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Wanderungen zwischen Teimn, Hn.il, Khaibar und Bereida. 215 Charles M. Doughty: und ich bin mit den Nomaden nahezu jahrelang in den Wüsten Arabiens hcrumgezogen —, daß Wasser, der in Europa gehegten Ansicht stracks entgegen, nie weit ab ist. Wo freilich das Wasser tief unter der Erdoberfläche ist, giebt es weniger Quellen; wo es aber näher ist, giebt es sehr viele kleinere Quellen und Wasserplätze. Wie sollten auch sonst die Araber Schafe und Ziegen halten, welche nicht weit wandern können und alle zwei Tage getränkt werden müssen. Mit einem Worte, die Wüste wird überall von Quellen und Brunnen durchbrochen und, wo das nicht der Fall ist, weil das Wasser in der Tiefe sich befindet, wie in demNefüd und theilweise im'Ateiba-Lande, so sind das viel mehr Durchzugsländer oder sind von Stämmen bewohnt, welche kaum etwas anderes als Großvieh haben, oder es sind Frühlingsbezirke, wie der Nefud, wo in guten Jahren die Herden wochenlang, ohne getränkt zu werden, weiden können, da viel kleines saftreiches Kraut aufsprießt. Und wer machte diese Brunnen? Diese Araber? Nein! Es waren, wie sie selbst sagen, die Beni Hellal (Hilal) oder alten Araber, welche sie bohrten und mit einem steinernen Bau ohne Mörtel ausmauertcn. Die jetzigen Nomaden haben keine Werkzeuge in ihren Lagern; mit ihren Händen und einem Stecken werfen sie ihre Gräber aus und mit ihren Händen und einem Stecken können sie auch Wasserlöcher von zwei bis drei Faden Tiefe, aber nicht mehr, graben und vermögen sie nicht mit einem runden Mauerwerke, Stein über Stein, auszufüttern. Arabien hat sehr das Aussehen eines herabgekommcnen Landes, wo menschliche Künste und Bestrebungen jetzt auf einer niedrigem Stufe stehen, als früher, und die Bevöl kerung gleichfalls. Für das östlich bis Dschebel Schammar angrenzende Sandsteingebiet, in welchem ich gleichfalls mit den Noma de» hin- und hergezogen bin, habe ich in der Karte die Namen, Größen und Positionen der hauptsächlichsten Berge, die thcilweise schon früher bekannt waren, nach Augenmaß und Erkundigungen eingetragen. Jenseit el-Misma sind der Boden und die Berge plutonisch. Es ist bräunlich grauer Granit und eine Art plutonischcn Basalts, von wel chem oft Hügel und selbst ganze Berge vorkommen. An anderen Stellen liegt derselbe so da, wie er über die Gra nit beuge sich ergossen hat, nnd nicht selten auch findet sich eine Kuppe von Basalt auf einem Hügel von Granit. Auf der Grenze des Sandsteines und der plutonischcn Felsen liegt Baitha Nethil, ein großer Tränkplatz derBisschr, sowie anch der Schammar-Nomadcn. Wenig jenseits der kleinen, von Dschebel Schammar weit nach Westen vorgeschobenen Oase Mägug liegt der Eingang zum Passe Ri'a es-Self, welcher sich in einer Länge von etwa 8 cngl. Meilen durch das lang von Nor den nach Süden gestreckte Granitgebirge 'Adscha hinzieht (solch ein Dsfils wird in Nedschd mit dem Worte ri'a be zeichnet). Jenseits steigt der Reisende in die Oase Kafar (vulg. Güfar, beduinisch Dschiffar), die so groß ist wie Hail, und zu der Ebene vor H^ hinab, dessen 12 engl. Meilen entfernte Lage an der Landmarke der hinter dem Orte sich erhebenden Basaltberge Samra Hail kennt lich ist. Nach Hail kam ich zuerst etwa am 21. Oktober 1877. Es ist, wie bekannt, die dorfartige Hauptstadt der Herrschaft des Ibn Raschid, der jetzt den größten Namen in dem öden und so schwach bevölkerten Hochlande Arabiens, d. h. von Nedschd, trägt. Seine Palmcndörfer, deren Zahl angeblich sich auf 60 beläuft, sind in Wahrheit nur halb so zahlreich, uud meist siud dieselben sehr klein, wie Weiler. Bon den meisten Nomadcnstämmen zwischen Dschauf und el Medina erhebt er einen kleinen Tribut (Zika) im Betrage von fünf Mark für je fünf Kameele oder 30 Stück Kleinvieh. Es sind die Scherrarat und die Beni Wähab (Fukara und südliche Weilad 'M), welche sich oft empören; die Bisschr im Süden, ein Theil der Harb, die Schammar im Süden und die binnenländischen Heteim. Von den übrigen weiter ab gelegenen sind einige seine „Freunde" und zahlen keinen Tribut, Ivie die Ruualla, oder sind weder Freund noch Feind, sondern gelten als seinem Einflüsse entrückt, wie die How eitat, Beni 'Atieh, die meisten Billi undDscheheina, oder sind seine beständigen Feinde, wie der große mächtige Stamm der'Ateiba, die sich Ver bündete des Scherif von Mekka zu sein rühmen. Und stets sind sie in allen Wechselfällen treue Freunde Abdul- lah's, des Wahabbi, gewesen, obwohl sie jetzt keine Zika nach er-Riad (er-Riath) zahlen. Ich fand einen Theil ihrer unermeßlichen und fruchtbaren Wüste zwischen el-Kasim und dem Gebiete von Mekka unbewohnt aus Furcht vor Ibn Raschid; denn fast alljährlich bricht er plötzlich mit seinen schrecklichen schnellen Kriegsexpeditionen über sie her ein, wobei er, wie ich erfahren habe, aus einer Entfernung von nicht weniger als 400 englischen Meilen herbeigckom- mcn ist. Und nun will ich kurz von der Topographie von Hail sprechen, wo ich damals theils wegen Krankheit, theils we gen des boshaften Fanatismus der Bevölkerung — und der ist bei den Semiten die einzige Form von nationalem Pa triotismus —, welche ihrer Ansicht nach zum ersten Male einen Europäer und Verächter des wahren Glaubens erblick ten, nicht viel herumgekommen bin; doch stelle ich sie so dar, wie sie mir vom Gipfel der Samra Hail und beim Her umwandern in der Stadt und nach Alt-Häil oder Swcifli erschienen ist. Hail liegt Uber gewissen Adern von Grundwasser, wel ches sich 15 Faden tief in dem höchst öden Boden von Gra nitgrus, der vou dem nahen Gebirgsrande'Adscha herstammt, findet. Hail ist mehr Stadt als Oase, besitzt wenig Palmen und mag nahe an 3 (engl.) Meilen imUmfange haben. Gegen Nord-Ost wird es von dem Gürtel der Basaltberge Sam ra Hail umschlossen, welche die kühlen Winde abhalten, so daß die Stadt in den Sommermonaten sehr heiß ist. Diese Basalte ergossen sich über Granit, dessen verbrannte Ränder man westlich vor der Stadt nnter der Samra lie gen sehen kann. Samra bedeutet in der Sprache der No maden von Nedschd, welche Landmarken in der unermeßli chen Wüste viel Bedeutung beilegen, einen verwitterten schwarzen Berg harten Gesteins; und das ist Basalt. Samra Hail besteht aus zwei Theilen, zwischen denen das weite Bett eines Gießbaches sich hindurchzieht, das unweit Gosar seinen Anfang nimmt und jenseit Smeisli sich in der Wüste verliert. Die westliche Hälfte ist eine niedrige Basaltbank, während die östliche sich zu einer Höhe von vielleicht 500 bis 600 Fuß aufthürmt und Umm Arkab heißt. Auf ihrem Gipfel erheben sich Steinhaufen, denn dort oben war, so lange die Stadt noch schwächer war und etwas zu fürchten hatte, ihr Luginsland. Den tönenden Basaltstcin nennt man in Hail Hurri. Bei jenen Stein haufen stand ich mit einem jungen Gelehrten aus der Stadt, welcher mir alles Wissenswerthe innerhalb unseres Gesichts kreises aufzählte. Wir befanden uns hier zwischen dem Rande des Dschebel 'Adschä, el-M'nif, und einem unbe deutenden Gebirgszuge im Osten, Dschebel Fittidsch.