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244 Desire Charnay's Ausgrabungen in Mexico und Central - Amerika. die Länge des Gebäudes, das eine doppelte Flucht gleich mäßiger Zimmer enthielt, 71,50 m, die Breite dagegen nur 8,50 m. Die Mauern, von denen die südliche ja voll ständig erhalten ist, hatten eine Höhe von 3,50 in; das Dach war, wie bei den meisten Häusern von Palenque, schräg. Sehr kleine gebrannte Ziegel von rother Farbe und ein fester, aus den zerstampften Schalen der Lagnucnmuscheln hergestellter Kalkmörtel bildeten das Material. Die an ihrem untern Theile mit polirtcm Stnck bekleideten Mauern scheinen oben schmucklos und nur mit einer gelblich - rothen Farbe bemalt gewesen zu sein, von der sich an der Südwand noch deutliche Spuren zeigen. Nach den vielfach zerstreuten Trümmern zn urtheilen, scheint ein reich ornamcntirter Fries rings um das Dach gegangen zu sein. Aehnliche aber bei weitem großartigere, in Ccment modellirtc Ornamente haben auch die beiden großen Thürme an der Nord- nnd der Westseite des Gebündes geschmückt. Besonders an dem letztem fand Charnay unter einer Menge von kleinen Skulp turentrümmern auch verschiedene große Stücke, nach denen man sich wohl.einen Begriff von dem Rcichthum nnd der Mannigfaltigkeit dieser Zierrathen machen kann. Leider fanden sich von einer breiten, sauber ausgeführtcn Borte, Ornament von dem westlichen Thurme von Comalcalco. (Nach einer Photographie.) Basrelief von dem westlichen Thurme von Comalcalco. (Nach einer Photographie.) die wie eine kolossale Vergrößerung der seltsamen Hiero glyphen von Palcnqne erscheint, nur noch ganz vereinzelte, zusammenhanglose Stücke vor. Merkwürdig und durch die Schönheit der Modcllirung auffallend ist auch der Ucberrcst eines großen Basreliefs vom westlichen Thurme, die lebens große Gestalt eines Mannes darstellend. Eine oberflächliche Kenntnißnahme der benachbarten Pyramidenhügel, ihrer Ruinen und Trümmerhaufen über zeugte Charnay, daß dieselben ohne Frage ihre Entstehung der nämlichen Zeit verdankten, wie jener erste, bestärkte ihn zugleich aber auch in seiner Ansicht, daß diese sämmtlichen Bauten bei weitem nicht so alt sein könnten, wie gemeinhin angenommen wird. Eine spätere eingehende Untersnchnng dieses unglaublich reichen Feldes, eine Untersuchung, die wohl Jahre in Anspruch nehmen kann, wird es darthun, ob die Stadt wirklich, wie Charnay vcrmuthet, die alte indianische Hauptstadt Ceutla gewesen ist, deren glänzende Paläste die der Küste nahenden spanischen Eroberer schon von ihren Schissen ans erblickten. Der bis auf den heutigen Tag gütigen Tradition znfolgc soll Ceutla freilich dicht bei dem heutigen Frontera am Tabasco gelegen haben. Mit schwerem Herzen, weil mit dem Bewußtsein, die