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Dssirä Charnay's Ausgrabungen in Mexico und Central-Amerika. 243 ohne großes Bedauern entzogen, nm, in unbequemster Stel lung unter dem niedrigen toläo oder Mattendache des Ca- noes zusammcngekauert, Schutz gegen Sonnenbrand, Regen güsse und Mosquitos und zugleich Trost in den vortrefflichen Cigarren von Tabasco zu suchen. Je näher man der Mün dung des Flusses kam, desto mehr veränderte sich der Cha rakter der Landschaft: kleine bewaldete Inseln im Flusse, schöner Baumwuchs, zahlreiche Niederlassungen, große Kafsec- und Kakaoplantagen an den Ufern, alles machte den Ein- drnck, als befände man sich hier auf einem" selten reich be günstigten Stück Erde. Ganz unvergleichlich großartig aber wurde die Schönheit des Waldes in dem eigentlichen La- guncngebietc. Die schmalen Kanäle, welche die Lagunen mit einander verbinden, sind von mächtigen Wurzelbäumen eingefaßt, deren Zweige oben sich laubenförmig zusammen- wötben; das bis tief auf das dunkele Wasser hinabhängendc Laubwerk ist von unzähligen großen, blauen Schmetterlingen belebt; an den Wurzeln der Bäume hängen in dichten Mas sen die rothen, behaarten Krebse, die von den Bewohnern dieser Gegend, deren Haupt- und Licblingsspeise sie bilden, als ein besonderes Gnadengeschenk des Himmels gepriesen wer den. Die kleine Stadt Paralso, in der eine zweitägige Rast gemacht wurde, entsprach den Erwartungen, die ihr klangvoller Name nnd die Schilderungen der indianischen Bootsleute erregt hatten, keineswegs. Vor etwa sieben Jahren in einem Bürgerkriege hart mitgenommen, besteht sic noch heute zur Hälfte aus Trümmern, und wenn auch ihre waldige Umgebung von wahrhaft paradiesischer Schön heit ist, so müssen doch selbst die von den Vorzügen ihrer Stadt begeisterten Einwohner zugcbcn, daß ein fast unablässiger Regen zu diesen Vorzügen gehört. Nicht sehr viel besser schien auch Co male al co iu dieser letzter» Be ziehung daran zu sein, ein ansehnlicher, gut gebauter Ort, in dem Charnay die freundlichste Aufnahme nnd auf die Empfehlungsbriefe des Gouverneurs der Hauptstadt hin auch bereitwillige Unterstützung seiner Arbeiten sand. An Mauerreste des Palastes von Comalcalco. (Nach einer Photographie.) die halbaquatische Existenz des nassen Lagunendorfes, dessen Honoratioren selbst sämmtlich barfuß gehen, gewöhnten sich die Reisenden ebenso bald, wie an den zuerst überraschenden Anblick des allgemeinen Tabakrauchens. Freilich ist ja Tabasco das Land des Tabaks par axosllanoa, und die Cigarre gehört hier mehr noch als im übrigen Mexico zu den ersten Lebensbedürfnissen der Einwohner; daß aber in Comalcalco die kleinen, kaum fest auf den Füßen stehenden Mädchen von drei und vier Jahren selten anders als mit der großen brennenden Cigarre im Munde zu sehen sind, ist eben eine Eigcnthümlichkeit des Ortes. In Begleitung des Arztes von Comalcalco sowie des Eigenthümers des betreffenden Terrains begab sich Charnay gleich am Tage seiner Ankunft nach der Ruinenstätte. Was er hier vorfand, übertraf seine kühnsten Erwartungen! Etwa 3 Km östlich von Comalcalco, am rechten Ufer des Rio Seco beginnend, zieht sich eine vielleicht 20 km lange Reihe von Pyramidenhügeln, von dem Volke der Umgegend la Cordillera genannt, in nordöstlicher Richtung dnrch die Lagune bis nahe zur Meeresküste hin. Ob die Zahl dieser durchweg aus gebrannten Ziegeln und Kalkmörtel erbauten, verschieden hohen Pyramiden wirklich, wie die Einwohner von Comalcalco angaben, über tausend beträgt, konnte Char nay nicht konstatiren. Bei der beschränkten Zeit, die ihm nnr noch zu Gebote-stand, mußte er sich vorläufig mit der Untersuchung des nüchstgclcgenen Ruincnhügels begnügen. Der längliche, heute mit dichtester Vegetation bedeckte Hügel hat eine Höhe von 30 bis 35 m; die längste Ausdehnung seiner Basis beträgt 285 m. Auf der obern Fläche befinden sich zwischen und unter dem alles überwuchernden mächtigen Baumwuchse unförmige Trümmerhaufen, daneben aber anch noch einige wohlerhaltcne Ucberreste alter Gebäude, die eine unverkennbare Aehnlichkeit mit den Bauten von Palcnquc aufweisen, jedoch zum Theil in bedeutend größern; Maßstabe gehalten sind. Da ist zunächst ein gewaltiger viereckiger Thurm, wie der von Palenqne durch die Wurzeln der auf ihm emporgeschossenen Bäume zusammengehalten. Am süd lichen Ende der Esplanade aber zeigen sich guterhaltene Mauerreste, die in Verbindung mit den vom Schutte frei- gelegtcn Grundmauern der Ostfaxadc einen vollständigen Begrifs von den Verhältnissen nnd der Anordnung des Pa lastes geben, der einst hier gestanden hat. Demnach betrug