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152 Theodor Kirchhoff: Streifzüge im Nordwesten der Vereinigten Staaten. letzte Lachs ini Columbia vernichtet sein! Das Patent, wel ches Williams für sein Fangrad erworben hat, wird schwer lich Andere davon abhalten, gerade so oder ähnlich wie er zu verfahren, denn seine Erfindung ist durchaus nicht neu und verdient kein Patent. Ein ähnliches „kodinZ vdssl« hat schon früher z. B. im Staate Missouri an einem Flusse in Franklin County existirt. Der Lachsfang am untern Columbia ist, wie ich hier einschalten will, in diesem Jahre ergiebiger als je gewesen. Der Marktpreis für Präservirten Lachs stellt sich aber be denkend niedriger, als in früheren Jahren, und der von den „Canneries" an die Fischer für abgelieferte gefangene Sal men gezahlte Preis ist stetig im Steigen begriffen. In den Jahren 1866 bis 1869 hatte die Kiste präservirter Lachs (4 Dutzend Blechbüchsen L 1 Pfund in jeder Kiste) einen Marktwerth von 10 bis 16 Dollars und die Fischer erhiel ten 15 bis 20 Cents pro Fisch; jetzt bringt die Kiste Lachs nur noch 5 Dollars, wogegen die Fischer 50 bis 60 Cents pro Fisch erhalten. Das Produkt ist aber von 4000 Kisten im Jahre 1866 auf 550000 Kisten im Jahre 1881 ge stiegen. Den Besitzern der „Canneries" ist dabei immer noch ein bedeutender Nutzen geblieben. Anstatt, wie es früher der Fall war, ein Vermögen in einer Saison erzielen zu wollen, begnügt man sich jetzt mit einem vernünftigem Ge winn. Verbesserungen und neue Erfindungen in der Me thode des Präservirens und der Verpackung der Salmen, ein weniger verschwenderischer Geschäftsgang, billigeres Ma terial und enorme Vergrößerung des Umsatzes haben das Hcrabgehen des Marktpreises für präservirten Salm und die erhöhten Ansprüche der Fifcher mehr als ausgewogen. Das Geschäft in Columbia-Lachs wirft immer noch einen großen Nutzen ab, was schon daraus hervorgeht, daß sich die Zahl der „Cannerics« am untern Flußlauf in jedem Jahre vermehrt (zu Anfang dieser Saison betrug die Zahl der „Canneries" am Columbia 32, und zwei neue sind bereits wieder bei Astoria im Bau begriffen). Sollten aber die oben beschriebenen Fischfang-Räder mehr und mehr in Auf nahme kommen, so muß das Lachsgeschäft bald in ein Sta dium gelangen, wo der sich fühlbar machende Mangel an Rohmaterial die Besitzer der „Canneries" dazu zwingt, ihre Anstalten zu schließen, und es wird eins der profitabelsten Geschäfte im Nordwcstcn, mit einem jährlichen Umsatz von etwa drei Millionen Dollars, unabwendbar den Todesstoß erhalten. Als ich bei den oberen Cascades an Bord eines zweiten von dort nach The Dalles fahrenden Dampfers stieg, hatte ich ein gutes Bild der neuen Kanalbauten, welche zur Ueber- windung der Stromschnellen daselbst unter der Leitung der Vereinigten Staaten und auf deren Kosten vorgenommen werden. Am Oregon-Ufer des Columbia ist gleich oberhalb der Cascades eine kleine Arbeiterstadt entstanden, deren zahl reiche Holzbaracken, Amtswohnungen u. s. w. dem Platze ein recht stattliches Ansehen geben. Riesige Holzgerüste, Krahne und Dampfhcbemaschinen, gewaltige Stein- und Erddämme, die im Flußbett angelegt werden, geben den augenscheinlichen Beweis, daß man im Ernst damit begonnen hat, dieses großartige Unternehmen, von dessen Nothwendig- kcit für die Schifffahrt bereits seit zwanzig Jahren geredet wird, endlich einmal zu Stande zu bringen ft. Leider schreitet der Kanalbau aber mit dem alle Re- gicrungsbauten in diesem Lande kennzeichnenden Schlendrian nur langsam vorwärts. Statt 300 bis 400 Arbeitern, die bei dem gegenwärtigen niedrigen Wasscrstand, besonders ft Bcrgl. Globus XXXIII, S. 122. als Steinhauer und Steinsprenger, leicht Verwendung finden könnten, sind nur etwa hundert angcstellt. Es heißt freilich, daß Jeder, der es wünscht, am Kanalbau Beschäftigung er langen kann;, aber das ist wohl nur ein leeres Wort. So gut die Eisenbahngesellschaften Tausende von Arbeitern finden, könnte „Uncle SanC doch wohl einige Hundert auf treiben, falls ihm wirklich daran gelegen wäre, auch einmal in ein schnelleres Tempo mit einem Unternehmen zu gelan gen. Freilich sind die vom Kongreß gemachten Geldbewilli gungen zum Kanalbau nichts weniger als opulent, und die selben werden noch dazu für jedes Jahr separat und in vcrhältnißmäßig kleinen Summen ausgcworfen. Von der für den Kanalbau nothwendigen Summe von 2 600 000 Dollars wurden bis jetzt erst etwa 450 000 Dollars bewil ligt und verausgabt. Statt der für das nächste Jahr von Oregon erbetenen 750 000 Dollars wird der Kongreß viel leicht nur 50 000 und, wenn es hoch kommt, 100 000 Dol lars anweiscn. Wenn es so mit den Geldbewilligungen und dem Schlendrian bei der Arbeit fortgcht, werden gewiß noch fünf bis sechs Jahre vergehen, ehe der Kanal fertig ist, obgleich eine Privatgesellschaft denselben ohne Frage in zwei Jahren mit Leichtigkeit Herstellen würde. Die Konstruktion des Kanals bei den Cascades des Columbia ist durchaus nicht so schwierig, als man sich die selbe früher vorstellte. Die Hauptarbeit wird darin bestehen, auf einer viertel englischen Quadratmeile Raum eine sich etwa tausend Fuß in den Fluß hinein erstreckende Land zunge zu durchstechen und in diesen Durchstich eine Schleuse zu bauen. Der untere Theil der Schleuse, welche eine Länge von 450 Fuß erhalten soll, wird durch ein doppeltes Ver- schlußthor geschützt werden, an beiden Enden werden massive Steinflügel von hundert Fuß Länge angebaut und lange Holzwändc hinzugefügt, um den Schiffen das Ein- und Auslaufen zu erleichtern. Es sollen Schiffe von der Größe der jetzt den Columbia befahrenden Flußdampfer die Schleuse passiren können, und zwar immer vier Fahrzeuge auf ein mal, nämlich eine Barge zur Seite und zwei hinter dem sie schleppenden Dampfer. Der Kanal, welcher an der linken Seite des Columbia angelegt wird, soll 90 Fuß breit und 16 Fuß tief werden, und erhält 60 Fuß hohe massive Seitenwände. Die Flügel, in welche die Schleusenthore eingelassen werden, wird man aus mächtigen Quadern von behauenem Granit erbauen, damit jene den sehr bedeutenden Wasserdruck aushalten kön nen, — eine Differenz von 26 Fuß im Wasserstande ober halb und unterhalb der Schleuse. Der gewaltigste Druck wird jedoch bei Hochwasser von der Flußseile her stattfinden, weshalb man auf die Seitenwände der Schleuse die meiste Arbeit verwendet, um ihnen die größtmögliche Widerstands kraft zu geben. Wenn ich erwähne, daß ich selbst wieder holt Zeuge gewesen bin, wie der Columbia bei dem Städt chen The Dalles, meinem ehemaligen Wohnorte in Oregon, im Juni, zur Zeit der jährlich wiederkehrenden Hochsluth, volle 40 Fuß über sein niedrigstes Niveau stieg, so wird man jene Vorsicht beim Bau der Seitenwände der großen Schleuse erklärlich finden. Die Wucht der geschwollenen Wassermassen des großen Nordweststromes, welche ihren höchsten Stand erreichen, wenn die Gewässer des Snake gleichzeitig mit denen des Hauptflusses durch die im Gebirge schmelzenden Schneemasscn steigen und ihre Fluthen vereint zu Thal wälzen, muß dort, wo er sich durch die Felsengen zu drängen hat, eine ungeheure sein. Glücklicher Weise geben die in der Nähe der Cascades in Menge am Ufer- liegenden Felsblöcke das vortrefflichste Material zum Bau jener kolossalen Seitenwände. Man hat nur nöthig jene Felsblöcke zu zersprengen nnd ihre Trümmer an das nahe