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besonderer Aerücbsrchtrgung der Anthropologie und Ethnologie. Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Braunschweig vr. Richard Kiepert. jährlich 2 Bände ü 24 Nummern- Durch alle Buchhandlungen und Postanstaltcn 1882. zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. Belgische Skizzen. (Nach dem Französischen des C. Lemonnicr.) IV. 2m Vergleich mit der Mehrzahl der anderen großen europäischen Hauptstädte wird Brüssel verhültnißmäßig wenig von Touristen ausgesucht. Die Sommermonate führen zwar alljährlich eine nicht unbedeutende Zahl von Engländern hierher, doch gilt ihr Besuch weniger der Stadt selber und den reichen Schätzen an Kunstwerken und inter essanten Altcrthümern, die sie in ihren Museen und Privat sammlungen birgt, als vielmehr der Wallfahrt nach dem benachbarten großen internationalen Friedhöfe, dem Schlacht felde von Waterloo. Während die Einwohner der Stadt an schönen Tagen schaarenweise nach dem Bois de la Cambre hinauspilgern, einem zu dem herrlichsten Parke umgeschaffenen Theile des Waldes von Soigne im Süd osten der Stadt, geht der Zug der Fremden unfehlbar weiter hinaus, die Parkanlagen, den weiten Kranz von Gärten und Landhäusern und die für den Bedarf der Hauptstadt sorgenden ausgedehnten Gemüselündereicn, welche die nächste Umgebung Brüssels bilden, hinter sich lassend. Fünfzehn Kilonieter in südöstlicher Richtung von der Stadt entfernt, an der vor wenigen Jahren eröffneten Bahnlinie Brüssel-Luttre-Charleroi, liegt das Dorf Waterloo, das während der blutigen Tage vom 17. bis 19. Juni 1815 des Herzogs von Wellington Hauptquartier war. Drei Kilometerweiter ab liegt die heutige Station Brainc-l'Alleud, von der man in etwa einer halben Stunde zu Fuß den berühmten Löwenhügel erreichen kann, der sich etwas west lich von der alten, die Ebene in fast nordsüdlichcr Richtung durchschneidenden Namurer Straße erhebt. Au der Stelle errichtet, wo der Prinz von Oranien verwundet wurde, weist das Denkmal auf einem in stumpfer Kegelsorm auf- geschütteten Hügel von 60 in Höhe einen kolossalen stehen den Löwen auf, der, zu Lüttich aus erobertem Geschütz ge gossen , ein Gewicht von 28 000 KZ hat. Man mag sich aus den zahlreich vorhandenen Werken über die Tage von Waterloo noch so genau mit den Einzelheiten der Trnppcn- aufstellungen und den verschiedenen Operationen der ein zelnen Heeresmassen vertraut gemacht haben, ein wirklich lebensvolles anschauliches Bild der großen Schlacht, die den Untergang des mächtigsten Gewalthabers hcrbeiführte und nahezu 100 000 Menschenleben kostete, gewinnt man nnr an Ort und Stelle selber. Mit dem Plane der Truppen aufstellungen in der Hand, kann man von der Höhe des Löwenhügels, von dem ans man die weiteste und ungehin dertste Aussicht über die von niedrigen Höhenzügcn und langen alten Baumreihen durchschnittene, heute zum größten Theil gut kultivirte Ebene genießt, den großen Entschei- dnngskampf in seinen einzelnen Momenten verfolgen. In einem weiten, flachen Bogen, dessen Mitte ungefähr durch den Löwenhügel gebildet wurde, stand das erste Treffen der Verbündeten auf einer mäßigen Bodenerhebung. Dem aus Engländern, Braunschweigern und Nassauern zusammen gesetzten Centrum gegenüber und durch eine etwa 2000 Schritt breite Thalsenkung von ihm getrennt, hielt daS französische Heer eine Hügelkette besetzt. In dieser Thal- scnkung wogte vom Mittag bis gegen Sonnenuntergang am 18. der heftigste Kampf; unermüdlich rückten hier die Globus XVI. Nr. 10. 19