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Ult b°s°nd-r» Mrülksichtigung d-r A»tbr°x°I°zir lmd Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von vr. Richard Kiepert. Braunschweig jährlich 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. 1882. Belgische Skizzen. (Nach dem Französischen Einen ausfallenden Kontrast zu der belgischen Haupt stadt und ihrem rührigen Leben und Treiben bildet die stille alte Universitätsstadt Löwen, die man in etwa einer hal ben Stunde per Bahn von Brüssel aus erreicht. Im 14. Jahrhundert Haupt- und Residenzstadt der brabantischen Herzöge und Sitz einer bedeutenden Tuchindustrie (es bestan den nicht weniger als 2000 große Tuchmanufakturen in der Stadt), zählte Löwen 44000 betriebsame Einwohner, und gehörte zn den reichsten Städten des reichen Landes. Innere Streitigkeiten zwischen den Patrizicrgcschlcchtcrn und den Bürgern, bei denen, wie ja auch in den flaudcri- schen Städten, die mächtige Zunft der Tuchweber besonders sich als stets rege und unversöhnliche Feindin des Adels hervorthat, gaben die erste Veranlassung zu dem Verfall der blühenden Stadt. Zweimal schon, in den Jahren 1340 nnd 1360, hatten die Uebergriffc der patrizifchcn Mitglie der des Magistrats zu heftigen Volksaufständen geführt, durch welche die Bürgerschaft sich für eine Zeit lang wenig stens wieder in den Besitz ihrer alten Rechte gefetzt hatte. Die Chroniken jener Zeit wisfcn von lebhaften Kämpfen zn erzählen, die bei Gelegenheit jener Aufstände in der Stadt geführt wurden, doch war cs bei keinem derselben zu so gewaltthätigcm Vorgehen gekommen, wie dies bei dem dritten Zusammenstöße im Jahre 1379 der Fall war, wo die empörten Bürger 13 adlige Mitglieder des Magistrats aus den Fenstern des Rathhanses auf die cmporgchaltenen Speere der untenstehenden Volksmenge hinabwarfen. Hat ten die Herzöge bis dahin sich den städtischen Unruhen und Globus XIN. Nr. 11. des C. Lemonnier.) eifersüchtigen Reibereien gegenüber meist ganz passiv gehal ten, so schien dieser letzte Frevel doch Strafe zu erheischen. Die Stadt hatte zunächst eine lange nnd schwere Belage rung auszuhalten, die mit ihrer Unterwerfung endigte. Kniend, barfuß und mit entblößtem Haupte mußte die Bür gerschaft vor Herzog Wenzel Abbitte leisten; die Anführer des Aufstandes wurden hingerichtet und der Stadt eine Menge hoher Steuern auserlegt, die im Verein mit der nunmehr von obenher sanktivnirten Bedrückung durch die Patrizier allmälig einen großen Theil der fleißigen Bevöl kerung zur Auswanderung nach Holland und England ver anlaßten. Von da an schon ging die Industrie der Stadt immer rückwärts, ihren Todesstoß aber erhielt sic etwa hun dert Jahre später unter der Regierung Maximilian's und Maria's von Burgund, wo Löwen für seine Betheiligung an den Unruhen von 1477 durch Auferlegung neuer, fast unerschwinglicher Steuern gezüchtigt und als Handelsstadt zu Grunde gerichtet wurde. Wieder fanden zahlreiche Aus wanderungen statt; die Stadt verödete und verarmte immer mehr, und der neue Geist, der, von den Habshurgischen Fürsten gepflegt, bald in sie einzog und der auch heute noch in ihr herrscht, konnte ihr wohl auf einem andern, weit abliegenden Gebiete Bedeutung verleihen, mußte damals aber naturgemäß die letzten Spuren ihrer fröhlichen Blüthe- zeit erdrücken. Schon im Jahre 1426 war zu Löwen eine Universität gestiftet worden, die sich bald einen hohen Ruf im Lande erworben hatte; einen ungeahnten Aufschwung nahm dieselbe nun, da Maximilian ihr seinen Schutz zuthcil 21