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Die Cisternen in der In einem länger» Aufsatze unter obigem Titel schreibt die „Turkestanische Zeitung« etwa Folgendes: Die Steppe von Karschi liegt zwischen den angebauten Theilen des Chanats Buchara so ziemlich in gleicher Ausdehnung, wie nördlich des turkestanischen Gebirgskammes die Steppe von Dshizak, der sie auch ihrem Charakter nach gleicht. Wenn die Russen der letzter» anch den Namen „Hunger steppe« gegeben haben, so sind beide doch ihrerNatur wegen von Reisenden u. s. w. durchaus nicht gefürchtet und führen bei den Eingeborenen einfach die Bezeichnung Dshizak-tschnl und Karschi-tschul. Die Ebene von Karschi trägt den Charakter der jeden Ackerbau verbietenden und nur für Viehzucht geeigneten Steppe auf der etwa 148 Werst langen Strecke vom Dorfe Kasan, 22 Werst südwestlich von Karschi, bis Kundshak-kul, 16 Werst nordöstlich von Buchara, wo beiderseits zusam menhängende, geradezu musterhaft bcwirthschaftetc Kultur- läudcrcicu begiuucu. In der ganzen bezeichneten Aus dehnung findet sich an der großen Karawancnstraße nnr eine armselige Ortschaft Chodsha Mubarak, bestehend aus etwa 80 kleinen Höfen, die Anbaubcrechtigung bis auf 20 Werst östlich des Ortes, aber kein Land zum Ackerbau haben. Der Ort lebt von dem Handel mit allen jenen Be dürfnissen, nach denen der Reisende verlangt. Jedes dieser unansehnlichen Gebäude von Chodsha Mubarak ist eine kleine Herberge, wo der Reisende ohne besondere Bezahlung Un terkunft findet nnter der Voraussetzung, daß er das, was er für sich und die Pferde braucht, von dem Hcrbergsbesitzcr entnimmt. Dank der Einfachheit dieser Hofhalter, die ein Mono pol und gegenseitige Verabredung nicht kennen, findet da bei eine Ausbeutung der Reisenden in keiner Weise statt, ja man könnte eher fragen, wofür diese Besitzer sich ab mühen', denn sic bekommen für Alles nur dieselbe Bezah lung wie in den günstiger gelegenen Orten. So kosteten im Augnst 1880 in Chodsha-Mubarak 100 Buude Klee 5 Rbl., das Pud Gerste 40 Kop. und das Pud Fett 4 Rbl., was mit den in Kasan für diese Gegenstände gezahlten Preisen übcreiustimmt, obwohl ein Transport von 30 Werst, darunter 3 Werst über einen für Rüdcrfuhrwerk kaum pas- sirbarcn Saudstreifcu, dazukommt. Abgesehen von diesem Orte ermöglichen nur Cisternen (Sardoben) das Reisen durch die Steppe; aber während diejenigen in der Steppe von Dshizak fast zu Kloaken ge worden sind, zeigen sie sich in der Steppe von Karschi noch gut erhalten; dort finden höchstens die Thiere eine Tränke, während für Menschen das Wasser aus dem Syrdarja oder aus Dshizak mitgcführt werden muß; hier dagegen, wo doch nur in Chodsha Mubarak noch Brunnenwasser in 25 Arschin Tiefe anzutreffen ist, hört man niemals über Wassermangel klagen. Früher haben bekanntlich die verschiedensten asiatischen Eroberer mit ihren Heerscharen die beiden ganz gleich artigen Steppen durchzogen, und sie boten auch den kür zesten Weg für den Handel Bucharas mit Kokand und Taschkent, aber die jetzt noch bestehenden Cisterncnanlage» Steppe von Karschi. beider Steppen mit den zugehörigen Karawanserais stam men erst aus der Zeit von Abdullah-Chan (lebte 1533 bis 1597), unter dem die Herrschaft Bucharas von Meschhcd bis Taschkent sich erstreckte, und der während seiner drei- undvierzigjährigcn Regierung sehr viel für die innere Ver waltung seines Landes nnd für öffentliche Bauten that. Bei der angeborenen Apathie der Bucharen sorgen auch diese sehr wenig für die Erhaltung der nützlichen Anlagen ihres großen Herrschers, und von sechs Cisternen in der Steppe von Karschi sind nur zwei, die beiden unentbehrlich sten, noch völlig im Stande, Kekir *), 24 Werst von Chodsha-Mubarak, und Karaul, 20 Werst von Kekir am Wege nach Buchara; die anderen, Kosch-sardaba, Buzatschi, Aschuk, Usta-atschik, wenn auch durch Nachlässigkeit verfal len, können jedoch mit leichter Mühe wieder hcrgestcllt wer den; man braucht eigentlich nur die Oeffnungen der Cister- ncn im Frühjahr zu reinigen und sie füllen sich dnrch die Regengüsse von selbst. Die Bucharen behaupten aber, daß seit dem Entstehen des Steppenortes Chodsha - Mubarak kein Bedürfniß für weitere Cisternen vorhanden sei, des halb, ohne alle Aufsicht gelassen, füllen sie sich allmälig mit Sand und Bauschutt. Sowohl die noch erhaltenen wie die verfallenen Cister nen der Steppe von Karschi zeigen dieselbe Architektur nnd die gleichen Maße der Gewölbe nnd Wasserbehälter, dieselbe Art der Ausmauerung aus gebranntem Ziegel sartischer Form ohne eiserne Klammern. Der Radius einer jeden solchen Cistcrne beträgt etwa 12 Arschin (ü 0,711m), die Tiefe rund 16 Arschin mit einer steinernen Treppe von 25 Stufen. Zwei Oeffnungen von je Arschin Durch messer, die in der Richtung der stärksten horizontalen Ab dachung angebracht sind, vermitteln das Einfließen der Frühjahrsrcgengüsse in dieSardobe, so daß oft in Zeit von sieben Stunden der ganze Wasserbehälter gefüllt ist; hier nnd da sind zu diesem Bchufe noch besondere Zuleitungs kanäle künstlich angelegt. Die Nachfolger Abdullah-Chans haben nur die Auf gabe, dafür zu sorgen, daß keinVich in die Cisternen kommt und sie verunreinigt, daß die Treppen erhalten, und daß die Oeffnungen und Zulcitungskanäle alljährlich gereinigt werden. Dies wenige genügt, um die großartigen Bantcn, die von einfachen Handwerkern ohne jede Projekte und Be rechnungen ausgcführt sind, noch Jahrhunderte lang in brauchbarem Stande zu erhalten. Die beiden Cisternen, welche jetzt allein in Stand ge halten werden, liefern das ganze Jahr hindurch reichlich Wasser trotz des starken Verbrauchs durch zahlreiche Reisende, die vielen Viehtransporte nach Buchara, und auch durch die bucharischcn Truppen, die 10 000 Mann stark alljähr lich einmal von Buchara nach Karschi und zurück mar- schiren. i) Eine Anmerkung der Red. der Turk. Ztg. behauptet dem entgegen, daß die Sardoba Kekir, wie ihre Neuheit und Stuckatur zeige, erst unter dem Vater des jetzigen Emir Nassr- Ullah-Chan erbaut sei.