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die in den Jahren 1240 bis 1272 erbaute, späterhin durch verschiedene Zusätze vergrößerte, ebenfalls gothische Kirche geben einen Begriff von der ehemaligen Pracht des Ganzen und lassen die im Volke lebenden Traditionen von den glänzenden Festen und dem herrlichen Leben der Mönche von Villers glaublich erscheinen. In der Revolutionszeit, im Jahre 1796, aufgehoben, gingen die Klostergebäude in den Besitz eines französischen Spekulanten über, der sie allmälig aller ihrer Kunstschätze und Kostbarkeiten beraubte, ja schließlich sogar einen Theil der Gebäude niederriß und die Steine und das mächtige Eisenwerk an die Bauern der Umgegend verkaufte. Eine spätere Zerstörung während der Kriegszeit von 1815 fand formt den Weg zur gänzlichen Vernichtung schon gebahnt, die jetzt mit jedem Tage weiter fortschreitet. Heute bilden die melancholischen Ruinen, in denen die Grabsteine der alten brabantischen Herzöge von der ehemaligen Selbständigkeit des Brabanter Landes erzäh len, einen beliebten Sammelplatz für die wallonische Be völkerung von nah und fern bei ihrem großen Volksfeste am ersten Sonntage des August. Die Ruinen von Villers sind nicht die einzigen histori schen Ueberrestc aus der Zeit jener mächtigen Herzöge: un weit der Stadt Braine, zwischen Nivelles und Hal, er hebt sich inmitten des kleinen Fleckens Braine-le-Chateau Vlämische Pferde. ein trauriges Denkmal ihres gcwaltthätigen Regiments. Es ist ein auf steinernem, aufgestuftem Unterbau stehendes, selt sames eisernes Gerüst, ein Martcrpfahl, wie er damals von den Machthabern des Ländchens gern und oft gegen wider spenstige Unterthancn in Anwendung gebracht wurde. Fast unbegreiflich erscheint es dem mit dem Charakter des wal lonischen Volkes nicht vertrauten Reisenden, wie dieses ent setzliche Denkmal sich durch die lange Reihe von Jahrhun derten hat erhalten können — aber noch heute ist die soge nannte „Imntsrns" und ihr hohes Alter ein Stolz der Ein wohner von Braine-le-Chateau und der Mittelpunkt, um den sich die Verkaufs- und Volksbelustigungsbuden ihrer Kirmes und Jahrmärkte gruppiren. Jetzt fließt aus einer Seite des steinernen Unterbaues, von wo vor Zeiten das Blut der unglücklichen Opfer herabrann, ein kleiner Brun nen, den einer der heutigen Schloßherren von Braine-le Chateau angelegt hat. Kaum minder wie in eine ferne Vorzeit entrückt kom men wir uns freilich vor, wenn wir, auf der Reise von Braine nach Brüssel begriffen, die Stadt Hal passiren und hier eine Wallfahrt der Gläubigen zu dem wunderthätigen Maricnbilde sehen; die Lebhaftigkeit des belgischen Volkes läßt viele unter den Tausenden von Krüppeln und Kran ken aller Art sich in einen Zustand wahnsinniger Begei sterung Hineinarbeiten, der zu den widerlichsten Scencn führt. Die herrliche, reingothische Marienkirche, ein Meister werk der Baukunst und voll der edelsten Kunstwerke, wird Jedem, der sie einmal mit dieser Staffage gesehen hat, in unerfreulichem Andenken bleiben. — Die alte Straße, die Hal mit Brüssel verbindet, hat trotz der Eisenbahn ihre