aber bis 30 bis 60 Fuß. Wir hatten jetzt Spuren von Arabern gefunden, die vor uns her zogen und folgten ihnen bis Mittag, wo wir sie an ihrem Halteplatze im Bezirke Jeteröha, nahe am Rande des Dschebel Hndschar, erreichten. Von dort zogen wir nach Nordostcn über den Wasserplatz el-Jemmen der Auadschi-Bisschr-Bedui- nen auf die Harrat Ethnan zu. Dieser nicht unbeträchtliche Vulkankegel, den die Araber wegen seiner scharfen Laven nie erstiegen zu haben behaupten, ist der hervorragendste unter den üilliLn, welche ich in der Harrat Khaibar gesehen habe. Bei Regenwetter glauben die Araber ans seinem Gipfel einen Hellen Dampf aufstcigen zu fehen, haben aber keine Ahnung, daß die llilliLn „Feuerberge" seien, und keine Ueberlieferung, daß irgend ein liM der Harras jemals ge brannt habe. In dieser (hier granitischen) Ebene, welche wir in der Richtung auf die Harra durchzogen, fanden sich frische Spuren und zerbrochene Eier des Straußes. Meine Gefährten' schwebten in beständiger Furcht vor feindlichen Streifpartien, die uns Angesichts unserer schwa chen Anzahl überfallen könnten, nnd sie baten mich immer wieder und wieder, in meinen Büchern nachzusehen, aus welchen ich, nach ihrer Ansicht, unser gutes oder böses Ge schick herauszulesen im Stande wäre. Inzwischen steigerte sich der Märzwind zu einem Orkane, und da wir uns in offener Wüste befanden, so suchten wir nach Sonnenuntergang für die Nacht nach Art der Nomaden Schutz hinter einem gro ßen Busche. Am folgenden Tage erreichten wir die Harrat Ethnan wieder und schliefen die Nacht am Fuße derselben HilliLn, welche ich zuerst bei meiner Reise über die Harra südwärts nach Khaibar passirt hatte. Am nächsten Nach mittage trafen wir auf der Harra jenen Ajjada ibn Adfchuein mit seinen Kameelcn, von dessen Zelte aus ich meine Reise angetreten hatte. „Und wie ging es Dir in Khaibar?" fragte er. „Wahrlich nichtsehr gut!" — „Habe ich Dir das nicht im Voraus gesagt — und doch wolltest Du hingehen!" Dann molk der Heteimi seine Kameelc für uns und wir blieben diese Nacht einige (engl.) Meilen weiter hin in Zel ten von Heteim-Nomaden. Am nächsten Morgen kamen wir nach einer Stnnde Reitens zu dem Zelte jenes Man nes, der mein „raUK" von HLil aus gewesen war und mich ungefähr in dieser Gegend im Stiche gelassen hatte; da ich jedoch zwar spät, aber doch gesund zurückgekommen war, so machte ich ihm jetzt keine Vorwürfe, und wir rasteten diesen Tag bei ihm. Am nächsten Morgen erreichten wir, stets nordwärts reitend, den Wasserplatz Bai di, zwei alte Brun nen in der Harra-Lava, welche den Bisschr gehören. Die Harra ist von hier an in großen Wellen anfge:vvrfen, welche oft tiefe kreisrunde Gruben cinschließen. Dann ließen wir das kleine vereinzelte Dorf Thürghrud eine halbe Tage reise zur Rechten liegen und stiegen bald darauf vom Nord rande der Harra hinab in eine mit Granitgeröll bedeckte Landschaft, welche, da dort seit dem letzten Herbste kein Regen gefallen war, nun mLlls.1, d. h. völlig kahl und ohne einen einzigen grünen Halm war. Dann passirten wir den Berg Thulla'an BüthraH, unweit dessen Fnßc bei meiner Hinreise Ajjada's Zelt gestanden hatte, und schliefen diese Nacht, da wir keine Araber nnd auch kein Wasser gefunden hatten, in einer vertieften Stelle unter dem Berge el-Eth- mLd. Am folgenden Morgen zogen wir weiter, ohne Wasser und immer noch durch dieselbe todte Gegend, des- i) Büthra bei den Heteim, Bothra bei den 'Annosi genannt. halb auch ohne Hoffnung, Araber zu treffen. Gegen Mittag aber fanden wir auf einem Berge ein kleines Loch voll Regcnwasser, welches wahrscheinlich von einigen einzelnen Solubbi-Jägern gegen die glühende Sonne mit einer Stein platte zugedeckt worden war. Dort stillten wir unsern Durst und zogen dann weiter bis zum Abend, wo wir eine bessere Gegend erreichten und bei Sonnenuntergang zuerst wieder eine von der Weide zurückkehrende und Nomaden ge hörige Schafherde erblickten; wir folgten derselben und kamen zu einigen Zelten von Harb-Beduinen, welche uns aufnah men, ein Schaf schlachteten und uns mit großer Gastfreund schaft erquickten. Da meine fremdartige Aussprache ihren Ohren sonderbar klang, hielten sie mich für einen Mcschhcdi, d. h. für einen Kaufmann ans Meschhed Ali, jener theil- weise von Persern bewohnten Stadt südlich von Baghdad, wie deren mehrere auf dem Sük (Bazar) in Hail zu finden sind, welche zuweilen in die umliegenden Wüsten reisen, nm den Nomaden Kleider zu verkaufen. Ein solcher Mcschhcdi, sagten sie, mir ähnlich, wie ein Bruder dem andern, sei wenige Tage zuvor hier durchgekommen. Am nächsten Tage um Mittag kamen wir zu Scham- mar-Zelten, wo meine Gefährten Bekannte antrafcn und wir die Nacht über blieben. Den folgenden Tag kamen wir vor Mittag zu dem einzelnen Weiler el-Gussa und bei Anbruch der Nacht nach dem Weiler el-Ägclla, brachen dann mit Sonnenaufgang auf und erblickten noch vor Mit tag das schon oben erwähnte Dorf el-Kasr (Kasr el-Asche- ruüt), wo wir zur Nacht blieben, passirten dann Gosar und trafen in der Mitte des Nachmittags in Hail ein. Ich fand den Emir nach Norden gezogen. Die Fürsten von Dschebel Schammar, welche viel Vieh besitzen und sich erholen wollen, folgen dem Gebrauche der Nomaden, indem sie im Frühjahre, wenn das neue Kraut aufsprießt, in Be gleitung ihrer ruäsolluKil oder Soldaten, Dromedar- Reiter und Kameelherdcn in die Wüste ziehen, und zwar dorthin, wo das meiste Kraut gewachsen ist, nnd dort sechs Wochen lang ihr Lager aufschlagcn. Ihre derartigen Ferien enden gewöhnlich mit einem allgemeinen Angriffe und plötz lichen räuberischen Ucberfalle irgend welcher feindlichen Stämme. Der Emir befand sich in der nördlichen Wüste, an einigen Brunnen unweit östlich des Bezirkes von Dschauf, und hatte in HLil als Statthalter einen eingeborenen Galla- Sklaven aus seines Vaters Hanse, Anöbir mit Namen, hinterlassen. HM aber erschien jetzt, da der Emir abwe send war und so viele mit ihm, als todte Stadt; im Sük war fast kein Mensch zu scheu, und da die Läden geschlossen waren, zeigten sich auch keine Beduinen mehr auf dem öffent lichen Platze. Ansbir, welcher früher freundlich gegen mich gewesen war, zeigte jetzt, da er das Schwert des Emir trug, dem Fremdlinge ein hochmüthiges Gesicht. Der Brief des Paschas von Medina wurde mir, da Ansbir anscheinend nicht lesen gelernt hatte, durch seinen Sekretär abgenommcn und stolz wieder zngestellt — aber uneröffnet. Ich bat einige Tage in HLil verweilen und mich nach so vielen An strengungen etwas ausruhen zu dürfen; doch dies wurde mir abgeschlagen, ebenso wie meine Bitte, mich zum Emir oder mit dessen sicherem Geleite nach el-Kasim begeben zu können. Von wo ich gekommen, dorthin sollte ich wieder zurückgehen, sagte der Sklave in Amt und Würden, und die mich begleitenden Beduinen, deren Stamm dem Ibn Raschid unterthan war, sollten bei Todesstrafe mich nach Khaibar zurückbriugen! Obwohl unser krankes Dromedar kann: mehr laufen konnte, so trieben sie doch zur Abreise, als am näch sten Morgen einige der niederträchtigen und fanatischen