Volltext Seite (XML)
226 Dösirs Charnay's Ausgrabungen in Mexico und Central-Amerika. verwendeten. Die Mauern wurden entweder in Weiß und Roth auf schwarzem Grunde, oder Grau in Grau mit Rosetten, Palmen und geometrischen Figuren bemalt. Von dem nordöstlichen Ende des Hügels, wo Charnay seine Ausgrabungen begonnen hatte, ging er nun nach dem südwestlichen über, wo in einer mit dichtem Gestrüppe über wachsenen Pyramide der oben erwähnte Schatzgräber be reits bis auf eine Cementschicht gegraben hatte. Die Ar beiten, welche mit 45 Menschen betrieben wurden, gingen rasch von statten; bald stellte es sich heraus, daß man es hier nicht, wie im ersten Falle, nur mit einem Hause von 25 mal 20 m Grundfläche zu thun hatte, sondern mit einem wahrhaften Palaste von 50 m Seitenlänge, dessen innerer Hof, Garten und Zimmer einen Raum von 2500 Quadratmetern bedeckten. Auch dieses Gebäude war der Gestaltung des Erdbodens angepaßt, so daß der Fuß boden des höchstgelegenen Gemaches den des tiefsten um 2,55 m überragte. Charnay setzt dasselbe in das siebente oder achte Jahrhundert; seine Lage auf der südwestlichen Ecke des Hügels war prächtig, von zwei Seiten durch steil abfallende Felsen geschützt und mit einer herrlichen Aus sicht über das ganze Thal von Tula und bis zu den Ber gen des Thales von Mexico. In diesem Palaste fanden sich ebensolche Gegenstände, wie in dem Hause, außerdem aber das S. 227 abgebildete Basrelief, wohl das einzige, was von den Gründern Tulas auf uns gekommen ist, anfcheinend von hohem Alter und durch die Zeit schon sehr beschädigt. Es stellt zwei Krieger dar, den einen von vorn, den andern von der Seite; Char nay will an „der Adlernase und dem fächerförmigen Barte" Ruinen eines toltekischen Hauses bei Tula. (Nach einer Photographie.) das Bild wieder erkennen, welches Veytia von den Tolteken uns hinterlaßen hat. * st- st- Etwa 30 llm nördlich von Mexico liegen an der Eisen bahn von Vera Cruz die Ruinen von Teotihuacan (d. h. Stadt der Götter); es war der Ueberlieferung zu folge die wichtigste unter den Städten Anahuacs und ihre Gründung verliert sich im Dunkel der Zeiten. Ob dort eine vortoltekische Civilisation existirt hat, ist möglich, aber schwer zu beweisen — von Tolteken aber ist der Ort sicher bewohnt gewesen. Auf den ersten Blick zeigen die hohen Umrisse zweier Pyramiden im Norden der Ruinen deren Lage an; von dort zog sich die Stadt nach Süden bis an den Fuß des Cerro Matlacinga, wo man vom Bahnhofe aus einige Erdhügcl sich erheben sicht. Unter Führung eines Indianers erreichte Charnay zuerst ein mächtiges Erdviercck von 600 m Seitenlänge, das als „Citadelle" bezeichnet wird. Es wird gebildet durch vier gewaltige Wälle von 6 m Höhe und 24 m Dicke, auf welchen 15 Pyramiden sich erheben (s. den Plan S. 228); in der Mitte verbindet ein schmale rer Damm, der durch eine höhere Pyramide unterbrochen wird, den nördlichen und südlichen Wall: ein riesenhaftes Werk. Weiter nach Norden kreuzte Charnay die steilen Ufer des Rio de San Juan, der im Sommer trocken liegt, in der Regenzeit aber sich in einen Gießbach verwandelt. In seinem Bette findet sich eine Schicht Obsidiangerölles, aus welchem die Millionen von Rasirmessern, welche alle Völker Anahuacs in Gebrauch hatten, hergestellt wurden; es waren drei Arten vorhanden, eine durchscheinende, wie Flaschenglas, eine opalisirende und eine aschfarbene. Deut liche Spuren lassen erkennen, daß, als die Stadt noch be wohnt war, der Fluß kanalisirt und schmaler war, und daß Brücken über ihn führten. Weiterhin stößt man auf ge waltige Trümmermassen, die so wüst und formlos durch einander lagen, daß die frühere Gestalt und Bestimmung