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gehaltenen Hemde bekleidet waren, konnten sich über die Theilung des zuletzt eingenommenen Geldes nicht einigen. Als sie nach einem sehr erregten, durch die freundlichsten Epitheta gewürzten Wortwechsel hiermit glücklich fertig wa ren, vertranken sie erst ihre Schätze, bis sich schließlich zwei von ihnen, die keinen Ban mehr in der Tasche hatten, an schickten, meinen Begleiter und mich auf einem wenig Ver trauen erweckenden Boote hinüberzuführen. Wegen der star ken Strömung zogen sie das Boot eine beträchtliche Strecke am Ufer stromauf und fuhren dann reißend schnell schräg über die Wellen. Den Zeitverlust einzuholen, eilten wir rüstig vorwärts, hatten aber an der rumänischen Contumaz bald eine neue Geduldsprobe zu bestehen, da sich der dienstthuende Kor poral anfänglich gar nicht blicken ließ und schließlich die zahl reich harrenden mit ausgesuchter Langsamkeit abfertigte. Die Uhr ging auf acht, als ich nach Talmesch zurückkehrte, und den noch mußte ich weiter, da ich für den Abend meine Ankunft im Girelsauer Pfarrhause zugesagt hatte. Ich beschloß einen Fußweg einzuschlagen. Mein Fuhrmann versicherte mit einem Ausrufe des Erstaunens über meine Karten ch, ich würde auf dem kürzesten Wege nach Girelsau kommen, i) Die Sektionen der vortrefflichen österreichischen General stabskarte tl: 75 000). Zone 23, Col. 30, 31 und Zone 24, Col. 30. geleitete mich an die Fähre über den Cibin und „hatte die Ehre, sich ganz gehorsamst zu empfehlen". Ich wanderte zunächst 4lrm nach Osten und hatte zur linken Hand 150 bis 200 m hohe Fclsenwände, an deren Fuße einzelne Weingärten lagen, zur rechten den flachen Schwemmboden zwischen dem Zusammenfluß des Alt und Cibin; dann wandte ich mich nach Norden und eilte auf mondbeleuchtetem Pfade zwischen den hart an den Fluß tre tenden Bergwänden und dem von Bäumen umsäumten Ufer des Alt hin. Bald ward der Raum zwischen Berg und Fluß breiter, und, während der Mond hinter Wolken ver schwand, der verwachsene Pfad undeutlicher, der Boden in Folge der Regengüsse und Anschwellung des Alt sumpfig. Unsicher tappte ich eine Strecke weiter, dann versank ich bis über die Knie im Morast. Noch reichte der durch die Wol ken dringende, schwache Lichtschimmer des Mondes für mich hin, meinen Kompaß zu befragen. Durch dick und dünn, durch Sumpf und aufgeweichte Maisfelder arbeitete ich mich westwärts bis an den Fuß der Höhen durch und wandte mich dann wieder nordwärts. Anfangs ohne Weg und Steg weitergehend, schließlich auf einem schlüpfrigen Feld wege erreichte ich gegen zehn Uhr die Chaussee. Der Schim mer eines Lichtes und Hundegebell verkündeten die Nähe Gir elf aus, vor dessen gastlichem Pfarrhause ich bald in einem wahrhaft desolaten Zustande anlangte. Dr. Kuntze's Reise um die Erde. Ein tüchtiges und viel neues enthaltendes Buch ist Dr. Otto Kuntze's „Um die Erde" (Leipzig 1881, P. Frohberg, Preis 6 M.); durch die offenbare Gediegenheit seiner Angaben, seinen nüchternen wissenschaftlichen Ton, wo es gilt alteingewurzelte Vorurtheile zu beseitigen, durch sein Eingehen selbst auf die gewöhnlichsten Dinge, über welche doch Interessantes in Menge berichtet wird, zeichnet es sich vortheilhaft aus. Obwohl die Reise selbst, an wel cher Anfangs auch der Afrikaforscher K. Mauch theilnahm, schon in den Jahren 1874 und 1875 ausgeführt wurde, bieten doch diese „Reiseberichte eines Naturforschers" nicht nachträglich Ueberarbeitetes und durch Studium Ergänztes, sondern nur Auszüge aus dcm Tagcbuchc, nur Selbstcrlebtes, für das der Autor einstehen kann; was das Buch dadurch vielleicht stylistisch verliert, gewinnt es an Lebendigkeit und Zuverlässigkeit. Vielbereiste Gebiete, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika, Japan und Aegypten, überging Dr. Kuntze ganz, um sich z. B. über St. Thomas, Porto- rico, Trinidad und besonders Java ausführlicher zu ver breiten. Vortrefflich und nachahmenswerth ist der auf die Indices verwendete Fleiß; dieselben umfassen volle 20 Druck seiten und sind nach folgenden Rubriken geordnet: Anthro pologie und Ethnologie; Botanik; Geographie; Mineralogie, Geologie und Paläontologie; Zoologie. Die größte Ausbeute trägt neben Botanik, der Fachwissenschaft des Autors, die Anthropologie und Ethnologie davon; eigentliche Geographie weniger. Daß der Ton des Verfassers beim Korrigiren falscher Ansichten oft etwas heftig und gereizt wird, sei nicht verschwiegen; er mag sich doch erinnern, daß er auch irren kann, wie es ihm denn S. 474 passirt, das arabische Wort rasall - Heerde und das sanskritische racksolla - König für identisch zu halten, oder wie er S. 429 Hindu, Jndo- germanen und Dravida durch einander mengt. Doch das nebenbei! Das Buch ist jedenfalls aller Beachtung werth, weil reich an Belehrung. Wir geben im Folgenden einige kurze Proben, zunächst den Abschnitt Uber das berüchtigte Todteuthal ans Java (S. 359). „Wohl ist über keinen Gegenstand in der Welt so viel phantasirt und mystificirt worden, als über das Todtenthal Javas, Pakamaran geheißen. Früher ließ sich alle Welt aufbinden, daß durch Aus dünstungen giftiger Urticeen-Bäume — Ankiaris — durch das sogenannte Üpasgift (llpas heißt eigentlich Gift), Tau sende von Menschen und allerhand Thiere, darunter Tiger, Rhinozeronten, Schlangen, Vögel getödtet wären und dort lägen; später fand man die aus der Erde strömende Kohlen säure als die schreckliche Ursache der angehäuften Leichen und noch neuerdings fpukt es in guten wissenschaftlichen Büchern von dergleichen Schrecknissen, trotzdem Junghuhn das Terrain erweitert hat, bei vielen Besuchen einzig und allein nur eine und dieselbe Leiche eines Menschen zweimal ge sehen und bei einigen Besuchen gar keine Kohlensäure fand. Das Todtenthal ist nichts weiter als eine Fabel. Dieses Todtenthal im Dienggebirge ist ein enger, kleiner Kessel, vielleicht ein ehemaliger Nebenkrater, keineswegs ^4 Meile breit, zu dem ein besonderer Weg erst hinaufführt, der am Ende durch ein Geländer abgeschlossen ist; dann geht man 100 Schritte bergab nnd dort ist eine kahle, etwa 6 bis 7gm haltende Fläche, wo einige Steine liegen und der Regen etwas Dammerde angeschwemmt hat; an dem Rande dieser flachen Stelle grünt und wuchert die Vegetation; ringsum ist alles dicht bewachsen; nur Bäume sind nicht mehr vor handen, jedenfalls in Folge des Holzmangcls von den Ja vanern weggeholt; zwei schmale Fußwege führen hernnter, die ich betrat, trotzdem mein Führer und Diener mich mit äußerst ängstlichen Mienen zurückzuhalten suchten und erste-