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werden ließ, und ihr mit Genehmigung des Papstes eine großartige, bleibende Stätte in den alten berühmten Tuch hallen anwies, den damals schon übcrslüssig gewordenen mächtigen Waarenhäuscrn der Tuchmachergilde, die für die neue Bestimmung mit einem hohen Oberbau versehen wur den. Wenn auch seitdem durch mancherlei Einbauten ent stellt, können doch die imposanten, 60 Meter langen Hal len mit ihren gewaltigen Mauern und den kolossalen Pfei lern und Bogen ihres Erdgeschosses heute noch für ein treffendes Sinnbild dessen gelten, was die Löwcner Univer sität im Laufe der Zeiten geworden ist: ein starkes Boll werk der katholischen Kirche. In einem alten Mönchsversc, der eine Charakteristik mehrerer großer niederländischer Städte giebt, heißt es von Löwen: „Knüllst Uovaninm llootis"; so sehen wir denn auch, wie im 16. Jahrhundert die hohe Schule der Stadt den ersten Rang einnimmt nntcr allen europäischen Universitäten, wie sie zu verschiedenen Malen mehr denn 6000 Schüler zählt! Das Vorwicgen der theologischen Fakultät, die sich vermöge ihres starren Festhaltens an den alten Dogmen bald den Ruhm erwarb, eine ebenso gelehrte wie gewandte und kampffähige Geist lichkeit heranzubildcn, ließ die Anstalt trotz aller Wechsel fälle, von denen sie betroffen wurde, sich den mittelalterlich klösterlichen Geist bis auf den heutigen Tag bewahren. Ihr Ansehen war stets ein so hohes, daß beispielsweise bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts Niemand in den öster reichischen Niederlanden ein Amt bekleiden durfte, der nicht in Löwen promovirt hatte. Unter der Regierung Joseph's II. Der Beginenhos zu Löwen. und dann noch einmal unter Napoleon für kurze Zeit auf gehoben, wurde die Universität im Jahre 1817 durch die holländische Regierung wieder errichtet und dies zwar nach etwas veränderten Principien, die wohl dem Geist der Neu zeit besser entsprachen, dem Wunsch und Willen der Geist lichkeit aber durchaus widerstrebten. Das Mißvergnügen über die damals stattfindendc Einrichtung philosophischer Kollegien an der Löwener Hochschule soll nicht am wenig sten dazu beigetragen haben, daß der belgische Klcrns sich so lebhaft an der Revolution von 1830 betheiligte. Die mächtige klerikale Partei begann denn auch gleich nach der glücklich vollbrachten Konstituirung der belgischen Monar chie das Werk einer gänzlichen Reorganisation der Univer sität, aus der dieselbe in ihrer heutigen Verfassung hervor ging: das katholische Element in jeder Discipliu dermaßen vorherrschend, daß die Führer der Liberalen bald alle ihre Bestrebungen dadurch gefährdet sahen und nun ihrerseits zur Gründung einer zweiten, der Brüsseler, Universität schreiten mußten, die, auf freisinnigen Grundlagen errich tet, dem katholischen Einfluß der ältern Anstalt das Gegen gewicht halten soll. Von den über 1000 Schülern, welche die Löwener Hochschule heute in ihren fünf Fakultäten ver einigt, wohnt eine beträchtliche Anzahl in drei großen, nach klösterlichem Zuschnitt eingerichteten Kollegien, und etwas wie klösterliche Ruhe und Weltabgeschicdenheit herrscht auch während des größten Theils des Tages in den breiten öden Straßen zwischen den stattlichen Universitätsgebäuden. Seit einigen Jahren schon soll Löwen, das nach dem