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Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von vr. Richard Kiepert. Braunschweig jährlich 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. 1882. Desire Charnah's Ausgrabungen in Mexico und Central-Amerika. m. Nach Amccameea zurückgekchrt, unternahm Charnay am folgenden Tage eine Excursiou nach der Barranca oder Schlucht von Mispayantla und ihren von den In dianern als reiche Fundstätten gerühmten Felscngrottcn. Das malerische, von steilen Wänden eingefaßte, enge Thal, in dessen Grunde ein Fluß über Geröll uud hinabgcstürzte Baumstämme dahinströmt, zieht sich von der Mönchs-Spitze zum Amecathale hinunter. An seinem oberen, wildesten Theile befinden sich etwa 70m über dem Boden in der hier fast 300m hohen Felswand die Oeff- nungen der Grotten, zu denen Charnay auf Stu fen emporstieg, die er von den Indianern einhauen ließ. Oben angelangt, war der erste und, wie es sich bald zeigte, auch richtige Eindruck der der Ent täuschung. Der Boden der Grotten, die nicht sowohl eigentliche Vertiefungen, als viel mehr kleine, von breiten Felsvorsprüngen überdachte Plateaus sind, war in allen Richtungen durchwühlt und^aufgegraben; augenscheinlich hatte man hier schon vielfache Schatzgrabun- gcn augcstellt. Charnah's Leute ließen sichZrotzdcm nicht abhalten, auch ihrerseits an verschiedenen Stellen Nach forschungen vorzunehmen: einige Knochenreste, eine Menge rother, mit schwarzen Streifen bemalter Thonfcherben, Griffe und Henkel von Thongefäßcn, eine zerbrochene kleine Figur des Gottes Tlaloc, endlich eine durchlöcherte kleine Thon röhre, der Ueberrest einer altindianifchen Flöte, das war alles, was man fand. Nach einem im Volke verbreiteten Glauben sollen die Grotten von Mispayantla Räubern zum Aufenthalte gedient haben, die ihre Gefangenen und das geraubte Gut hier in Sicherheit gebracht hätten. Charnay geht aber wohl nicht fehl, wenn er annimmt, daß zur Zeit der Eroberung des Landes durch die Spanier hier einer der vielen verborgenen Zu fluchtsorte gewesen ist, in welche sich die Eingebore nen flüchteten, um den grausamen Verfolgungen und der gezwungenen Ar beit in den Bergwerken zu entgehen. Lange nach der Besitzergreifung Mexicos sollen noch derartige Ver stecke existirt haben, in denen die Indianer das kümmerlichste Leben führ ten und in denen sie auch ihre Todten begruben. Mehrere andere, von noch geringeren Erfolgen belohnte Expeditionen, die Charnay nach den Angaben seiner un zuverlässigen indianischen Begleiter unternahm, vermochten nicht, ihn von dem Gedanken abzubringen, daß auf der Höhe der Sierra, und zwar vorzugsweise in der Umgebung der Vulkane, noch mehr altindianische Gräberfelder wie das von Tenenepanco vorhanden sein müßten. Durch Zufall entdeckte er denn auch im Besitze eines Indianers aus der Vasen aus dem Gräberfelde vou Nahualac. lNach einer Photographie.) Globus XU. Nr. 14.